Abschied von Joseph von Eichendorff

Laß, Leben, nicht so wild die Locken wehen
Es will so rascher Ritt mir nicht mehr glücken,
Hoch überm Land von diamantnen Brücken:
Mir schwindelt, in den Glanz hinabzusehen.
 
»Vom Rosse spielend meine Blicke gehen
Nach jüngern Augen, die mein Herz berücken,
Horch, wie der Frühling aufjauchzt vor Entzücken,
Kannst du nicht mit hinab, laß ich dich stehen.«
 
Kaum noch herzinnig mein, wendst du dich wieder,
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Ist das der Lohn für deine treusten Söhne?
11 
Dein trunkner Blick, fast möcht er mich
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erschrecken.
 
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»Wer sagt' dir, daß ich treu, weil ich so schöne?
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Leb wohl, und streckst du müde einst die Glieder,
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Will ich mit Blumen dir den Rasen decken.«
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Abschied“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
15
Anzahl Wörter
109
Entstehungsjahr
1788 - 1857
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht stammt von Joseph von Eichendorff, einem der bedeutendsten Lyriker der deutschen Romantik, der von 1788 bis 1857 lebte. Das Werk lässt sich daher in diese Epoche einordnen, genauer gesagt in die Hochromantik um das 19. Jahrhundert.

Beim ersten Lesen fällt die melancholische und nachdenkliche Stimmung des Gedichts auf. Der Titel „Abschied“ verweist bereits auf einen Abschied, eine Trennung oder ein Ende.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht um den Abschied des lyrischen Ichs vom Leben. Das Leben wird als wild und rasant beschrieben, ein Zustand, mit dem das lyrische Ich sich nicht mehr wohl fühlt („Es will so rascher Ritt mir nicht mehr glücken“). Es spürt Schwindel bei dem Gedanken, in den Glanz des Lebens hinabzusehen und junge, fröhliche Augen zu sehen, die sein Herz betören („Vom Rosse spielend meine Blicke gehen / Nach jüngern Augen, die mein Herz berücken“). Das lyrische Ich fühlt sich vom Leben verraten („Ist das der Lohn für deine treuesten Söhne?“) und nimmt schließlich Abschied.

Die Form des Gedichts ist geprägt durch vier Strophen unterschiedlicher Länge. Die Reimform ist nicht durchweg konsequent, was der ernsten Thematik des Gedichts Ausdruck verleiht und die Stimmung des Abschiednehmens unterstreicht. Die Sprache ist gehoben und entstammt eindeutig der Romantik mit typischen Motiven wie der Personifizierung des Lebens und einer emotionalen, bildhaften Sprache („Hoch überm Land von diamantnen Brücken“, „Dein trunkner Blick, fast möcht er mich erschrecken“).

Das Gedicht zeichnet also das Bild eines melancholischen, resignierten lyrischen Ichs, das sich vom Leben abwendet und dessen Glanz und Schnelllebigkeit nicht mehr standhält. Dabei wird das Leben gleichermaßen als reizvoll und betrügerisch dargestellt und erhält durch die Personifizierung einen fast menschlichen Charakter.

Weitere Informationen

Joseph von Eichendorff ist der Autor des Gedichtes „Abschied“. 1788 wurde Eichendorff geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1804 bis 1857 entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Bei dem Schriftsteller Eichendorff handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Als Romantik wird die Epoche der Kunstgeschichte bezeichnet, deren Ausprägungen sich sowohl in der Literatur, Kunst und Musik als auch in der Philosophie niederschlugen. Die Epoche der Romantik lässt sich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert verorten. Die literarische Romantik kann darauf aufbauend etwa auf die Jahre 1795 bis 1848 zeitlich eingeordnet werden. Die Romantik wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Literaturepoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. In ganz Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichermaßen bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Technologischer Fortschritt und Industrialisierung sind prägend für diese Zeit. Wesentliche Motive in der Lyrik der Romantik sind die Ferne und Sehnsucht sowie das Gefühl der Heimatlosigkeit. Weitere Motive sind das Fernweh, das Nachtmotiv oder die Todessehnsucht. So symbolisierte die Nacht nicht nur die Dunkelheit, sondern auch das Geheimnisvolle, Mysteriöse und galt als Quelle der Liebe. Typische Merkmale der Romantik sind die Hinwendung zur Natur, die Weltflucht oder der Rückzug in Traumwelten. Insbesondere ist aber auch die Idealisierung des Mittelalters aufzuzeigen. Kunst und Architektur des Mittelalters wurden von den Romantikern wieder geschätzt. Die äußere Form von romantischer Dichtung ist völlig offen. Kein starres Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits unmittelbar nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 109 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 15 Versen. Weitere Werke des Dichters Joseph von Eichendorff sind „Lied“, „Mondnacht“ und „Morgengebet“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Abschied“ weitere 395 Gedichte vor.

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