Der Wegelagerer von Joseph von Eichendorff

Es ist ein Land, wo die Philister thronen,
Die Krämer fahren und das Grün verstauben,
Die Liebe selber altklug feilscht mit Hauben
Herr Gott, wie lang willst du die Brut verschonen!
 
Es ist ein Wald, der rauscht mit grünen Kronen,
Wo frei die Adler horsten, und die Tauben
Unschuldig girren in den kühlen Lauben,
Die noch kein Fuß betrat - dort will ich wohnen!
 
Dort will ich nächtlich auf die Krämer lauern
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Und kühn zerhaun der armen Schönheit Bande,
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Die sie als niedre Magd zu Markte führen.
 
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Hoch soll sie stehn auf grünen Felsenmauern,
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Daß mahnend über alle stillen Lande
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Die Lüfte nachts ihr Zauberlied verführen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Der Wegelagerer“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
106
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorgelegte Gedicht stammt vom Autor Joseph von Eichendorff, einem bedeutenden Vertreter der Romantik, der im 19. Jahrhundert seine literarischen Werke veröffentlichte.

Beim ersten Lesen fällt auf, dass Eichendorff in seinem Werk eine Gesellschaftskritik formuliert. Er scheint mit der Lebensweise seiner Zeitgenossen unzufrieden zu sein und stellt eine alternative Lebensweise dar.

In dem Gedicht, das aus vier Strophen besteht, spricht Eichendorff zunächst von einem Land, in dem die Philister dominieren und das Grün (die Natur) verstauben. In diesem Kontext bezeichnet er die Liebe als einen bloßen Handel. Er stellt dann einen Gegensatz dar, indem er von einem unberührten, natürlichen Wald spricht, wo Adler und Tauben friedlich leben. Dort möchte das lyrische Ich wohnen. Im Weiteren wird deutlich, dass das lyrische Ich sich eine aktive Rolle in diesem Wald vorstellt. Es will auf Händler (Krämer) lauern und die Freiheit der Schönheit, welche als Magd am Markt verkauft wird, wiederherstellen. Er wünscht sich, dass die Schönheit hoch auf grünen Felsmauern steht und ihre Magie in alle stillen Länder ausstrahlt.

In dieser Darstellung wird deutlich, dass das lyrische Ich eine kritische Haltung gegenüber der konsumorientierten und naturfernen Gesellschaft seiner Zeit einnimmt. Es strebt nach einem Leben im Einklang mit der Natur und sieht in der Befreiung der 'Schönheit' eine Möglichkeit, die Mechanismen der Gesellschaft zu hinterfragen und zu bekämpfen.

Das Gedicht ist komplex in seiner Sprache und Form. Eichendorff benutzt Metaphern und Allegorien, um seine Kritik und seine Wünsche auszudrücken. Besonders die Metapher der 'Schönheit', die als Magd dargestellt wird, kann als Symbol für die Ausbeutung der Natur durch den Menschen gesehen werden.

Die Strophe und Versform sind ebenso interessant. In den ersten beiden Strophen sind je vier Verse, in den letzten beiden Strophen dann nur noch drei. Dies könnte die Sehnsucht des lyrischen Ichs nach Veränderung und Aufbruch symbolisieren. Diese Interpretation wird unterstützt durch die Tatsache, dass die letzten zwei Strophen eine aktive Handlung des lyrischen Ichs darstellen, im Gegensatz zu den eher beschreibenden ersten beiden Strophen.

Zusammengefasst stellt das Gedicht eine deutliche Kritik an der konsumorientierten und naturfernen damaligen Gesellschaft dar und zeigt eine Sehnsucht des lyrischen Ichs nach einem ökologischen und gerechten Zusammenleben.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der Wegelagerer“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joseph von Eichendorff. 1788 wurde Eichendorff geboren. In der Zeit von 1804 bis 1857 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Romantik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hineinreichte. Insbesondere in den Bereichen der Literatur, Musik oder der bildenden Kunst hatte diese Epoche umfangreiche Auswirkungen. Die Literaturepoche der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Die Welt, die sich durch die beginnende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls bedeutende Auswirkungen auf die Romantik. Die zentralen Motive der Literatur der Romantik sind das Schaurige, Unterbewusste, Fantastische, Leidenschaftliche, Individuelle, Gefühlvolle und Abenteuerliche, welche die Grenzen des Verstandes sprengen und erweitern sollen und sich gegen das bloße Nützlichkeitsdenken sowie die Industrialisierung richten. Die Romantiker sehnen sich nach der Einheit von Geist und Natur. Ein Hinwenden zum Mittelalter ist erkennbar. So werden Kunst und Architektur dieser vergangenen Zeit geschätzt. Die Missstände dieser Zeit bleiben jedoch unerwähnt. Die äußere Form von romantischer Literatur ist völlig offen. Kein festgesetztes Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits unmittelbar nach Erscheinen wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das 106 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Der Dichter Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „Auch ein Gedicht?“, „Der Isegrimm“ und „Der verliebte Reisende“. Zum Autor des Gedichtes „Der Wegelagerer“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.

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