Die deutsche Jungfrau von Joseph von Eichendorff

Es stand ein Fräulein auf dem Schloß,
Erschlagen war im Streit ihr Roß,
Schnob wie ein See die finstre Nacht,
Wollt überschrein die wilde Schlacht.
 
Im Tal die Brüder lagen tot,
Es brannt die Burg so blutigrot,
In Lohen stand sie auf der Wand,
Hielt hoch die Fahne in der Hand.
 
Da kam ein röm'scher Rittersmann,
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Der ritt keck an die Burg hinan,
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Es blitzt' sein Helm gar mannigfach,
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Der schöne Ritter also sprach:
 
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»Jungfrau, komm in die Arme mein!
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Sollst deines Siegers Herrin sein.
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Will baun dir einen Palast schön,
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In prächt'gen Kleidern sollst du gehn.
 
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Es tun dein Augen mir Gewalt,
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Kann nicht mehr fort aus diesem Wald,
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Aus wilder Flammen Spiel und Graus
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Trag ich mir meine Braut nach Haus!«
 
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Der Ritter ließ sein weißes Roß,
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Stieg durch den Brand hinauf ins Schloß,
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Viel Knecht ihm waren da zur Hand,
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Zu holen das Fräulein von der Wand.
 
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Das Fräulein stieß die Knecht hinab,
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Den Liebsten auch ins heiße Grab,
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Sie selber dann in die Flamme sprang,
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Über ihnen die Burg zusammensank.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.3 KB)

Details zum Gedicht „Die deutsche Jungfrau“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
174
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Joseph von Eichendorff, geboren am 10. März 1788 und gestorben am 26. November 1857. Er zählt zu den bedeutendsten Lyrikern der deutschen Romantik, was eine zeitliche Einordnung in das 19. Jahrhundert nahelegt.

Auf den ersten Blick ist das Gedicht durch die dunkle und dramatische Atmosphäre geprägt. Krieg, Tod und Verlust scheinen im Vordergrund zu stehen.

Im Inhalt geht es um ein Fräulein, dessen Roß im Krieg getötet wurde und deren Brüder tot im Tal liegen. Sie steht in der brennenden Burg und hält eine Fahne in der Hand. Ein römischer Rittersmann versucht, sie für sich zu gewinnen und verspricht ihr Pracht und Luxus. Er erklärt, dass er sich durch den Wald und das Feuer kämpfen will, um sie zu seiner Braut zu machen. Als der Ritter und seine Knechte versuchen, sie von der Wand zu holen, stößt das Fräulein sie ab und springt selbst ins Feuer.

Das lyrische Ich scheint eine symbolische Darstellung der „deutschen Jungfrau“ zu sein und stellt ihre standhafte und mutige Haltung dar, die sich nicht durch materielle Angebote und äußere Schönheit lenken lässt. Sie bleibt sogar in Anbetracht des Todes standhaft und selbstbestimmt.

Das Gedicht hat eine klar strukturierte Form mit sieben vierzeiligen Strophen. Die Sprache ist bildlich und erzählend, mit einer Betonung auf den kraftvollen und emotional aufgeladenen Szenen des Konflikts und der heldenhaften Entscheidung des Fräuleins.

Insgesamt interpretiere ich das Gedicht als eine Allegorie auf das Ideal der Nationalromantik, die standhafte und unabhängige Haltung des deutschen Volkes zu symbolisieren und dabei auf seine Kultur und Traditionen zu bestehen, selbst im Angesicht der Zerstörung und des Todes.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Die deutsche Jungfrau“ ist Joseph von Eichendorff. Der Autor Joseph von Eichendorff wurde 1788 geboren. Zwischen den Jahren 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine Epoche der Kulturgeschichte, zeitlich anzusiedeln vom späten 18. Jahrhundert bis tief in das 19. Jahrhundert hinein. Auf die Literatur bezogen: von 1795 bis 1848. Sie hatte umfangreiche Auswirkungen auf Literatur, Musik, Philosophie und Kunst jener Zeit. Die Romantik kann in drei Phasen aufgegliedert werden: Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). Die Epoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. In ganz Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichermaßen bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Industrialisierung und technologischer Fortschritt sind prägend für diese Zeit. Als Merkmale der Literatur der Romantik sind die Weltflucht, die Verklärung des Mittelalters, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen zu benennen. Wichtige Symbole sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Die äußere Form von romantischer Dichtung ist dabei völlig offen. Kein festgesetztes Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 174 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 28 Versen. Die Gedichte „Abschied“, „Antwort“ und „Auch ein Gedicht?“ sind weitere Werke des Autors Joseph von Eichendorff. Zum Autor des Gedichtes „Die deutsche Jungfrau“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.

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