An meinen Bruder von Joseph von Eichendorff

Was Großes sich begeben,
Der Kön'ge Herrlichkeit,
Du sahst's mit freud'gem Beben,
Dir war's vergönnt, zu leben
In dieser Wunderzeit.
 
Und über diese Wogen
Kam hoch ein himmlisch Bild
Durchs stille Blau gezogen,
Traf mit dem Zauberbogen
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Dein Herz so fest und mild.
 
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O wunderbares Grauen,
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Zur selben Stund den Herrn
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Im Wetterleuchten schauen,
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Und über den stummen Gauen
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Schuldloser Liebe Stern!
 
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Und hat nun ausgerungen
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Mein Deutschland siegeswund:
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Was damals Lieb gesungen,
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Was Schwerter dir geklungen,
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Klingt fort im Herzensgrund.
 
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Laß bilden die Gewalten!
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Was davon himmlisch war,
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Kann nimmermehr veralten,
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Wird in der Brust gestalten
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Sich manches stille Jahr.
 
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Die Fesseln müssen springen,
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Ja, endlich macht sich's frei,
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Und Großes wird gelingen
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Durch Taten oder Singen,
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Vor Gott ist's einerlei.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.8 KB)

Details zum Gedicht „An meinen Bruder“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
122
Entstehungsjahr
1815
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An meinen Bruder“ wurde von Joseph von Eichendorff verfasst, einem der wichtigsten Vertreter der deutschen Romantik, der von 1788 bis 1857 lebte. Die zeitliche Einordnung am Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert bietet einen wichtigen Kontext für die Interpretation des Gedichts, das möglicherweise während oder nach den Befreiungskriegen gegen Napoleons Herrschaft in Europa geschrieben wurde.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht feierlich und voller Ehrfurcht. Das lyrische Ich scheint die Erlebnisse seines Bruders zu loben und zu bewundern, der in einer „Wunderzeit“ gelebt hat und wunderbare, erschreckende und kraftvolle Ereignisse miterlebt hat. Die Themen Erinnerung, Bewunderung und Verbundenheit stehen im Vordergrund.

In einfachen Worten handelt das Gedicht von einem Bruder, der als Augenzeuge großer geschichtlicher Ereignisse und Veränderungen dargestellt wird – eventuell die Befreiungskriege. Das lyrische Ich drückt Bewunderung und Neid für diese Erfahrungen aus, aber es betont auch die bleibende Bedeutung dieser Ereignisse als Inspiration für zukünftige Generationen und für das eigene Herz.

Die Form des Gedichts folgt einem gleichbleibenden Muster von fünf Versen pro Strophe, insgesamt sechs Strophen, was ihm eine gewisse strukturelle Stabilität und Rhythmus verleiht. Die Sprache ist feierlich und metaphorisch, oft mit religiösen und epochalen Bezügen. So sind Phrasen wie „der Kön'ge Herrlichkeit“, „hoch ein himmlisch Bild“ oder „schuldloser Liebe Stern“ typische Merkmale der poetischen Sprache von Eichendorff, die hier eine Verbindung von religiösem Pathos und heroischer Verehrung erzeugt.

Zusammenfassend ist „An meinen Bruder“ ein typisches romantisches Gedicht, das die persönliche Beziehung zwischen dem lyrischen Ich und seinem Bruder nutzt, um größere historische Themen anzusprechen und auf eine kraftvolle Weise Veränderung und Heldentum zu feiern. Es ist auch ein gutes Beispiel für Eichendorffs Fähigkeiten als Lyriker, der persönliche Gefühle, historische Ereignisse und religiöse Gefühle auf eine kraftvolle und beeindruckende Weise verbinden kann.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „An meinen Bruder“ ist Joseph von Eichendorff. Geboren wurde Eichendorff im Jahr 1788 . Das Gedicht ist im Jahr 1815 entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Bei dem Schriftsteller Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik war eine Epoche der europäischen Literatur, Kunst und Kultur. Sie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dauerte in der Literatur bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Romantik wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Welt, die sich durch die einsetzende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls bedeutende Auswirkungen auf die Romantik. Wesentliche Motive in der Lyrik der Romantik sind die Ferne und Sehnsucht sowie das Gefühl der Heimatlosigkeit. Andere Motive sind das Fernweh, das Nachtmotiv oder die Todessehnsucht. So symbolisierte die Nacht nicht nur die Dunkelheit, sondern auch das Mysteriöse, Geheimnisvolle und galt als Ursprung der Liebe. Typische Merkmale der Romantik sind die Hinwendung zur Natur, die Weltflucht oder der Rückzug in Traumwelten. Insbesondere ist aber auch die Idealisierung des Mittelalters aufzuzeigen. Kunst und Architektur des Mittelalters wurden von den Vertretern der Romantik wieder geschätzt. Die äußere Form von romantischer Literatur ist völlig offen. Kein festgesetztes Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 122 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 30 Versen. Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „Abschied“, „Antwort“ und „Auch ein Gedicht?“. Zum Autor des Gedichtes „An meinen Bruder“ haben wir auf abi-pur.de weitere 395 Gedichte veröffentlicht.

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