Kein Freud ist ohne Schmerz von Andreas Gryphius

Kein Freud ist ohne Schmerz, kein Wollust ohne Klagen,
Kein Stand, kein Ort, kein Mensch ist seines Kreuzes frei.
Wo schöne Rosen blühn, stehn scharfe Dorn dabei,
Wer außen lacht, hat oft im Herzen tausend Plagen,
 
Wer hoch in Ehren sitzt, muß hohe Sorgen tragen,
Wer ist, der Reichtum acht' und los von Kummer sei?
Wer auch kein' Kummer hat, fühlt doch, wie mancherlei
Traurwürmlin seine Seel und matte Sinn durchnagen.
 
Ich sag es offenbar, so lang der Sonnen Licht
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Vom Himmel hat bestrahlt mein bleiches Angesicht,
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Ist mir noch nie ein Tag, der ganz ohn Angst, bescheret!
 
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O Welt, du Tränental, recht selig wird geschätzt,
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Der, eh er einen Fuß hin auf die Erden setzt,
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Bald aus der Mutter Schoß ins Himmelslusthaus fähret.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Kein Freud ist ohne Schmerz“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
124
Entstehungsjahr
1616 - 1664
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Kein Freud ist ohne Schmerz“ stammt von dem deutschen Dichter Andreas Gryphius und wurde in der Barockzeit des 17. Jahrhunderts verfasst, einer Epoche der höfischen und religiösen Kultur nach dem 30-jährigen Krieg. Gryphius ist bekannt für seine Manier, Welt und Leben als kontingent und unvollständig zu betrachten.

Die zentrale Botschaft des Gedichts ist von Anfang an klar: Freude und Schmerz sind unlösbar miteinander verbunden, es gibt keine Wonne ohne Beschwerde. Diese Vorstellung durchzieht das gesamte Gedicht und wird in den ersten beiden Versen jedes Strophes klar zum Ausdruck gebracht. Der Autor betont die Unvermeidlichkeit von Schmerz und Leid im Leben, egal welchen sozialen Stand, Ort oder Mensch er beschreibt.

Das lyrische Ich scheint sich des unausweichlichen Schicksals des Lebens und des menschlichen Gefangenseins zwischen Glück und Leid bewusst zu sein. Diese Dualität des Lebens wird durch die Inszenierung von Kontrasten verdeutlicht, wie zum Beispiel Freude und Schmerz, Ehre und Sorge, Reichtum und Kummer sowie das Bild der blühenden Rosen und der scharfen Dornen.

Das alles naht zusammen in der Relativierung des irdischen Lebens angesichts der ewigen Seligkeit – ausgedrückt in der persönlichen Vorstellung vom Tod als Übergang ins „Himmelslusthaus“, wobei der Geburt und somit dem Eintritt ins irdische, leidvolle Leben entgangen wird.

Die Form des Gedichts besteht aus vier Strophen mit unterschiedlicher Versanzahl. Die ersten beiden Strophen haben jeweils vier Verse, die letzten beiden lediglich drei. Es handelt sich um einen Kreuzreim (abab), wobei die letzte Strophe einen umarmenden Reim (aba) aufweist.

Die Sprache des Gedichts ist typisch barock und weist komplizierte Syntax und komplexe Metaphorik auf. Bemerkenswert ist die Wortwahl, die stets auf den Kontrast zwischen Leid und Freude zielt: „Freud“, „Schmerz“, „Wollust“, „Klagen“, „Rosen“, „Dorn“, „lacht“, „Plagen“, „Ehren“, „Sorgen“, „Reichtum“, „Kummer“, „Traurwürmlin“, „Angst“, „Tränental“, „selig“, und „Himmelslusthaus“.

Zusammenfassend handelt es sich bei „Kein Freud ist ohne Schmerz“ um ein darkes Gedicht, welches die Verflechtung von Freude und Leid im Leben ausdrückt. Gryphius' Prosodie und Ausdruck sind exemplarisch für die barocke Lyrik und seine Weltsicht ist ein Spiegelbild des elenden Zeitalters, in dem er lebte.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Kein Freud ist ohne Schmerz“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Andreas Gryphius. Im Jahr 1616 wurde Gryphius in Glogau geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1632 und 1664. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Gryphius handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Literaturepoche des Barocks erstreckt sich über den Zeitraum von 1600 bis etwa 1720. Diesen Zeitraum kann man in drei Abschnitte unterteilen: Frühbarock, Hochbarock und Spätbarock. Die Bevölkerung Europas entwickelte sich nach dem Dreißigjährigen Krieg in verschiedene Richtungen. Der Krieg stellte dabei ein besonders prägendes Ereignis der damaligen Zeit dar. Auch die Pest übte einen großen Einfluss auf die Verhältnisse der damaligen Zeit aus. Die Literaturepoche des Barocks zeichnet sich hauptsächlich durch die Antithetik, also einem von Gegensätzen und Widersprüchen geprägtem Bewusstsein, aus. Durch die Antithetik kommt es in der Epoche des Barocks vermehrt zur Verwendung von Gegensatzpaaren, wie zum Beispiel: Diesseits und Jenseits, Tugend und Wollust oder Weltzugewandtheit und Weltverneinung. In der vorausgegangenen Epoche der Renaissance waren noch viele Werke auf Lateinisch verfasst worden. Mit dem Barock begann jedoch die Zeit der deutschsprachigen Literatur. Zu den bekanntesten Lyrikern des Barocks gehören: Grimmelshausen, Andreas Gryphius, Martin Opitz, Casper von Lohenstein, Paul Fleming und Caspar Ziegler.

Das vorliegende Gedicht umfasst 124 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Weitere Werke des Dichters Andreas Gryphius sind „An H. Christoph von Dihr“, „An Jolinden“ und „An den gecreutzigten Jesum“. Zum Autor des Gedichtes „Kein Freud ist ohne Schmerz“ haben wir auf abi-pur.de weitere 463 Gedichte veröffentlicht.

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