Buß-Lied von Andreas Gryphius
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Weh mir! mein sterbend Hertz/ |
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Vergeht in heissem Schmertz |
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Die scharffe Gifft der Sünden/ |
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Greifft schon die Geister an/ |
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Wer ist der retten kan? |
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Ich muß in Angst verschwinden. |
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2. |
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Der angesteckte Muth |
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Schmacht in der Laster-Gluth |
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Die Kräffte sind zerronnen; |
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Wie auff der Gipffel Höh/ |
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Der auffgetaute Schnee |
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Schmeltzt in dem Strahl der Sonnen. |
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3. |
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Es ist um mich geschehn |
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Ich muß den Abgrund sehn |
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Und in die Grufft versincken! |
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Doch kanst du höchster GOTT |
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Abwenden meine Noth |
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Nur durch ein einig Wincken. |
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4. |
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Ach Vater schaff in mir |
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Ein Hertz das einig dir |
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Mög unbefleckt gefallen |
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Das rein von Missethat |
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Sich müh nach deinem Rath |
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Auf rechter Bahn zu wallen. |
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5. |
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Laß den gewissen Geist/ |
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Der GOTT und Lehrer heist |
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Die Seele gantz erneuen: |
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Daß ich mich mög in dir/ |
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Weil dieser Trost in mir |
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Nach höchster Angst erfreuen. |
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6. |
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Stoß Vater stoß mich nicht |
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Von deinem Angesicht; |
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Ach heiß von mir nicht scheiden |
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Die mehr denn heilge Krafft/ |
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Die Schutz und Stärcke schafft |
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Auch in dem grimsten Leiden! |
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7. |
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Hier sitz ich sonder Rath |
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Versetzt durch Missethat |
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In grause Bangigkeiten. |
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Kein Freund fragt mehr nach mir |
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Mein Heyland ach! ich spür |
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Des Todes Bitterkeiten. |
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8. |
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Der Feind höhnt und verlacht |
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Mich/ nun ich sonder Macht |
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Gantz hülffloß untergehe. |
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Hier beut mir niemand Hand |
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Weil ich in Kett und Band |
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Durchaus verlassen stehe. |
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9. |
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Mein Vater schau mich an |
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Du bist der trösten kan/ |
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Wenn aller Trost verschwunden. |
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Ich hab in höchster Noth/ |
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Ja mitten in dem Todt |
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Stets hülffreich dich befunden. |
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10. |
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Dein freudenreicher Geist |
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Der uns nicht zagen heist |
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Der Sinn und Krafft erwecket |
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Durch den man herrlich siegt |
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Wenn uns die Welt bekriegt |
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Und Höll und Teuffel schrecket. |
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11. |
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Der Geist der Brunn der Güt |
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Der stärcke mein Gemüth |
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Und leite meine Sinnen |
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Durch Ihn wil ich die Cron |
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Den höchsten Gnaden-Lohn |
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In jener Welt gewinnen. |
Details zum Gedicht „Buß-Lied“
Andreas Gryphius
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77
301
1616 - 1664
Barock
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Buß-Lied“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Andreas Gryphius. Geboren wurde Gryphius im Jahr 1616 in Glogau. Zwischen den Jahren 1632 und 1664 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Barock kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Gryphius ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Der die Jahre 1600 bis 1720 umfassende Zeitraum gilt als Epoche der Barockliteratur, die sich im deutschen Sprachraum während und nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) entfaltete. Als Epochenbezeichnung wird das aus dem Portugiesischen stammende Wort „Barock“ erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts genutzt. Das Zeitalter des Barocks wurde durch den Dreißigjährigen Krieg stark beeinflusst – Hunger, Seuchen, Vergewaltigung und Tod sorgten für großes Leid bei den Menschen in Europa. So verkleinerte sich die Bevölkerung im Deutschen Reich von ca. 28 Millionen im Jahr 1615 auf 11 Millionen Menschen am Ende des Krieges im Jahr 1648. Die Erfahrungen mit dem Krieg und seinen dramatischen Folgen spiegeln sich in einem gegensätzlichen (antithetischen) Weltbild wider. Dies entspricht der damaligen Lebenswirklichkeit der Menschen: Das Leben der einfachen Bevölkerung war beeinflusst von Pessimismus und bitterer Armut, während an den Fürstenhöfen nach dem Vorbild des französischen Absolutismus Luxus und Verschwendung herrschten. In der Dichtung wird die Nutzung solcher inhaltlichen Gegensätze als Antithetik bezeichnet. Diese Gegensätzlichkeiten lassen sich bei den Motiven des Barocks finden. Unter den Literaturgattungen erlebten die Lyrik in Form von Sonetten, Liedern oder Oden, die Epik in Form des Romans und das Drama einen Aufschwung. Während die Dichter der Renaissance vorwiegend in lateinischer Sprache, der Sprache der Wissenschaft, schrieben, war man nun bestrebt, sich dem Deutschen zuzuwenden. Zu den bekanntesten Schriftstellern des Barocks gehören: Grimmelshausen, Andreas Gryphius, Casper von Lohenstein, Martin Opitz, Caspar Ziegler und Paul Fleming.
Das vorliegende Gedicht umfasst 301 Wörter. Es baut sich aus 11 Strophen auf und besteht aus 77 Versen. Der Dichter Andreas Gryphius ist auch der Autor für Gedichte wie „An Gott den Heiligen Geist“, „An Gott den Heiligen Geist“ und „An H. Christoph von Dihr“. Zum Autor des Gedichtes „Buß-Lied“ haben wir auf abi-pur.de weitere 461 Gedichte veröffentlicht.
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