Der wandernde Musikant von Joseph von Eichendorff
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Wandern lieb ich für mein Leben, |
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Lebe eben wie ich kann, |
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Wollt ich mir auch Mühe geben, |
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Paßt es mir doch gar nicht an. |
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Schöne alte Lieder weiß ich, |
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In der Kälte, ohne Schuh |
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Draußen in die Saiten reiß ich, |
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Weiß nicht, wo ich abends ruh. |
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Manche Schöne macht wohl Augen, |
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Meinet, ich gefiel' ihr sehr, |
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Wenn ich nur was wollte taugen, |
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So ein armer Lump nicht wär. |
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Mag dir Gott ein'n Mann bescheren |
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Wohl mit Haus und Hof versehn! |
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Wenn wir zwei zusammen wären, |
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Möcht mein Singen mir vergehn. |
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Wenn die Sonne lieblich schiene |
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Wie in Welschland lau und blau, |
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Ging' ich mit der Mandoline |
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Durch die überglänzte Au. |
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In der Nacht dann Liebchen lauschte |
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An dem Fenster süß verwacht, |
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Wünschte mir und ihr, uns beiden, |
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Heimlich eine schöne Nacht. |
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Wenn die Sonne lieblich schiene |
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Wie in Welschland lau und blau, |
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Ging' ich mit der Mandoline |
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Durch die überglänzte Au. |
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Ich reise übers grüne Land, |
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Der Winter ist vergangen, |
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Hab um den Hals ein gülden Band, |
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Daran die Laute hangen. |
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Der Morgen tut ein'n roten Schein, |
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Den recht mein Herze spüret, |
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Da greif ich in die Saiten ein, |
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Der liebe Gott mich führet. |
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So silbern geht der Ströme Lauf |
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Fernüber schallt Geläute, |
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Die Seele ruft in sich: Glück auf! |
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Rings grüßen frohe Leute. |
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Mein Herz ist recht von Diamant, |
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Ein' Blum von Edelsteinen, |
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Die funkelt lustig übers Land |
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In tausend schönen Scheinen. |
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Vom Schlosse in die weite Welt |
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Schaut eine Jungfrau 'runter, |
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Der Liebste sie im Arme hält, |
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Die sehn nach mir herunter. |
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Wie bist du schön! Hinaus, im Wald |
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Gehn Wasser auf und unter, |
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Im grünen Wald sing, daß es schallt, |
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Mein Herz, bleib frei und munter! |
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Die Sonne uns im Dunklen läßt, |
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Im Meere sich zu spülen, |
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Da ruh ich aus vom Tagesfest |
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Fromm in der roten Kühle. |
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Hoch führet durch die stille Nacht |
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Der Mond die goldnen Schafe, |
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Den Kreis der Erden Gott bewacht, |
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Wo ich tief unten schlafe. |
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Wie liegt all falsche Pracht so weit! |
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Schlaf wohl auf stiller Erde, |
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Gott schütz dein Herz in Ewigkeit, |
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Daß es nie traurig werde! |
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Bist du manchmal auch verstimmt, |
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Drück dich zärtlich an mein Herze, |
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Daß mir's fast den Atem nimmt, |
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Streich und kneif in süßem Scherze, |
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Wie ein rechter Liebestor |
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Lehn ich sanft an dich die Wange |
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Und du singst mir fein ins Ohr. |
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Wohl im Hofe bei dem Klange |
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Katze miaut, Hund heult und bellt, |
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Nachbar schimpft mit wilder Miene |
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Doch was kümmert uns die Welt, |
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Süße, traute Violine! |
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Mürrisch sitzen sie und maulen |
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Auf den Bänken stumm und breit, |
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Gähnend strecken sich die Faulen, |
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Und die Kecken suchen Streit. |
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Da komm ich durchs Dorf geschritten, |
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Fernher durch den Abend kühl, |
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Stell mich in des Kreises Mitten, |
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Grüß und zieh mein Geigenspiel. |
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Und wie ich den Bogen schwenke, |
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Ziehn die Klänge in der Rund |
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Allen recht durch die Gelenke |
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Bis zum tiefsten Herzensgrund. |
