Bei einer Linde von Joseph von Eichendorff

Seh ich dich wieder, du geliebter Baum,
In dessen junge Triebe
Ich einst in jenes Frühlings schönstem Traum
Den Namen schnitt von meiner ersten Liebe?
 
Wie anders ist seitdem der Äste Bug,
Verwachsen und verschwunden
Im härtren Stamm der vielgeliebte Zug,
Wie ihre Liebe und die schönen Stunden!
 
Auch ich seitdem wuchs stille fort, wie du,
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Und nichts an mir wollt weilen,
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Doch meine Wunde wuchs - und wuchs nicht zu,
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Und wird wohl niemals mehr hienieden heilen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Bei einer Linde“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
78
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Bei einer Linde“ stammt von dem deutschen Dichter Joseph von Eichendorff, der von 1788 bis 1857 lebte. Dies platziert es in der Epoche der Romantik, einer Zeit, die oft durch ihre Betonung von Emotionen und Natur sowie ihre Flucht aus der industriellen Realität charakterisiert ist.

Auf den ersten Blick handelt es sich um eine melancholische Wiederbegegnung des lyrischen Ichs mit einem Baum, dem Symbol seiner vergangenen, ersten Liebe.

Inhaltlich begegnet das lyrische Ich seinem geliebten Baum, in dessen junge Triebe es einst den Namen seiner ersten Liebe schnitzte. Es bemerkt, wie sich der Baum im Laufe der Zeit verändert hat, wie der eingeschnittene Name verschwand, ähnlich wie seine erste Liebe und die glücklichen Zeiten, die sie zusammen hatten. Es reflektiert dann über sein eigenes Leben, das still weiterging, aber geprägt war von der nicht heilenden „Wunde“ des Verlustes dieser Liebe.

Das lyrische Ich drückt hier eine tiefe Traurigkeit und Nostalgie aus. Es fühlt sich mit dem Baum verbunden, beide haben sie gewachsen und sich verändert, beide tragen sie Spuren der Vergangenheit in sich. Doch während die Spuren im Baum mit der Zeit verschwunden sind, bleibt die seelische Wunde des lyrischen Ichs offen und unheilbar.

Die Form des Gedichts ist ein Drei-Strophen-Gedicht mit je vier Versen. Die Sprache ist relativ schlicht und direkt, was die emotionale Aussagekraft des Gedichts verstärkt. Es gibt eine Vielzahl von Vergleichen, die auf die Parallelen zwischen dem Ich und dem Baum hinweisen, sowie zahlreiche Wiederholungen („wuchs“), die den fortwährenden Prozess des Wachstums und der Veränderung unterstreichen.

Insgesamt vermittelt „Bei einer Linde“ eine starke Emotionalität und eine tiefe Verbundenheit mit der Natur, die beide charakteristisch für Eichendorffs dichterisches Werk und die Epoche der Romantik sind.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Bei einer Linde“ des Autors Joseph von Eichendorff. Im Jahr 1788 wurde Eichendorff geboren. Im Zeitraum zwischen 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Romantik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine Epoche der Kulturgeschichte, zeitlich anzusiedeln vom späten 18. Jahrhundert bis spät in das 19. Jahrhundert hinein. Auf die Literatur bezogen: von 1795 bis 1848. Sie hatte verschiedenste Auswirkungen auf Literatur, Kunst, Musik und Philosophie jener Zeit. Die Epoche wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Zeit der Romantik war für die Menschen in Europa von bedeutenden Umbrüchen geprägt. Die Französische Revolution (beginnend im Jahr 1789) zog weitreichende Folgen für ganz Europa nach sich. Auch der Fortschritt in Wissenschaft und Technik, der den Beginn des industriellen Zeitalters einläutete, verunsicherte die Menschen und prägte die Gesellschaft. In der Literatur der Romantik gilt das Mittelalter als das Ideal und wird verherrlicht. Die Kunst und Architektur der Zeit des Mittelalters werden geschätzt, gepflegt und gesammelt. Übel und Missstände dieser Zeit bleiben außen vor und scheinen bei den Schriftstellern in Vergessenheit geraten zu sein. So ist die Verklärung des Mittelalters ein zentrales Merkmal der Romantik. Außerdem sind die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur und die romantische Ironie weitere zentrale Merkmale dieser Epoche. Die grundsätzlichen Themen waren Seele, Gefühle, Individualität und Leidenschaft. In der Literatur wurden diese Themen unter anderem durch Motive der Sehnsucht, Todessehnsucht, Fernweh oder Einsamkeit in der Fremde manifestiert. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und gedanklicher Klarheit, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unbegrenzt. Dabei baut sie zwar auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das 78 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joseph von Eichendorff sind „Der Isegrimm“, „Der verliebte Reisende“ und „Die Heimat“. Zum Autor des Gedichtes „Bei einer Linde“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.

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