Von Katzen von Theodor Storm

Vergangenen Maitag brachte meine Katze
Zur Welt sechs allerliebste kleine Kätzchen,
Maikätzchen, alle weiß mit schwarzen Schwänzchen.
Fürwahr, es war ein zierlich Wochenbettchen!
Die Köchin aber – Köchinnen sind grausam,
Und Menschlichkeit wächst nicht in einer Küche –
Die wollte von den Sechsen fünf ertränken,
Fünf weiße, schwarzgeschwänzte Maienkätzchen
Ermorden wollte dies verruchte Weib.
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Ich half ihr heim! – der Himmel segne
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Mir meine Menschlichkeit! Die lieben Kätzchen,
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Sie wuchsen auf und schritten binnen Kurzem
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Erhob’nen Schwanzes über Hof und Heerd;
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Ja, wie die Köchin auch ingrimmig drein sah,
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Sie wuchsen auf, und Nachts vor ihrem Fenster
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Probirten sie die allerliebsten Stimmchen.
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Ich aber, wie ich sie so wachsen sahe,
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Ich pries mich selbst und meine Menschlichkeit. –
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Ein Jahr ist um, und Katzen sind die Kätzchen,
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Und Maitag ist’s! – Wie soll ich es beschreiben,
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Das Schauspiel, das sich jetzt vor mir entfaltet!
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Mein ganzes Haus, vom Keller bis zum Giebel,
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Ein jeder Winkel ist ein Wochenbettchen!
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Hier liegt das eine, dort das andre Kätzchen
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In Schränken, Körben, unter Tisch und Treppen,
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Die Alte gar – nein, es ist unaussprechlich,
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Liegt in der Köchin jungfräulichem Bette!
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Und jede, jede von den sieben Katzen
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Hat sieben, denkt euch! sieben junge Kätzchen,
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Maikätzchen, alle weiß mit schwarzen Schwänzchen!
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Die Köchin ras’t, ich kann der blinden Wuth
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Nicht Schranken setzen dieses Frauenzimmers;
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Ersäufen will sie alle neun und vierzig!
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Mir selber! ach, mir läuft der Kopf davon –
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O Menschlichkeit, wie soll ich dich bewahren!
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Was fang’ ich an mit sechs und fünfzig Katzen! –
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Von Katzen“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
248
Entstehungsjahr
1885
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Von Katzen“ stammt von dem Dichter Theodor Storm, der für seine Gedichte und Novellen bekannt und im 19. Jahrhundert von der Hoch- zur Spätromantik als Schriftsteller tätig war.

Der erste Eindruck vom Gedicht ist humorvoll und ironisch. Es erzählt die Geschichte eines lyrischen Ichs, das die Entscheidung trifft, das Leben von sechs kleinen Kätzchen zu retten, die von der Hausköchin ertränkt werden sollen. Nach einem Jahr sind die Kätzchen zu ausgewachsenen Katzen herangewachsen und jede hat selbst sieben Kätzchen zur Welt gebracht. Das Haus ist überfüllt mit Katzen und das lyrische Ich steht vor der Herausforderung, was mit ihnen zu tun ist.

Inhaltlich lässt das Gedicht das lyrische Ich seine Menschlichkeit preisen, weil es die Kätzchen am Leben gelassen hat. Jedoch ironisiert es diese Menschlichkeit, wenn das lyrische Ich ein Jahr später mit der Überbevölkerung von Katzen in seinem Haus konfrontiert wird. Dies schließt mit der verzweifelten Frage, was er nun mit so vielen Katzen anfangen soll.

Formal besteht das Gedicht aus 36 Versen, welche in freien Versen verfasst sind. Es ist in Prosa geschrieben und daher nicht in Strophen unterteilt. Es weist eine Mischung aus End- und Innenreimen auf und bleibt rhythmisch recht flüssig und locker, was dem humorvollen, ironischen Ton des Gedichts entspricht.

Die Sprache des Gedichts ist einfach und verständlich, was es leicht zugänglich macht. Der Autor verwendet viele Alltagssprache und konkrete Bilder, um die Szene lebendig zu gestalten. Die Verwendung von humorvollen und ironischen Wendungen trägt zur Unterhaltung der Leser bei.

Insgesamt ist „Von Katzen“ ein humorvolles und ironisches Gedicht, das den Leser durch seine einfache Sprache und unterhaltsamen Erzählung anspricht. Es regt zum Nachdenken über Menschlichkeit und die Konsequenzen unserer Entscheidungen an.

Weitere Informationen

Theodor Storm ist der Autor des Gedichtes „Von Katzen“. 1817 wurde Storm in Husum geboren. Im Jahr 1885 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Storm ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 248 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 36 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Theodor Storm sind „Abseits“, „Bettlerliebe“ und „Die Stadt“. Zum Autor des Gedichtes „Von Katzen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 131 Gedichte veröffentlicht.

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