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Und nun geht's ans Gläserklingen, |
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An ein Walzen um und um, |
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Je mehr ich streich, je mehr sie springen |
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Keiner fragt erst lang: warum? |
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Jeder will dem Geiger reichen |
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Nun sein Scherflein auf die Hand |
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Da vergeht ihm gleich sein Streichen, |
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Und fort ist der Musikant. |
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Und sie sehn ihn fröhlich steigen |
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Nach den Waldeshöhn hinaus, |
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Hören ihn von fern noch geigen, |
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Und gehn all vergnügt nach Haus. |
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Doch in Waldes grünen Hallen |
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Rast ich dann noch manche Stund, |
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Nur die fernen Nachtigallen |
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Schlagen tief aus nächt'gem Grund. |
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Und es rauscht die Nacht so leise |
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Durch die Waldeseinsamkeit, |
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Und ich sinn auf neue Weise, |
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Die der Menschen Herz erfreut. |
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Durch Feld und Buchenhallen |
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Bald singend, bald fröhlich still, |
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Recht lustig sei vor allen |
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Wer 's Reisen wählen will! |
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Wenn's kaum im Osten glühte, |
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Die Welt noch still und weit: |
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Da weht recht durchs Gemüte |
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Die schöne Blütenzeit! |
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Die Lerch als Morgenbote |
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Sich in die Lüfte schwingt, |
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Eine frische Reisenote |
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Durch Wald und Herz erklingt. |
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O Lust, vom Berg zu schauen |
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Weit über Wald und Strom, |
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Hoch über sich den blauen |
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Tiefklaren Himmelsdom! |
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Vom Berge Vöglein fliegen |
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Und Wolken so geschwind, |
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Gedanken überfliegen |
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Die Vögel und den Wind. |
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Die Wolken ziehn hernieder, |
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Das Vöglein senkt sich gleich, |
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Gedanken gehn und Lieder |
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Fort bis ins Himmelreich. |
Details zum Gedicht „Der wandernde Musikant“
Joseph von Eichendorff
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691
1788 - 1857
Romantik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Der wandernde Musikant“ stammt von Joseph von Eichendorff, einem deutschen Lyriker und Schriftsteller der Romantik, der von 1788 bis 1857 lebte.
Der erste Eindruck des Gedichts vermittelt ein Gefühl der Wanderlust und Freiheitsliebe, gepaart mit einer Stimmung von Heiterkeit und Leichtigkeit. Das „lyrische Ich“, also die fiktive Figur des Gedichts, ist ein musizierender Wanderer, der durch das Land zieht und dabei sein Leben genießt.
Das Gedicht bildet das ungebundene, freie Leben eines Wanderers ab, der mit seiner Musik durch die Lande zieht. Er liebt das Wandern und die Musik, verliebt sich hin und wieder, aber entscheidet sich letztendlich immer für die Freiheit und die Musik. Er wird als fröhlicher Charakter dargestellt, der die Schönheit des Lebens und der Natur schätzt und diese Schönheit durch seine Musik zum Ausdruck bringt.
Bei der Form des Gedichts handelt es sich um gereimte Verse, wobei die Länge der Strophen variiert. Die Sprache des Gedichts ist recht einfach und bildhaft, was zu der leichten und heiteren Stimmung des Textes beiträgt. Besonders die wiederkehrenden Naturschilderungen tragen die unbeschwerte, lebensbejahende Grundeinstellung des lyrischen Ichs.
Eichendorff nutzt Metaphern und bildliche Ausdrücke, um seine Botschaften zu vermitteln. So steht die „Mandoline“, die das lyrische Ich immer bei sich trägt, symbolisch für die Musik und die Freude, die er den Menschen bringt. Der Ausdruck „übers grüne Land reisen“ steht für die Wanderlust und die Freiheit, die das lyrische Ich verspürt.
Schließlich betont der Autor die Wichtigkeit von Freiheit, Individualität und Naturverbundenheit. Dies spiegelt auch die romantische Vorstellung wider, dass der Mensch am glücklichsten ist, wenn er im Einklang mit der Natur lebt und sich selbst treu bleibt. Zusammengefasst ist „Der wandernde Musikant“ ein sehr lebendiges und fröhliches Gedicht, das die Freude am Leben, am Reisen und an der Musik hervorhebt.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der wandernde Musikant“ des Autors Joseph von Eichendorff. 1788 wurde Eichendorff geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1804 bis 1857 entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Bei Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Romantik ist eine Epoche der Kulturgeschichte, zeitlich anzusiedeln vom späten 18. Jahrhundert bis tief in das 19. Jahrhundert hinein. Auf die Literatur bezogen: von 1795 bis 1848. Sie hatte Auswirkungen auf Literatur, Musik, Philosophie und Kunst jener Zeit. Die Literatur der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Romantikern zuwider. Sie stellten sich in ihren Werken gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. In der Romantik finden sich verschiedene charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind wichtige Motive. Aber auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben jedoch unbeachtet. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über den Inhalt als auch über die Form des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die festen Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken ist zu beobachten.
Das vorliegende Gedicht umfasst 691 Wörter. Es baut sich aus 29 Strophen auf und besteht aus 138 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joseph von Eichendorff sind „In Danzig“, „Kurze Fahrt“ und „Lied“. Zum Autor des Gedichtes „Der wandernde Musikant“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.
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Zum Autor Joseph von Eichendorff sind auf abi-pur.de 395 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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