Die Heimat von Joseph von Eichendorff

An meinen Bruder

Denkst du des Schlosses noch auf stiller Höh?
Das Horn lockt nächtlich dort, als ob’s dich riefe,
Am Abgrund grast das Reh,
Es rauscht der Wald verwirrend aus der Tiefe –
O stille, wecke nicht, es war als schliefe
Da drunten ein unnennbar Weh.
 
Kennst du den Garten? – Wenn sich Lenz erneut,
Geht dort ein Mädchen auf den kühlen Gängen
Still durch die Einsamkeit,
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Und weckt den leisen Strom von Zauberklängen,
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Als ob die Blumen und die Bäume sängen
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Rings von der alten schönen Zeit.
 
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Ihr Wipfel und ihr Bronnen rauscht nur zu!
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Wohin du auch in wilder Lust magst dringen,
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Du findest nirgends Ruh,
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Erreichen wird dich das geheime Singen, –
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Ach, dieses Bannes zauberischen Ringen
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Entflieh’n wir nimmer, ich und du!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.8 KB)

Details zum Gedicht „Die Heimat“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
123
Entstehungsjahr
1819
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das obenstehende Gedicht mit dem Titel „Die Heimat“ wurde von Joseph von Eichendorff geschrieben, einem deutschen Dichter, der von 1788 bis 1857 lebte. Das Gedicht lässt sich in keine spezifische literarische Epoche einordnen, da es charakteristisch für die Romantik des 19. Jahrhunderts ist, die eine Verbindung zur Natur, Sehnsucht und Melancholie betont.

Der erste Eindruck des Gedichts ist geprägt von einer mysteriösen und melancholischen Atmosphäre. Es wird eine heimatliche Landschaft beschrieben, in der ein Schloss auf einer stillen Höhe steht. Das Horn des Schlosses ruft nächtlich, als ob es den Leser/die Leserin locken würde. Der Wald rauscht verwirrend aus der Tiefe heraus, und das lyrische Ich bittet darum, nicht geweckt zu werden, da es einen unnennbaren Schmerz in der Ferne fühlt.

In einfachen Worten handelt das Gedicht von der Sehnsucht nach einer verlorenen Heimat. Das Schloss und der Garten symbolisieren das Zuhause des lyrischen Ichs, das von Zeit zu Zeit von Erinnerungen heimgesucht wird. Die Beschreibung der Natur und der Landschaft vermittelt das Gefühl von Einsamkeit und die Unmöglichkeit, wieder Ruhe zu finden. Der tiefe Schmerz wird als „geheimes Singen“ beschrieben, dem das lyrische Ich und der Leser/ die Leserin niemals entfliehen können.

Die Form des Gedichts besteht aus drei Strophen mit jeweils sechs Versen. Der Autor verwendet eine einfache Reimschemata (ABABCC) und setzt auf regelmäßige Verse. Dies erzeugt eine harmonische Struktur, die zur ruhigen und ungestörten Atmosphäre des Gedichts passt. Die Sprache ist poetisch und bildhaft, sie beschreibt die Natur und deren Wirkung auf das lyrische Ich. Die Verse sind kurz und dadurch rhythmisch, was dem Gedicht eine gewisse Leichtigkeit und Eleganz verleiht.

Insgesamt handelt es sich bei „Die Heimat“ um ein lyrisches Gedicht, das die Sehnsucht nach einer verlorenen Heimat und das Gefühl der Melancholie thematisiert. Eichendorff nutzt dabei eine poetische Sprache und eine durchdachte Form, um die Stimmung des Gedichts zu unterstützen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Die Heimat“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joseph von Eichendorff. 1788 wurde Eichendorff geboren. 1819 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Leipzig. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein dauerte und sich insbesondere auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Literatur und der Musik äußerte. Auch die Gebiete Geschichte, Philosophie und Theologie sowie Medizin und Naturwissenschaften waren von ihren Auswirkungen betroffen. Die Romantik wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Welt, die sich durch die beginnende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls Auswirkungen auf die Romantik. In der Romantik gilt das Mittelalter als das Ideal und wird verherrlicht. Die Kunst und Architektur der Zeit des Mittelalters werden geschätzt, gepflegt und gesammelt. Übel und Missstände dieser Zeit bleiben außen vor und scheinen bei den Schriftstellern in Vergessenheit geraten zu sein. So ist die Verklärung des Mittelalters ein zentrales Merkmal der Romantik. Des Weiteren sind die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur und die romantische Ironie weitere zentrale Merkmale dieser Epoche. Die Grundthemen waren Seele, Gefühle, Individualität und Leidenschaft. In der Literatur wurden diese Themen unter anderem durch Motive der Sehnsucht, Todessehnsucht, Fernweh oder Einsamkeit in der Fremde ausgedrückt. Die äußere Form von romantischer Literatur ist völlig offen. Kein starres Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits unmittelbar nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das 123 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 18 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Die Gedichte „Der verliebte Reisende“, „In Danzig“ und „Kurze Fahrt“ sind weitere Werke des Autors Joseph von Eichendorff. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die Heimat“ weitere 395 Gedichte vor.

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