Abend von Joseph von Eichendorff

Gestürzt sind die goldnen Brücken
Und unten und oben so still!
Es will mir nichts mehr glücken,
Ich weiß nicht mehr, was ich will.
 
Von üppig blühenden Schmerzen
Rauscht eine Wildnis im Grund,
Da spielt wie in wahnsinnigen Scherzen
Das Herz an dem schwindligen Schlund.
 
Die Felsen möchte ich packen
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Vor Zorn und Wehe und Lust,
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Und unter den brechenden Zacken
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Begraben die wilde Brust.
 
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Da kommt der Frühling gegangen,
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Wie ein Spielmann aus alter Zeit,
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Und singt von uraltem Verlangen
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So treu durch die Einsamkeit.
 
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Und über mir Lerchenlieder
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Und unter mir Blumen bunt,
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So werf ich im Grase mich nieder
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Und weine aus Herzensgrund.
 
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Da fühl ich ein tiefes Entzücken,
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Nun weiß ich wohl, was ich will,
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Es bauen sich andere Brücken,
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Das Herz wird auf einmal still.
 
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Der Abend streut rosige Flocken,
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Verhüllet die Erde nun ganz,
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Und durch des Schlummernden Locken
28 
Ziehn Sterne den heiligen Kranz.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.3 KB)

Details zum Gedicht „Abend“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
150
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das behandelte Gedicht stammt von dem romantischen Dichter Joseph von Eichendorff und kann zeitlich in das 19. Jahrhundert eingeordnet werden.

Auf den ersten Eindruck macht das Gedicht einen stark emotionalen Eindruck und erweckt Assoziationen an innere Kämpfe, Konflikte und sehnsuchtsvolle Träume. Es scheint, dass das lyrische Ich in sich selbst gefangen ist und mit Problemen kämpft, die nicht leicht zu überwinden sind.

Das Gedicht handelt von dem inneren Ringen und der schmerzvollen Sehnsucht des lyrischen Ichs. In den Anfangsversen des Gedichts gibt es den Eindruck, dass das lyrische Ich in einer emotionalen Krise steckt und sich ratlos und verzweifelt fühlt. In den folgenden Versen nimmt die innere Unruhe des lyrischen Ichs zu und wird mit Expressivität und Intensität dargestellt. Die genaue Natur seiner Sehnsucht wird nicht explizit genannt, aber der Einsatz bildhafter Metaphern und starken Emotionen vermittelt deutlich die Qual und das Leid des lyrischen Ichs. Diese Phase der inneren Unruhe und Konflikte findet jedoch ein Ende, als der Frühling kommt mit Anzeichen der Hoffnung und Erneuerung. Dieser Übergang scheint das lyrische Ich zu trösten und es findet eine Art von Lösung oder Akzeptanz für seine Probleme und emotionale Qual. Die letzte Strophe des Gedichts endet auf einer Krönung mit dem symbolischen Bild des heiligen Kranzes, was eine Art von Erlösung oder Triumph über das persönliche Leid darzustellen scheint.

In Bezug auf die Form und Sprache des Gedichts sind die Verwendung von Metaphern und bildhafter Sprache sehr ausgeprägt. Es ist bemerkenswert, wie Eichendorff die inneren Gefühle des lyrischen Ichs darstellt, indem er Naturbilder und starke, ausdrucksstarke Metaphern benutzt. Die Zeilenstruktur und das Reimschema sind traditionell und verleihen dem Gedicht eine feste Struktur und einen melodischen Klang. Die Sprache des Gedichts ist sehr ausdrucksstark und reich an Emotionen, und obwohl die innere Krise des lyrischen Ichs im Mittelpunkt steht, gibt es auch helle und hoffnungsvolle Momente, die einen starken Kontrast zu den dunkleren und schmerzhafteren Abschnitten des Gedichts bilden. Das gesamte Gedicht ist von einer starken persönlichen und emotionalen Intensität geprägt, die das innere Leid und die Sehnsucht des lyrischen Ichs eindrucksvoll zum Ausdruck bringt.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Abend“ ist Joseph von Eichendorff. Geboren wurde Eichendorff im Jahr 1788 . Zwischen den Jahren 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Als Romantik wird die Epoche der Kunstgeschichte bezeichnet, deren Ausprägungen sich sowohl in der Literatur, Kunst und Musik als auch in der Philosophie niederschlugen. Die Epoche der Romantik lässt sich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert verorten. Die literarische Romantik kann darauf aufbauend etwa auf die Jahre 1795 bis 1848 datiert werden. Die Literaturepoche der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Die Welt, die sich durch die beginnende Verstädterung und Industrialisierung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls Auswirkungen auf die Romantik. Als Merkmale der Romantik sind die Verklärung des Mittelalters, die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen zu benennen. Bedeutende Symbole der Romantik sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und gedanklicher Klarheit, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unendlich. Dabei baut sie zwar auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.

Das Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 150 Worte. Weitere Werke des Dichters Joseph von Eichendorff sind „Die Heimat“, „In Danzig“ und „Kurze Fahrt“. Zum Autor des Gedichtes „Abend“ haben wir auf abi-pur.de weitere 395 Gedichte veröffentlicht.

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