Das Letzte Gerichte von Andreas Gryphius
1 |
AVff Todten! auff! die Welt verkracht in letztem Brande! |
2 |
Der Sternen Heer vergeht! der Mond ist dunckel-rott / |
3 |
Die Sonn’ ohn allen Schein! Auff / ihr die Grab vnd Kott |
4 |
Auff! ihr die Erd vnd See vnd Hellen hilt zu pfande! |
5 |
Ihr die ihr / lebt komm’t an: der HErr / der vor in Schande |
6 |
Sich richten ließ / erscheint / vor Ihm laufft Flamm’ vnd Roth |
7 |
Bey Ihm steht Majestätt / nach ihm / folgt Blitz vnd Tod / |
8 |
Vmb ihn / mehr Cherubim als Sand an Pontus Strande. |
9 |
Wie lieblich spricht Er an / die seine Recht’ erkohren. |
10 |
Wie schrecklich donnert Er / auff diese / die verlohren |
11 |
Vnwiderrufflich Wort / kommt Freunde / Feinde fliht! |
12 |
Der Himmel schleußt sich auff! O GOtt! welch frölich scheiden! |
13 |
Die Erden reist entzwey. Welch Weh / welch schrecklich Leiden. |
14 |
Weh / Weh dem / der verdamm’t: wol dem / der JEsum siht! |
Details zum Gedicht „Das Letzte Gerichte“
Andreas Gryphius
1
14
134
1658
Barock
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Das Letzte Gerichte“ stammt von Andreas Gryphius. Da Gryphius von 1616 bis 1664 lebte, fällt es in die Epoche des Barocks in der deutschen Literatur. Auf den ersten Eindruck handelt es sich um ein religiös getöntes Gedicht, mit einer sehr dramatischen und apokalyptischen Bildsprache.
Inhaltlich beschäftigt sich das Gedicht mit dem Jüngsten Gericht, das in der christlichen Eschatologie das Ende der Welt und die abschließende Urteilsverkündung Gottes über alle Menschen darstellt. Das lyrische Ich ruft die Toten dazu auf, aufzustehen, da die Welt in den letzten Zügen liegt: Sterne vergehen, Mond und Sonne sind dunkel. Alle, die im Meer, der Erde und der Hölle wurden, sollen aufstehen, ebenso wie die Lebenden. Gott, der sich einst richten ließ, erscheint nun und wird zum Richter. Gott ist von Majestät, Donner, Blitz und Tod umgeben, außerdem von mehr Engelwesen (Cherubim) als es Sand an einem Strand gibt. Er spricht sanft zu denen, die seinem Recht folgen, und streng zu denen, die verloren sind. Ein unwiderrufliches Wort wird gesprochen: „Kommt, Freunde, Feinde fliehen!“ Der Himmel öffnet sich und die Erde reißt auseinander, was Freude und gleichzeitig Schrecken hervorruft. Wehe dem, der verdammt ist, aber gesegnet ist der, der Jesus sieht.
Das Gedicht ist in einem jambischen Versmaß verfasst und besteht aus 14 Versen, es handelt sich also formal um ein Sonett. Es zeichnet sich durch seinen dramatischen, fast apokalyptischen Ton aus, seine Sprache ist sehr bilderreich und metaphorisch. Die Aufteilung der beiden Quartette und der beiden Terzette ist auffällig und typisch für ein Sonett, ebenso wie das Reimschema.
Die sprachliche Gestaltung passt zum Inhalt des Gedichtes: Es handelt sich um ein ernstes, tief religiöses Gedicht, das die Endzeit beschreibt und dabei Bilder von Zerstörung und Vernichtung verwendet. Es hat eine sehr bildliche und metaphorische Sprache, die die apokalyptischen Ereignisse eindrucksvoll und beklemmend darstellt. Es zeigt sowohl die Furcht vor dem Gericht und der Verdammnis, als auch die Freude und Erlösung für diejenigen, die „Jesus sehen“. Es lädt zur Besinnung, Reue und Umkehr ein.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Das Letzte Gerichte“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Andreas Gryphius. Der Autor Andreas Gryphius wurde 1616 in Glogau geboren. Im Jahr 1658 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Breßlau. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Barock zuordnen. Der Schriftsteller Gryphius ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Die Literaturepoche des 17. und 18. Jahrhunderts, die wir heute als Barock bezeichnen, leitet sich von dem portugiesischen Wort „barocco“ ab. Das portugiesische Wort stammt ursprünglich aus dem Juwelierhandwerk und heißt auf Deutsch „schiefrunde, unregelmäßige Perle“. Durch die Pest starben etwa 30 % der Bevölkerung. Auch der Dreißigjährige Krieg führte zu einem wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verfall in Deutschland. Trotzdem lebten die Fürsten einen luxuriösen und ausschweifenden Lebensstil vor. Sie nutzten das Durcheinander nach dem Krieg, um eine Neugliederung der Territorien vorzunehmen und ihre Macht auszubauen und zu festigen. Die Erfahrungen mit dem Krieg und seinen dramatischen Folgen spiegeln sich in einem gegensätzlichen (antithetischen) Weltbild wider. Dies entspricht der damaligen Lebenswirklichkeit der Menschen: Das Leben der einfachen Bevölkerung war beeinflusst von Armut und Pessimismus, während an den Fürstenhöfen nach dem Vorbild des französischen Absolutismus Luxus und Verschwendung herrschten. In der Dichtung wird die Nutzung solcher inhaltlichen Gegensätze als Antithetik bezeichnet. In der vorherigen Epoche (Renaissance) waren noch viele Werke auf Lateinisch veröffentlicht worden. Mit dem Barock begann jedoch die Zeit der in deutscher Sprache verfassten Literatur. Im Zeitalter des Barocks war der überwiegende Teil der Literatur Gelegenheitsdichtung. Man schrieb zur gehobenen Unterhaltung oder bei Hofe zur Huldigung der Fürsten. Für den wohlhabenden Bürger schrieben Dichter zum Anlass von Beerdigungen, Taufen oder Hochzeiten. Die Dichtung der Literaturepoche des Barocks wird daher auch als Gesellschaftsdichtung bezeichnet.
Das 134 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit nur einer Strophe. Andreas Gryphius ist auch der Autor für Gedichte wie „An H. Christoph von Dihr“, „An Jolinden“ und „An den gecreutzigten Jesum“. Zum Autor des Gedichtes „Das Letzte Gerichte“ haben wir auf abi-pur.de weitere 463 Gedichte veröffentlicht.
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