Der Schiffer von Joseph von Eichendorff

Die Lüfte linde fächeln,
Aus stillen Meeres Schaum
Sirenen tauchend lächeln,
Der Schiffer liegt im Traum.
 
Da faßt der Sturm die Wellen,
Durchwühlt die Einsamkeit:
Wacht auf, ihr Traumgesellen,
Nun ist's nicht Schlafenszeit!
 
In jenen stillen Tagen
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Wie war ich stolz und klug,
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In sichern Glücks Behagen
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Mir selber gut genug.
 
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Du hast das Glück zerschlagen;
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Nimm wieder, was du gabst,
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Ich schweig und will nicht klagen,
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Jetzt weiß ich, wie du labst.
 
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Das sind die mächt'gen Stürme,
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Die wecken, was da ruht,
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Es sinken Land und Türme
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Allmählich in die Flut.
 
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Kein Meerweib will sich zeigen,
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Kein Laut mehr langt zu mir,
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Und in dem weiten Schweigen
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Steh ich allein mit dir.
 
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O führe an den Riffen
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Allmächtig deine Hand,
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Wohin wir alle schiffen,
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Uns zu dem Heimatstrand!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.3 KB)

Details zum Gedicht „Der Schiffer“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
129
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Schiffer“ wurde von Joseph von Eichendorff verfasst, einem der wichtigsten Lyriker der deutschen Romantik, geboren am 10. März 1788 und gestorben am 26. November 1857. Daraus ergibt sich eine zeitliche Einordnung in das 19. Jahrhundert.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht wie eine Erzählung eines Seemannslebens, in dem sich Ruhe und Stürme abwechseln. Dabei wird die Metapher des Meeres, als Synonym für das Leben, häufig verwendet. Diese ruhige, beinahe träumerische Atmosphäre wechselt mit plötzlich auftretenden Stürmen, die Unruhe und Bewegung in das Geschehen bringen.

Im Mittelpunkt des Gedichts steht das lyrische Ich - der Schiffer. In den ersten beiden Strophen wird das ruhige Dasein auf See dargestellt, welches durch das Erwachen eines Sturms unterbrochen wird. Die nächsten beiden Strophen beschäftigen sich mit der Reflektion des lyrischen Ichs. Es denkt über die vergangenen Zeiten des Glücks und der Selbstzufriedenheit nach und wie all dies durch den Sturm zerschlagen wurde. In der fünften Strophe wird auf das Zerstörungspotential des Sturms eingegangen. Daran schließt sich eine Darstellung der Einsamkeit und des Schweigens nach dem Sturm an. Die siebte und letzte Strophe manifestiert die Bitte, sicher durch das Riff geführt zu werden und wieder den Heimatstrand zu erreichen.

Die Form des Gedichts ist geprägt durch gleichbleibende Vierzeiler, was die Kontinuität des Meeres und der Schifffahrt darstellt. Die Sprache ist schlicht und verständlich, allerdings mit tieferem Sinngehalt. Mit der Verwendung von Metaphern wie dem Meer und dem Sturm verdeutlicht Eichendorff Aspekte des Lebens, wie Zufriedenheit, Wandel, Herausforderungen und Einsamkeit. Dabei wird das Meer als Bild für das Leben und der Sturm als Symbol für plötzliche, ungeplante Veränderungen benutzt.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass „Der Schiffer“ von Joseph von Eichendorff eine Allegorie auf das Leben darstellt, in dem Ruhe und Stürme, Glück und Verlust, Selbstzufriedenheit und Herausforderung aufeinandertreffen. Gleichzeitig ist es ein Appell an höhere Mächte, sicher durch das turbulente Leben zu führen und letztlich den sicheren „Heimatstrand“ zu erreichen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der Schiffer“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joseph von Eichendorff. Im Jahr 1788 wurde Eichendorff geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1804 und 1857. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in das 19. Jahrhundert hinein dauerte die kulturgeschichtliche Epoche der Romantik an. Ihre Auswirkungen waren in der Literatur, der Kunst aber auch der Philosophie und Musik spürbar. Die Literaturepoche der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Zu großen gesellschaftlichen Umbrüchen führte die Industrialisierung. Die neue Maschinenwelt förderte Verstädterung und Landflucht. Die zuvor empfundene Geborgenheit war für die Schriftsteller der Romantik in Auflösung begriffen. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. So gilt beispielsweise die Blaue Blume als das zentrale Motiv der Romantik. Sie symbolisiert Sehnsucht und Liebe und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Literatur der Romantik. Sie ist der Schauplatz für viele weitere Motive dieser Epoche: Vergänglichkeit, Tod und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über den Inhalt als auch über die Form des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die starren Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken fällt auf.

Das 129 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „Auch ein Gedicht?“, „Der Isegrimm“ und „Der verliebte Reisende“. Zum Autor des Gedichtes „Der Schiffer“ haben wir auf abi-pur.de weitere 395 Gedichte veröffentlicht.

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