Auch ein Gedicht? von Joseph von Eichendorff

Zwischen Acten, dunkeln Wänden
Bannt mich Freiheitbegehrenden
Nun des Lebens strenge Pflicht,
Und aus Schränken, Actenschichten
Lachen mir die beleidigten
Musen in das Amtsgesicht.
 
Als an Lenz und Morgenröthe
Noch das Herz sich erlabete,
O du stilles, heitres Glück!
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Wie ich auch nun heiß mich sehne,
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Ach, aus dieser Sandebene
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Führt kein Weg dahin zurück.
 
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Als der letzte Balkentreter
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Steh’ ich armer Enterbeter
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In des Staates Symphonie,
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Ach, in diesem Schwall von Tönen
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Wo fänd’ ich da des eigenen
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Herzens süße Melodie?
 
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Ein Gedicht soll ich Euch spenden:
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Nun, so geht mit dem Leidenden
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Nicht zu strenge ins Gericht!
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Nehmt den Willen für Gewährung,
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Kühnen Reim für Begeisterung,
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Diesen Unsinn als Gedicht!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25 KB)

Details zum Gedicht „Auch ein Gedicht?“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
112
Entstehungsjahr
1819
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Auch ein Gedicht?“ ist von Joseph von Eichendorff, einem bedeutenden Dichter der Romantik, der von 1788 bis 1857 lebte.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht emotional, doch auch ein bisschen resigniert. Das lyrische Ich scheint sich in einer Art Konflikt oder Unzufriedenheit zu befinden. Die titelgebende Frage lässt auf eine Unentschlossenheit oder Unsicherheit schließen.

Der Inhalt des Gedichts handelt vom lyrischen Ich, das sich in der Bürokratie der Amtsarbeit gefangen fühlt und gleichzeitig seine künstlerische Freiheit und Inspiration vermisst. Die Pflichten des Lebens und der Beruf stehen in Kontrast zur kreativen Freiheit und dem Glücksgefühl, die das lyrische Ich durch die Dichtkunst erleben könnte. Es sehnt sich zurück zu den Momenten, in denen es noch frei von diesen Verpflichtungen war, zu glücklicheren, kreativeren Zeiten. Am Ende fordert das lyrische Ich Nachsicht für seine Unzufriedenheit und sein Leid, und bittet darum, seine unsinnigen, aber ehrlichen Reime als Gedicht zu akzeptieren.

Das Gedicht enthält vier Strophen mit jeweils sechs Versen. Die Sprache ist klar und direkt, aber auch poetisch und emotional. Von Eichendorff verwendet oft Inversionen und Antithesen, um den inneren Konflikt des lyrischen Ichs hervorzuheben. Es gibt auch eine deutliche Jambus-Betonung und einen durchgehenden Kreuzreim, die zum Rhythmus und Fluss des Textes beitragen. Trotz seiner formalen Struktur, wird im Gedicht eine Art innere Zerrissenheit deutlich gemacht, die den emotionalen Inhalt unterstreicht und zur Stimmung des Gedichts beiträgt.

Zusammengefasst ist das Gedicht „Auch ein Gedicht?“ ein repräsentatives Werk der romantischen Poesie, das die innere Zerrissenheit und Unzufriedenheit des lyrischen Ichs in der Amtsbürokratie kontrastiert mit seiner künstlerischen Freiheit und Inspiration. Der Text ist formal strukturiert, aber emotional geladen, und zeigt deutlich vielleicht auch die persönliche Gefühlslage von Eichendorff in seinem bürgerlichen Leben an.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Auch ein Gedicht?“ ist Joseph von Eichendorff. Im Jahr 1788 wurde Eichendorff geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1819 zurück. Leipzig ist der Erscheinungsort des Textes. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Der Schriftsteller Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine Epoche der Kulturgeschichte, zeitlich anzusiedeln vom späten 18. Jahrhundert bis tief in das 19. Jahrhundert hinein. Auf die Literatur bezogen: von 1795 bis 1848. Sie hatte umfangreiche Auswirkungen auf Literatur, Kunst, Musik und Philosophie jener Zeit. Die Romantik kann in drei Phasen aufgegliedert werden: Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). Die Welt, die sich durch die einsetzende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls Auswirkungen auf die Romantik. In der Romantik gilt das Mittelalter als das Ideal und wird verherrlicht. Die Kunst und Architektur der Zeit des Mittelalters werden geschätzt, gepflegt und gesammelt. Missstände dieser Zeit bleiben unberücksichtigt und scheinen bei den Schriftstellern in Vergessenheit geraten zu sein. So ist die Verklärung des Mittelalters ein zentrales Merkmal der Romantik. Des Weiteren sind die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur und die romantische Ironie weitere zentrale Merkmale dieser Epoche. Die Grundthemen der Epoche waren Seele, Gefühle, Individualität und Leidenschaft. In der Literatur wurden diese Themen unter anderem durch Motive der Sehnsucht, Todessehnsucht, Fernweh oder Einsamkeit in der Fremde manifestiert. Die äußere Form von romantischer Dichtung ist dabei völlig offen. Kein starres Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits unmittelbar nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 112 Worte. Der Dichter Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „Kurze Fahrt“, „Lied“ und „Mondnacht“. Zum Autor des Gedichtes „Auch ein Gedicht?“ haben wir auf abi-pur.de weitere 395 Gedichte veröffentlicht.

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