Morgengebet von Joseph von Eichendorff

O wunderbares, tiefes Schweigen,
Wie einsam ist’s noch auf der Welt!
Die Wälder nur sich leise neigen,
Als ging’ der Herr durchs stille Feld.
 
Ich fühl’ mich recht wie neu geschaffen,
Wo ist die Sorge nun und Noth?
Was mich noch gestern wollt’ erschlaffen,
Ich schäm’ mich deß im Morgenroth.
 
Die Welt mit ihrem Gram und Glücke
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Will ich, ein Pilger, frohbereit
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Betreten nur wie eine Brücke
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Zu dir, Herr, übern Strom der Zeit.
 
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Und buhlt mein Lied, auf Weltgunst lauernd,
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Um schnöden Sold der Eitelkeit:
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Zerschlag’ mein Saitenspiel, und schauernd
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Schweig’ ich vor dir in Ewigkeit.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Morgengebet“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
98
Entstehungsjahr
1833
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Der Autor des vorliegenden Gedichts „Morgengebet“ ist Joseph von Eichendorff. Eichendorff wurde am 10. März 1788 geboren und verstarb am 26. November 1857. Damit durchlebte er eine Zeit des gesellschaftlichen Wandels, insbesondere der Industriellen Revolution, die auch seine Dichtung beeinflusste. Zeitlich fällt das Werk in die Epoche der Romantik.

Der erste Eindruck des Gedichts ist von einer tiefen Spiritualität geprägt, die durch eine harmonische und friedliche Naturkulisse unterstützt wird. Eichendorff nutzt die Natur, um seine spirituellen Ansichten und Gefühle zu reflectieren.

Ein genaueres Lesen des Gedichts eröffnet seine Aussage: Das lyrische Ich erlebt einen Morgen, in dem es sich als erneuert und befreit von Sorgen und Not fühlt. Es nimmt die Welt und ihre Freuden und Sorgen nur noch als Übergang zu einer tieferen spirituellen Ebene wahr. Auch scheint das lyrische Ich zu beten, dass, sollte sein Lied ins Irdische abgleiten und nach weltlicher Anerkennung suchen, Gott in möge es in die Schranken weisen.

Die Form des Gedichts ist klassisch, mit vier Strophen zu je vier Versen. Die Sprache des Gedichts ist recht einfach und verständlich, wenn auch altertümlich in ihrer Formulierung (etwa „Sorge nun und Noth“ anstelle des moderneren „Sorge und Not“). Der poetische Stil Eichendorffs ist von Bildern und Metaphern geprägt, etwa wenn er die Welt als Brücke zu Gott darstellt oder das Streben nach weltlicher Anerkennung mit dem Buhlen um „schnöden Sold“ gleichsetzt.

Zusammenfassend würde ich also sagen, dass „Morgengebet“ eine stark spirituell geprägte Reflexion des lyrischen Ichs auf seine eigene Stellung in der Welt darstellt, die durch die Präsenz und Schönheit der Natur unterstützt wird.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Morgengebet“ des Autors Joseph von Eichendorff. Der Autor Joseph von Eichendorff wurde 1788 geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1833 zurück. In Weidmannsche Buchhandlung, Leipzig ist der Text erschienen. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Romantik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hineinreichte. Insbesondere in den Bereichen der Literatur, Musik oder der bildenden Kunst hatte diese Epoche umfangreiche Auswirkungen. Die Romantik kann in drei Phasen aufgegliedert werden: Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). Die Welt, die sich durch die beginnende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls bedeutende Auswirkungen auf die Romantik. In der Romantik gilt das Mittelalter als das Ideal und wird verherrlicht. Die Kunst und Architektur der Zeit des Mittelalters werden geschätzt, gepflegt und gesammelt. Übel und Missstände dieser Zeit bleiben unberücksichtigt und scheinen bei den Schriftstellern in Vergessenheit geraten zu sein. So ist gerade die Verklärung des Mittelalters ein zentrales Merkmal der Romantik. Des Weiteren sind die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur und die romantische Ironie weitere zentrale Merkmale dieser Epoche. Die grundsätzlichen Themen waren Seele, Gefühle, Individualität und Leidenschaft. In der Literatur wurden diese Themen unter anderem durch Motive der Sehnsucht, Todessehnsucht, Fernweh oder Einsamkeit in der Fremde materialisiert. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über den Inhalt als auch über die Form des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die starren Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken ist zu beobachten.

Das 98 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere Werke des Dichters Joseph von Eichendorff sind „Der Isegrimm“, „Der verliebte Reisende“ und „Die Heimat“. Zum Autor des Gedichtes „Morgengebet“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.

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