Blonder Ritter von Joseph von Eichendorff

Blonder Ritter, blonder Ritter,
Deine Blicke, weltschmerzdunkel,
Statt durch Helmes Eisengitter,
Durch die Brille gläsern funkeln.
 
Hinterm Ohre, statt vom Leder,
Zornig mit verwegner Finte
Ziehst du statt des Schwerts die Feder,
Und statt Blutes fließet Dinte.
 
Federspritzeln, Ehr beklecken,
10 
Ungeheueres Geschnatter!
11 
Wilde Recken, wilde Recken,
12 
Trampelt nicht die Welt noch platter.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.8 KB)

Details zum Gedicht „Blonder Ritter“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
52
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Blonder Ritter“ wurde von Joseph von Eichendorff verfasst, der in der Zeit von 1788 bis 1857 lebte. Damit lässt sich das Werk stilistisch der Epoche der Romantik oder dem frühen Realismus zuordnen.

Auf den ersten Blick fallen die unerwarteten Kontraste und Umkehrungen auf, durch die der Ritter aus romantischen Erzählungen mit dem Bild des modernen Gelehrten oder Schriftstellers verwoben wird. Dabei erscheint der Ritter nicht als heldenhafter Kämpfer, sondern als introvertierter Träumer und Denker.

Das Gedicht erhellt in den ersten beiden Strophen das Bild dieses neuen „blonden Ritters“. Er trägt keine Rüstung, sondern eine Brille (Vers 3 und 4). Statt Schwert und Leder zieht er die Feder vor (Verse 5-8). Eichendorff kontrastiert hier das traditionelle Bild des handelnden, kampfbereiten Ritters mit dem des stillen, an der Schrift und dem Wort orientierten Gelehrten. Die Ironie des Gedichts liegt in der Darstellung, dass dieser moderne Ritter keine physischen, sondern intellektuelle und verbale Kämpfe führt.

Die letzte Strophe, hingegen, ist eine Art warnende oder mahnende Aufforderung an die „wilden Recken“ (Vers 11), die Welt nicht weiter „platt“ zu trampeln (Vers 12). Möglicherweise ist dies eine Kritik an jenen, die mit Worten ebenso viel Zerstörung anrichten können wie mit der physischen Gewalt eines traditionellen Ritters.

Formal handelt es sich bei dem Gedicht um drei vierzeilige Strophen. Jeder Vers besteht dabei aus sechs Silben, was dem Gedicht einen rhythmischen, fast liedhaften Charakter verleiht.

Auf sprachlicher Ebene arbeitet Eichendorff vor allem mit starken kontrastierenden Bildern. Die Brille, die Feder und die Tinte, traditionelle Symbole des Schriftstellers oder Gelehrten, bilden einen starken Gegenpol zu den Rüstungen und Schwertern der klassischen Ritter. Der wiederholte Gebrauch von Verneinungen und Gegensätzen unterstreicht diesen Kontrast zusätzlich.

Ein weiteres Merkmal ist Eichendorffs Gebrauch der Ironie. Der Titel „Blonder Ritter“ suggeriert zunächst ein Idealbild, welches im Gedicht selbst aber auf humorvolle Weise dekonstruiert wird. Damit zeigt das lyrische Ich eine distanzierte bis kritische Haltung gegenüber den Protagonisten und deren vermeintlich heldenhaftem Tun.

Fazit: „Blonder Ritter“ ist ein Gedicht, welches auf ironische Weise das traditionelle Ritterbild mit dem des modernen Gelehrten kontrastiert. Es thematisiert dabei nicht nur den Wandel des Heldenideals, sondern hinterfragt zugleich die möglichen Konsequenzen dieser Entwicklung.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Blonder Ritter“ ist Joseph von Eichendorff. Im Jahr 1788 wurde Eichendorff geboren. Zwischen den Jahren 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Bei Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Der Romantik vorausgegangen waren die Epochen der Weimarer Klassik und der Aufklärung. Die Literaturepoche der Romantik ist zeitlich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein einzuordnen. Insbesondere auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Musik und der Literatur hatte diese Epoche Auswirkungen. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Literaturepoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. In ganz Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichermaßen bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Technologischer Fortschritt und Industrialisierung sind prägend für diese Zeit. In der Romantik finden sich verschiedene charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind bedeutende Motive. Auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben jedoch unbeachtet. Die Stilepoche kennzeichnet sich vor allem durch offene Formen in Texten und Gedichten. Phantasie ist für die Schriftsteller der Romantik das Maß aller Dinge. Die Trennung zwischen Wissenschaft und Poesie, zwischen Wirklichkeit und Traum soll durchbrochen werden. Die Romantiker streben eine Verschmelzung von Kunst und Literatur an. Ihr Ziel ist es letztlich, alle Lebensbereiche zu poetisieren.

Das vorliegende Gedicht umfasst 52 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 12 Versen. Weitere Werke des Dichters Joseph von Eichendorff sind „Mondnacht“, „Morgengebet“ und „Ostern“. Zum Autor des Gedichtes „Blonder Ritter“ haben wir auf abi-pur.de weitere 395 Gedichte veröffentlicht.

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