Der verspätete Wandrer von Joseph von Eichendorff

Wo aber werd ich sein im künftgen Lenze?
So frug ich sonst wohl, wenn beim Hüteschwingen
ins Tal wir ließen unser Lied erklingen,
denn jeder Wipfel bot mir frische Kränze.
 
Ich wußte nur, daß rings der Frühling glänze,
daß nach dem Meer die Ströme leuchtend gingen,
von fernem Wunderland die Vögel singen,
da hatt das Morgenrot noch keine Grenze.
 
Jetzt aber wirds schon Abend, alle Lieben
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sind wandermüde längst zurückgeblieben,
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die Nachtlust rauscht durch meine welken Kränze,
 
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und heimwärts rufen mich die Abendglocken,
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und in der Einsamkeit frag ich erschrocken:
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Wo werd ich wohl sein im künftgen Lenze?
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Der verspätete Wandrer“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
98
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Der Titel „Der verspätete Wanderer“ von Joseph von Eichendorff handelt vom lyrischen Ich, das sich auf seiner Wanderung verzettelt hat und die anderen Wanderer hinter sich gelassen hat. Es beschreibt, wie es über die schönen Dinge wie das Meer, die Ströme, die Vögel und das Morgenrot sinniert, doch der Abend und die Glocke rufen es nach Hause. Es fragt sich, wo es in den kommenden Lenzen sein wird.

Der Gedichttext beginnt mit der Zeile „Wo aber werd ich sein im künftgen Lenze?“, die auch das Gedicht-Thema und die Frage formuliert, mit der sich das lyrische Ich auseinandersetzt. Anfänglich ist das lyrische Ich noch voller Hoffnung und betrachtet die Umgebung mit Neugier und Freude - die Wipfel bieten dem lyrischen Ich „frische Kränze“ und der Frühling „glänzt rings“. Dann wird das lyrische Ich von der Abenddämmerung eingeholt, die anderen Wanderer sind längst zurückgeblieben und die Einsamkeit macht sich bemerkbar. Das lyrische Ich fragt sich nun verzagt, wo es im kommenden Lenzen (Frühjahr) sein wird.

Joseph von Eichendorff spricht hier auch über die Vergänglichkeit des Lebens und den Wunsch, die kommenden Jahre zu überleben. Er stellt die Frage, wie wir unser Leben gestalten möchten, ob wir uns der Vergänglichkeit bewusst sind und wie wir mit dieser umgehen. Das lyrische Ich fragt sich, wohin es gehen soll, das Unbekannte übt eine große Faszination aus, aber auch die Rückkehr heimwärts hat ihren Reiz.

Außerdem stellt das Gedicht einen Vergleich zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart des lyrischen Ichs auf. Durch die Erwähnung der „welken Kränze“ werden die Vergänglichkeit und die Veränderungen betont.

Insgesamt bringt Joseph von Eichendorff mit seinem Gedicht „Der verspätete Wandrer“ die Einsamkeit und Vergänglichkeit des Lebens zur Sprache und macht uns darauf aufmerksam, dass jeder Tag besonders ist und man jeden Moment genießen sollte.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Der verspätete Wandrer“ ist Joseph von Eichendorff. Eichendorff wurde im Jahr 1788 geboren. Im Zeitraum zwischen 1804 und 1857 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik war eine Epoche der europäischen Literatur, Kunst und Kultur. Sie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dauerte in der Literatur bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Romantik kann in drei Phasen aufgegliedert werden: Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). Die Welt, die sich durch die einsetzende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls Auswirkungen auf die Romantik. Wesentliche Motive in der Lyrik der Romantik sind die Ferne und Sehnsucht sowie das Gefühl der Heimatlosigkeit. Andere Motive sind das Fernweh, die Todessehnsucht oder das Nachtmotiv. So symbolisierte die Nacht nicht nur die Dunkelheit, sondern auch das Geheimnisvolle, Mysteriöse und galt als Ursprung der Liebe. Typische Merkmale der Romantik sind die Hinwendung zur Natur, die Weltflucht oder der Rückzug in Traumwelten. Insbesondere ist aber auch die Idealisierung des Mittelalters aufzuzeigen. Kunst und Architektur des Mittelalters wurden von den Romantikern wieder geschätzt. Die äußere Form von romantischer Literatur ist dabei völlig offen. Kein starres Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 98 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Joseph von Eichendorff ist auch der Autor für Gedichte wie „Lied“, „Mondnacht“ und „Morgengebet“. Zum Autor des Gedichtes „Der verspätete Wandrer“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 395 Gedichte vor.

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