Morgendämmerung von Joseph von Eichendorff
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Es ist ein still Erwarten in den Bäumen, |
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Die Nachtigallen in den Büschen schlagen |
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In irren Klagen, können's doch nicht sagen, |
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Die Schmerzen all und Wonne, halb in Träumen. |
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Die Lerche auch will nicht die Zeit versäumen, |
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Da solches Schallen bringt die Luft getragen, |
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Schwingt sich vom Tal, eh's noch beginnt zu tagen, |
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Im ersten Strahl die Flügel sich zu säumen. |
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Ich aber stand schon lange in dem Garten |
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Und bin ins stille Feld hinausgegangen, |
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Wo leis die Ähren an zu wogen fingen. |
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O fromme Vöglein, ihr und ich, wir warten |
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Aufs frohe Licht, da ist uns vor Verlangen |
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Bei stiller Nacht erwacht so sehnend Singen. |
Details zum Gedicht „Morgendämmerung“
Joseph von Eichendorff
4
14
106
1788 - 1857
Romantik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Morgendämmerung“ wurde von Joseph von Eichendorff geschrieben, einem bedeutenden Lyriker der deutschen Romantik, der von 1788 bis 1857 lebte. Stil und Sprache orientieren sich an typischen Merkmalen der Romantik (um 1800 bis 1850), wie der hohen Wertschätzung der Natur, dem Aufgreifen von Stimmungen und Gefühlen sowie der Verwendung symbolträchtiger Bilder.
Das Gedicht hinterlässt auf den ersten Eindruck eine erwartungsvolle und gleichzeitig träumerische Stimmung. Es scheint einen Übergang von der Nacht zum Tag darzustellen und dabei sowohl Momente des Wartens als auch des Aktivwerdens zu erfassen.
In Bezug auf den Inhalt lässt sich festhalten, dass das lyrische Ich die still erwachende Natur im Morgengrauen beschreibt. In der ersten Strophe wird die Atmosphäre erwartungsvoller Stille durch das Bild der Bäume und die Nachtigallen skizziert, die ihre Lieder singen, obgleich sie ihr ganzes Empfinden nur unvollständig ausdrücken können. In der zweiten Strophe nimmt die Lerche als Symbol des beginnenden Tages eine aktive Rolle ein und beginnt zu fliegen, noch bevor es ganz hell ist. In den letzten beiden Strophen setzt das lyrische Ich sich selbst in Beziehung zur Natur: Es steht lange im Garten, geht ins stille Feld hinaus und wartet zusammen mit den Vögeln auf das „frohe Licht“.
Die Aussage des Gedichts liegt in der Darstellung der durch das Morgenerwachen hervorgerufenen Gefühle, Herzschmerz und wonne werden in einem Atemzug genannt, was beides als Aspekte des Lebens betont. Das lyrische Ich scheint sich in dem natürlichen Tagesablauf wiederzufinden und sieht sich selbst als Teil davon. Dabei kommt eine gewisse Sehnsucht nach dem Licht, also nach dem Erlebnis und der Fülle des Lebens zum Ausdruck.
In Form und Sprache folgt Eichendorff den Konventionen der romantischen Lyrik. Besonders zu beachten ist der vielfältige Gebrauch von bildhafter Sprache, durch die die Natur nicht nur beschrieben, sondern emotional aufgeladen und teils vermenschlicht dargestellt wird. Er verwendet einen regelmäßigen Versbau, was das liederhafte Element dieses Gedichts unterstreicht. Dabei erzeugt der Wechsel zwischen vier- und dreihebigen Jamben ein rhythmisches Auf und Ab, das die Dynamik des Morgenerwachens widerspiegelt. Zuletzt ist zu erwähnen, dass sich die Reimstruktur durch das gesamte Gedicht zieht, was zu einer gefühlten Harmonie und Geschlossenheit beiträgt.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Morgendämmerung“ des Autors Joseph von Eichendorff. 1788 wurde Eichendorff geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1804 und 1857. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Romantik ist eine Epoche der Kulturgeschichte, zeitlich anzusiedeln vom späten 18. Jahrhundert bis spät in das 19. Jahrhundert hinein. Auf die Literatur bezogen: von 1795 bis 1848. Sie hatte Auswirkungen auf Literatur, Musik, Philosophie und Kunst jener Zeit. Die Literaturepoche wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Schriftstellern der Romantik zuwider. Sie stellten sich in ihren Werken gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. Als Merkmale der Romantik sind die Verklärung des Mittelalters, die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen aufzuführen. Wichtige Symbole der Romantik sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Strebte die Klassik nach harmonischer Vollendung und gedanklicher Klarheit, so ist die Romantik von einer an den Barock erinnernden Maß- und Regellosigkeit geprägt. Die Romantik begreift die schöpferische Phantasie des Künstlers als unbegrenzt. Zwar baut sie dabei auf die Errungenschaften der Klassik auf. Deren Ziele und Regeln möchte sie aber hinter sich lassen.
Das 106 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere Werke des Dichters Joseph von Eichendorff sind „Der verliebte Reisende“, „Die Heimat“ und „In Danzig“. Zum Autor des Gedichtes „Morgendämmerung“ haben wir auf abi-pur.de weitere 395 Gedichte veröffentlicht.
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