Der stille Grund von Joseph von Eichendorff
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Der Mondenschein verwirret |
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Die Täler weit und breit, |
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Die Bächlein, wie verirret, |
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Gehn durch die Einsamkeit. |
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Da drüben sah ich stehen |
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Den Wald auf steiler Höh, |
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Die finstern Tannen sehen |
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In einen tiefen See. |
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Ein Kahn wohl sah ich ragen, |
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Doch niemand, der es lenkt, |
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Das Ruder war zerschlagen, |
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Das Schifflein halb versenkt. |
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Eine Nixe auf dem Steine |
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Flocht dort ihr goldnes Haar, |
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Sie meint' sie wär alleine, |
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Und sang so wunderbar. |
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Sie sang und sang, in den Bäumen |
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Und Quellen rauscht' es sacht |
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Und flüsterte wie in Träumen |
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Die mondbeglänzte Nacht. |
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Ich aber stand erschrocken, |
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Denn über Wald und Kluft |
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Klangen die Morgenglocken |
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Schon ferne durch die Luft. |
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Und hätt ich nicht vernommen |
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Den Klang zu guter Stund, |
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Wär nimmermehr gekommen |
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Aus diesem stillen Grund. |
Details zum Gedicht „Der stille Grund“
Joseph von Eichendorff
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126
1788 - 1857
Romantik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Der stille Grund“ stammt von Joseph von Eichendorff, der von 1788 bis 1857 gelebt hat, und gehört somit zur Epoche der Romantik.
Das lyrische Ich erzählt im Gedicht von einer nächtlichen, von Mondlicht durchfluteten Landschaft, in der sich Täler und Bäche verlieren. Es beobachtet einen tiefen Wald, einen See und ein verlassenes, fast versunkenes Boot. Inmitten dieser Szenerie sitzt eine Nixe auf einem Stein, die ihr goldenes Haar flechtet und ein Lied anstimmt, dass die nächtliche Stimmung unterstreicht. Die durch das Singen der Nixe und das nächtliche Rauschen der Quellen und Bäume verstärkte surreale Atmosphäre wird jäh durch das Läuten von Morgenglocken unterbrochen.
Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht durch seine Naturbilder und die mystische Figur der Nixe sehr romantisch. Jedoch wird gleichzeitig eine unheimliche, mysteriöse Stimmung erzeugt, die in der Besorgnis des lyrischen Ichs gipfelt.
Formal besteht das Gedicht aus sieben vierzeiligen Strophen mit einem regelmäßigen Reimschema AABB, was eine harmonische und ruhige Stimmung erzeugt. Die Sprache ist bildreich und suggestiv und erschafft durch den Einsatz von Adjektiven und Metaphern ein dichtes, sinnliches Bild der Landschaft und ihrer Atmosphäre. Der Wechsel von beobachtenden und erlebenden Passagen unterstützt dies.
Interpretierend lässt sich sagen, dass der Text typische Merkmale der Romantik aufweist: Die Verklärung der Natur, die mystische Begegnung und der Wechsel zwischen Tag und Nacht. Es entsteht der Eindruck, dass das lyrische Ich sich in einer Art Traumwelt befindet und durch das Läuten der Glocken in die Realität zurückgerufen wird. Dies könnte eine Sehnsucht nach Flucht aus der Realität und ein Streben nach dem Unbekannten und Magischen, wie es in der Romantik häufig ist, ausdrücken.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Der stille Grund“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joseph von Eichendorff. Der Autor Joseph von Eichendorff wurde 1788 geboren. Zwischen den Jahren 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Romantik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Die Romantik ist eine Epoche der Kunstgeschichte, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert hinein die Literatur, Musik, Kunst und Philosophie prägte. Auf die Literatur beschränkt betrachtet reichen die Auswirkungen der Romantik lediglich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hinein. Die Romantik kann in drei Phasen aufgegliedert werden: Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). Die Epoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. In ganz Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichzeitig bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Technologischer Fortschritt und Industrialisierung sind prägend für diese Zeit. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. So gilt beispielsweise die Blaue Blume als das zentrale Motiv der Romantik. Sie symbolisiert Liebe und Sehnsucht und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Romantik. Sie ist der Schauplatz für viele weitere Motive dieser Epoche: Tod, Vergänglichkeit und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über den Inhalt als auch über die Form des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die festen Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken ist zu beobachten.
Das 126 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joseph von Eichendorff sind „Auch ein Gedicht?“, „Der Isegrimm“ und „Der verliebte Reisende“. Zum Autor des Gedichtes „Der stille Grund“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.
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