Vorbei von Joseph von Eichendorff

Das ist der alte Baum nicht mehr,
Der damals hier gestanden,
Auf dem ich gesessen im Blütenmeer
Über den sonnigen Landen.
 
Das ist der Wald nicht mehr, der sacht
Vom Berge rauschte nieder,
Wenn ich vom Liebchen ritt bei Nacht,
Das Herz voll neuer Lieder.
 
Das ist nicht mehr das tiefe Tal
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Mit den grasenden Rehen,
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In das wir nachts vieltausendmal
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Zusammen hinausgesehen.
 
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Es ist der Baum noch, Tal und Wald,
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Die Welt ist jung geblieben,
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Du aber wurdest seitdem alt,
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Vorbei ist das schöne Lieben.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Vorbei“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
86
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Bei dem Gedicht handelt es sich um „Vorbei“ von Joseph von Eichendorff, einem deutschen Lyriker und Schriftsteller der Romantik. Sein Werk entstand hauptsächlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Auf den ersten Blick handelt es sich um ein trauriges und nostalgisches Gedicht, in dem das lyrische Ich seine Erinnerungen und den Wandel der Zeit reflektiert.

In den ersten drei Strophen erzählt das lyrische Ich von vergangenen Momenten, die es an bestimmten Orten – einem alten Baum, einem rauschenden Wald und einem tiefen Tal – erlebt hat. Es spricht von Zeiten, in denen es in der Blütenpracht eines Baumes saß und den Blick auf „sonnige Landen“ genoss, von Nächten, in die es mit „Herz voll neuer Lieder“ zum Liebchen ritt und vom Ausblick in ein tiefes Tal mit grasenden Rehen, den es und sein Liebchen „nachts vieltausendmal zusammen hinausgesehen“ haben.

In der letzten Strophe wird der Wandel offenkundig. Obwohl Baum, Tal und Wald noch da sind und die Welt noch jung scheint, hat sich das lyrische Ich verändert. Es ist seit diesen Erinnerungen gealtert und die Zeiten der Liebe, die es einst erlebte, sind „vorbei“.

Mit seinen präzisen Naturbeschreibungen und der gefühlvollen Sprache verdeutlicht Eichendorff das Memento Mori-Motiv, also die Vergänglichkeit des Lebens und der Liebe, welche ein häufiges Thema in der Romantik ist.

Die Form des Gedichts ist klassisch: Es bestehen vier gleichlange Strophen mit je vier Versen. Eichendorff nutzt einen klaren, fließenden Rhythmus und Reimschema (Kreuzreim), der das Lesen des Gedichts angenehm macht.

Die Sprache ist bildreich und einprägsam, insbesondere durch die konkreten Beschreibungen der Natur und die Verwendung von Metaphern, beispielsweise die des „Blütenmeers“. Sie ist jedoch gleichzeitig einfach und verständlich, was zur allgemeinen Zugänglichkeit des Gedichts beiträgt. Diese Kombination aus struktureller Klarheit und sprachlicher Schönheit ist typisch für Eichendorffs Lyrik und verstärkt die emotionale Wirkung des Gedichts.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Vorbei“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joseph von Eichendorff. Der Autor Joseph von Eichendorff wurde 1788 geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1804 und 1857. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Bei Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine kulturgeschichtliche Epoche, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hineinreichte. Insbesondere in den Bereichen der Literatur, Musik oder der bildenden Kunst hatte diese Epoche umfangreiche Auswirkungen. Die Literaturepoche der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Schriftstellern der Romantik zuwider. Sie stellten sich in ihren Werken gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. Beispielsweise gilt die Blaue Blume als das zentrale Motiv der Romantik. Sie symbolisiert Sehnsucht und Liebe und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Romantik. Sie ist der Schauplatz für viele weitere Motive dieser Epoche: Vergänglichkeit, Tod und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über den Inhalt als auch über die Form des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die starren Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken ist zu beobachten.

Das 86 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere Werke des Dichters Joseph von Eichendorff sind „Auch ein Gedicht?“, „Der Isegrimm“ und „Der verliebte Reisende“. Zum Autor des Gedichtes „Vorbei“ haben wir auf abi-pur.de weitere 395 Gedichte veröffentlicht.

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