Manet unica virtus von Andreas Gryphius
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Es ist vergebens Lælia daß man acht |
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Der Augen glantz der trefflichen Stirnen pracht/ |
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Der Purpur Mund/ der Schnee der wangen; |
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Sey mächtig dieses Hertz zufangen! |
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Nein! ewre Lippen sind nur umbsonst bemüht! |
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Ob gleich diß Antlitz gleich einer Rose blüht: |
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Ob gleich das übersüsse singen |
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Auch mächtig Löwen zu bezwingen! |
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Schönste Syren/ Der lieblichen Seiten klang/ |
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Die marmor Brust/ der lustigen Füsse gang/ |
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Diß Fleisch dem alle Lilien weichen |
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Der Leib dem kein geschöpff zu gleichen; |
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Der Hände Schnee/ der mächtigen Arme bandt |
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Sind viel zu nichtig/ wenn nicht das werthe Pfandt/ |
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Das nur deß Himmels gunst außtheilet/ |
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Die Tugend ew'er schwachheit heilet. |
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Die werthe Tugend Lælia bleibt vnd steht! |
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Wenn nun die schönheit alß lichter blitz vergeht |
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Vnd wenn die beyden Stern' erbleichen: |
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Vnd wenn der Cörper wird zur Leichen. |
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Die steckt mich jetzt mit schütternden flammen an! |
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Die macht daß ich mich selbst nicht regiren kan |
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Die zwingt mich auß mir selbst zu reissen/ |
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Vnd was nicht ewig/ hin zuschmeissen. |
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Weg welt! weg Erden! nichtige Phantasie! |
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Weg Standt! weg Ehre! flüchtiger jtzt als je! |
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Weg was mein Geist zuvor geliebet! |
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Weg was mein schlechtes Hertz betrübet. |
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Gelehrte Torheit! köstlicher vnverstandt! |
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Vor mein begehren! jtzt nun du nur bekandt |
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Mein Schmertz vnd Irren/ geh' bey seitte: |
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Eh' ich mich ferner mehr verleitte. |
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Weg meine Lauten! was wird das singen seyn/ |
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Wenn man die Glieder setzt in die gruben eyn? |
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Wird jemand was ich schreibe lesen; |
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Wann ich werd' in der grufft verwesen? |
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Was wird es helffen/ wenn der entleibte Geist |
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Bloß vnd alleine nach dem Gerichte reißt/ |
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Daß mich ein sterblich Mensch geehret: |
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Vnd mir mit anmuth zu gehöret? |
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Die Tugend bricht das schreckliche Netz entzwey: |
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Trotzt Tod vnd Hölle: spricht vns von schmertzen frey. |
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Sie lehrt was jrrdisch ist verlachen. |
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Vnd kan vnß gleich den Göttern machen. |
Details zum Gedicht „Manet unica virtus“
Andreas Gryphius
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55
300
1616 - 1664
Barock
Gedicht-Analyse
Andreas Gryphius ist der Autor des Gedichtes „Manet unica virtus“. 1616 wurde Gryphius in Glogau geboren. In der Zeit von 1632 bis 1664 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Barock zu. Gryphius ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Die Epoche des Barock folgt auf die Epoche des Humanismus und der Renaissance. Sie umfasst den Zeitraum von etwa 1600 bis 1720. Der Begriff leitet sich von dem portugiesischen Wort „barocco“ ab. Der Begriff stammt aus der Juweliersprache und bedeutet so viel wie„seltsam geformte, schiefrunde Perle“. Die Zeit des Barocks wurde durch den Dreißigjährigen Krieg stark beeinflusst – Hunger, Seuchen, Vergewaltigung und Tod sorgten für großes Leid bei den Menschen in Europa. So verkleinerte sich die Bevölkerung in Deutschland von etwa 28 Millionen im Jahr 1615 auf 11 Millionen Menschen am Ende des Krieges im Jahr 1648. Die Lyrik des Barocks ist vorwiegend von drei Leitmotiven (Memento mori, Vanitas, Carpe diem) bestimmt, die die Einstellung der Menschen zum Leben beschreiben. Vor dem geschichtlichen Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges war das Leben der Menschen von Gewalt und Zerstörung bestimmt. Alle diese Motive setzen sich auf unterschiedliche Art mit der verbreiteten Angst vor dem Lebensende und dessen Auswirkungen auseinander. In der Lyrik des Barocks trat die deutsche an die Stelle der lateinischen Sprache, welche die Sprache der populärsten deutschen Lyriker im 16. Jahrhundert gewesen war. Trotzdem war auch weiterhin die Elite Träger der Literatur. Die Autoren gehörten in der Regel dem Gelehrtenstand an: Akademiker, Theologen, Adelige und Beamte. Berühmte Literaten des Barocks sind etwa Martin Opitz, Andreas Gryphius, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau, Daniel Caspar von Lohenstein und Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen.
Das 300 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 55 Versen mit insgesamt 11 Strophen. Andreas Gryphius ist auch der Autor für Gedichte wie „An die Welt“, „An sich Selbst“ und „Auff den Sontag deß ernehrenden Versorgers / oder VII. Sontag nach dem Fest der H. Dreyeinigkeit / Marc. 8.“. Zum Autor des Gedichtes „Manet unica virtus“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 461 Gedichte vor.
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