Knecht Ruprecht von Theodor Storm
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Von drauß’ vom Walde komm ich her; |
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Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr! |
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Allüberall auf den Tannenspitzen |
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Sah ich goldene Lichtlein sitzen; |
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Und droben aus dem Himmelsthor |
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Sah mit großen Augen das Christkind hervor, |
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Und wie ich so strolcht’ durch den finstern Tann, |
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Da rief’s mich mit heller Stimme an: |
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„Knecht Ruprecht“, rief es, „alter Gesell, |
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„Hebe die Beine und spute dich schnell! |
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„Die Kerzen fangen zu brennen an, |
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„Das Himmelsthor ist aufgethan, |
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„Alt’ und Junge sollen nun |
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„Von der Jagd des Lebens einmal ruhn; |
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„Und morgen flieg’ ich hinab zur Erden, |
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„Denn es soll wieder Weihnachten werden!“ |
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Ich sprach: „O lieber Herre Christ, |
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„Meine Reise fast zu Ende ist; |
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„Ich soll nur noch in diese Stadt, |
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„Wo’s eitel gute Kinder hat.“ |
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– „Hast denn das Säcklein auch bei dir?“ |
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Ich sprach: „Das Säcklein das ist hier: |
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„Denn Aepfel, Nuß und Mandelkern |
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„Fressen fromme Kinder gern.“ |
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- „Hast denn die Ruthe auch bei dir?“ |
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Ich sprach: „Die Ruthe, die ist hier: |
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„Doch für die Kinder nur, die schlechten, |
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„Die trifft sie auf den Theil den rechten.“ |
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Christkindlein sprach: „So ist es recht; |
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„So geh mit Gott, mein treuer Knecht!“ |
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Von drauß’ vom Walde komm ich her; |
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Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr! |
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Nun sprecht, wie ich’s hierinnen find’! |
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Sind’s gute Kind’, sind’s böse Kind’? |
Details zum Gedicht „Knecht Ruprecht“
Theodor Storm
2
34
220
1862
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Knecht Ruprecht“ wurde von dem deutschen Lyriker Theodor Storm verfasst, der von 1817 bis 1888 lebte. Es lässt sich somit dem 19. Jahrhundert zuordnen, genauer dem Realismus. Der erste Eindruck des Gedichts ist, dass es eine festliche und zugleich auch mahnende Atmosphäre hat. Es wirkt wie eine Erzählung und vermittelt einen Eindruck von der Vorweihnachtszeit.
Inhaltlich handelt das Gedicht von Knecht Ruprecht, einem Begleiter des Nikolaus, der aus dem Wald kommt und verkündet, dass es stark „weihnachtet“. Er sagt, dass er goldenes Licht auf den Tannenspitzen und das Christkind im Himmelstor gesehen hat. Das Christkind gibt ihm den Auftrag, zu den Menschen zu eilen, da es bald Weihnachten wird. Knecht Ruprecht hat sowohl eine Tüte mit süßen Gaben für die guten Kinder als auch eine Rute für die unartigen dabei. Zum Schluss kommt Knecht Ruprecht zur Haustür und fragt, ob die Kinder artig waren.
Das lyrische Ich, also Knecht Ruprecht selbst, möchte hier eine Botschaft des Christkinds überbringen: Es ist Weihnachten, eine Zeit der Ruhe und Besinnlichkeit. Jedoch gibt es auch eine deutliche moralische Ausrichtung: Gute Kinder werden belohnt, unartige bestraft.
Formal besteht das Gedicht hauptsächlich aus vierfüßigen Jamben und hat einen einfachen Kreuzreim. Die Sprache ist eher schlicht und volksliedhaft gehalten, was dem Gedicht eine gewisse Leichtigkeit und Zugänglichkeit verleiht. Hinzu kommen archaische Ausdrücke wie „es weihnachtet sehr“ oder „Himmelsthor“, die dem Gedicht eine altehrwürdige und traditionelle Note verleihen.
Insgesamt ist „Knecht Ruprecht“ ein klassisches Weihnachtsgedicht, das sowohl die Freuden des Fests als auch die damit verbundenen Erwartungen und Verhaltensregeln thematisiert. Mit seiner einfachen Form und Sprache sowie seiner moralischen Botschaft richtet es sich vermutlich vor allem an Kinder.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Knecht Ruprecht“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Theodor Storm. Im Jahr 1817 wurde Storm in Husum geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1862. Erschienen ist der Text in Berlin. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Storm handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 34 Versen mit insgesamt 2 Strophen und umfasst dabei 220 Worte. Theodor Storm ist auch der Autor für Gedichte wie „Käuzlein“, „Loose“ und „Oktoberlied“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Knecht Ruprecht“ weitere 131 Gedichte vor.
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