Der Maler von Joseph von Eichendorff

Aus Wolken, eh im nächt'gen Land
Erwacht die Kreaturen,
Langt Gottes Hand,
Zieht durch die stillen Fluren
Gewaltig die Konturen,
Strom, Wald und Felsenwand.
 
Wach auf, wach auf! die Lerche ruft,
Aurora taucht die Strahlen
Verträumt in Duft,
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Beginnt auf Berg und Talen
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Ringsum ein himmlisch Malen
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In Meer und Land und Luft.
 
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Und durch die Stille, lichtgeschmückt,
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Aus wunderbaren Locken
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Ein Engel blickt.
 
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Da rauscht der Wald erschrocken,
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Da gehn die Morgenglocken,
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Die Gipfel stehn verzückt.
 
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O lichte Augen, ernst und mild,
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Ich kann nicht von euch lassen!
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Bald wieder wild
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Stürmt's her von Sorg und Hassen
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Durch die verworrnen Gassen
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Führ mich, mein göttlich Bild!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Der Maler“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
107
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Joseph von Eichendorff, ein bedeutender Dichter der deutschen Romantik. Das Gedicht „Der Maler“ kann somit in die Zeit um das 19. Jahrhundert eingeordnet werden, da dies die Hochzeit der Romantik darstellt.

Beim ersten Lesen des Gedichtes wird man durch eine bildreiche und zugleich mystische Atmosphäre eingefangen. Insbesondere die Natur wird in intensiver Weise dargestellt und es scheint, als ob der Dichter eine spirituelle Begegnung mit Gott und seinen Engeln beschreibt.

Das Gedicht beschreibt zunächst die Erwachung der Welt, ihre Erschaffung durch Gottes Hand (Strophe 1), bevor es in der zweiten Strophe zu einer Aufforderung zum Erwachen und Erleben der natürlichen Schönheit der Welt übergeht (Strophe 2). Die darauffolgenden Strophen legen den Fokus auf eine Engelserscheinung und das einsetzende Morgenläuten (Strophe 3 und 4). In der letzten Strophe drückt das lyrische Ich die Unzufriedenheit und Sehnsucht nach dem göttlichen Erschaffungsprozess aus und bittet um Führung (Strophe 5).

An dieser Stelle scheint das lyrische Ich den Wunsch zu äußern, das göttliche Schaffen nachzuempfinden, womit sich der Titel „Der Maler“ erklärt. Es ist ein tiefes Verlangen, den göttlichen Schöpfungsakt zu verstehen, wiedergegeben durch das intensive Naturgeschehen.

Formal besteht das Gedicht aus fünf Strophen mit unterschiedlicher Anzahl an Versen. Die sprachliche Gestaltung ist charakteristisch für Eichendorff und die Romantik: Sie ist reich an Bildern, die ein Gefühl von Bewegung und Erweckung erzeugen. Die Sprache ist teilweise archaisch und enthält eine mystische Symbolik. Geprägt durch die Metaphorik und das Bild des göttlichen Malers gestaltet sich die Sprache als ausdrucksstark und emotionsgeladen.

Zusammenfassend handelt es sich bei „Der Maler“ von Eichendorff um ein romantisches Gedicht, das durch die starke religiöse Symbolik und Naturverbundenheit den Wunsch, die göttliche Schöpfung nachzuempfinden, stark und eindrucksvoll zum Ausdruck bringt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der Maler“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joseph von Eichendorff. 1788 wurde Eichendorff geboren. Zwischen den Jahren 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Bei Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein dauerte und sich insbesondere auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Literatur und der Musik äußerte. Auch die Gebiete Geschichte, Philosophie und Theologie sowie Medizin und Naturwissenschaften waren von ihren Auswirkungen betroffen. Die Romantik wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Welt, die sich durch die beginnende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls bedeutende Auswirkungen auf die Romantik. In der Romantik gilt das Mittelalter als das Ideal und wird verherrlicht. Die Kunst und Architektur der Zeit des Mittelalters werden geschätzt, gepflegt und gesammelt. Übel und Missstände dieser Zeit bleiben unberücksichtigt und scheinen bei den Schriftstellern in Vergessenheit geraten zu sein. So ist gerade die Verklärung des Mittelalters ein zentrales Merkmal der Romantik. Des Weiteren sind die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur und die romantische Ironie weitere zentrale Merkmale dieser Epoche. Die grundsätzlichen Themen waren Seele, Gefühle, Individualität und Leidenschaft. In der Literatur wurden diese Themen unter anderem durch Motive der Sehnsucht, Todessehnsucht, Fernweh oder Einsamkeit in der Fremde manifestiert. Die äußere Form von romantischer Literatur ist dabei völlig offen. Kein festgesetztes Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits unmittelbar nach Erscheinen wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das 107 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Der Dichter Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „Die Heimat“, „In Danzig“ und „Kurze Fahrt“. Zum Autor des Gedichtes „Der Maler“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.

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