An die Tiroler von Joseph von Eichendorff

Im Jahre 1810
Bei Waldesrauschen, kühnem Sturz der Wogen,
Wo Herden einsam läuten an den Klüften,
Habt ihr in eurer Berge heitern Lüften
Der Freiheit Lebensatem eingesogen.
 
Euch selbst die Retter, seid ihr ausgezogen,
Wie helle Bäche brechen aus den Klüften;
Hinunter schwindelt Tücke nach den Schlüften,
Der Freiheit Burg sind eure Felsenbogen.
 
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Hochherzig Volk, Genosse größrer Zeiten!
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Du sinkst nun in der eignen Häuser Brande,
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Zum Himmel noch gestreckt die freien Hände.
 
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O Herr! laß diese Lohen wehn, sich breiten
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Auffordernd über alle deutschen Lande,
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Und wer da fällt, dem schenk so glorreich Ende!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „An die Tiroler“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
15
Anzahl Wörter
94
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An die Tiroler“ wurde von Joseph von Eichendorff verfasst, einem der bekanntesten Vertreter der deutschen Romantik, der von 1788 bis 1857 lebte. Der Bezug zu dem Jahr 1810 legt nahe, dass das Gedicht in der Zeit der Napoleonischen Kriege und der damit einhergehenden gesellschaftlichen Veränderungen entstand.

Auf den ersten Blick handelt das Gedicht von den Menschen in Tirol, ihrer Bindung zur Natur und ihrem Freiheitsstreben. Sie sind in ihren Bergen und Wäldern frei und unabhängig und wehren sich gegen Unterdrückung und Fremdherrschaft. In Unabhängigkeit leben und sich selbst verteidigen, das ist die Botschaft, die das lyrische Ich zu vermitteln scheint.

Eichendorff nutzt eine sehr bildhafte Sprache, die Natur und Freiheit miteinander verknüpft. Die Tiroler atmen nicht nur die reine Bergluft, sondern auch den „Lebensatem der Freiheit“ ein. Sie sind nicht passive Opfer, sondern aktive Verteidiger ihrer Freiheit, die sich gegen „Tücke“ wehren und in ihren Bergen eine feste Burg sehen. Im dritten Abschnitt spricht das lyrische Ich die Tiroler direkt an und bezeichnet sie als hochherzigs Volk und Genossen größerer Zeiten. Die dritte und vierte Strophe bringen jedoch auch eine tragische Note ein, mit Bildern von brennenden Häusern und den flehenden Händen zum Himmel.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen mit unregelmäßiger Anzahl von Versen. Es gibt kein klares Reimschema, was typisch für die freie Form der Romantik ist, die sich gegen klassische formale Vorgaben auflehnte. Insgesamt wirkt das Gedicht dramatisch und eindringlich, was durch die Wahl der Worte und den starken emotionalen Inhalt unterstützt wird. Der Glaube an Freiheit und die Bereitschaft, dafür zu kämpfen und zu leiden, sind zentrale Themen des Gedichts – eine Haltung, die auch in anderen Werken Eichendorffs immer wieder zum Ausdruck kommt.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „An die Tiroler“ ist Joseph von Eichendorff. 1788 wurde Eichendorff geboren. In der Zeit von 1804 bis 1857 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis spät in das 19. Jahrhundert hineinreichte. Insbesondere in den Bereichen der Literatur, Musik oder der bildenden Kunst hatte diese Epoche umfangreiche Auswirkungen. Die Romantik wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Epoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. Im gesamten Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichermaßen bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Industrialisierung und technologischer Fortschritt sind prägend für diese Zeit. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. Beispielsweise gilt die Blaue Blume als das zentrale Motiv der romantischen Literatur. Sie symbolisiert Sehnsucht und Liebe und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Literatur der Romantik. Sie ist der Schauplatz für viele weitere Motive dieser Epoche: Vergänglichkeit, Tod und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und Klarheit der Gedanken, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unendlich. Dabei baut sie zwar auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das 94 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 15 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere Werke des Dichters Joseph von Eichendorff sind „Mondnacht“, „Morgengebet“ und „Ostern“. Zum Autor des Gedichtes „An die Tiroler“ haben wir auf abi-pur.de weitere 395 Gedichte veröffentlicht.

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