Terra vale! Dominum vitæ stat adire Tonantem von Andreas Gryphius
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Ade verfluchtes Threnen-Thaal! |
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Du Schawplatz herber schmertzen. |
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Du vnglücks Hauß du jammer Saal |
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Du Folter reiner Hertzen/ |
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Ade mein Kercker bricht entzwey. |
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Die Kette reißt/ mein Geist wird frey |
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Die Schlösser sind zusprungen. |
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Wilkommen offt gewündschter Todt/ |
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Wo du ein Todt zunennen: |
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Wilkommen süsser lebens Bott |
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Wer kan die Frewd' erkennen? |
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In die vnß GOTT durch dich einführt |
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Den Schmuck mit welchem IESVS zihrt |
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Die standhafft hier gerungen. |
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Mein jrrdisch Hauß der Leib geht eyn |
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Der Nothstall meiner Seelen/ |
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Der Stock/ die Werckstatt herber pein/ |
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Die enge Marter höhlen |
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Der werthe Schatz bleibt vnverletzt: |
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Den wir/ ob schon der Feind nach setzt/ |
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Dem Höchsten widerbringen. |
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Die Erden schaw' ich vnter mir! |
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Ist diß worumb wir kämpffen |
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Mit Schwerd vnd flammen? Welche wir |
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Mitt Blutt vnd leichen dämpffen? |
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Die Handvoll Graß/ diß Häufflin Sandt/ |
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Vmb welches Eitelkeit vnd Tandt/ |
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Vnd fluch vnd Laster dingen. |
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Hilff Gott was laß ich? nichts alß weh! |
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Alß zetter/ ach! vnd klagen. |
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Alß eine bittre threnen See? |
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Vnd Höllen grause plagen? |
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Heist jhr diß leben die jhr lebt! |
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Vnd zwischen furcht vnd leiden schwebt |
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Die Angst vnd grimm verzehret. |
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Dort fällt ein Reich das ander kracht. |
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Vnd diß wird nicht gefunden. |
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Dort schluckt die Erd' ein jhre pracht/ |
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Die dar in Rauch verschwunden. |
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Was nicht der strenge Nord außlescht! |
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Was nicht die stoltze Well' abwäscht |
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Wird durch sich selbst verkehret. |
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Vnd mag noch jemand seyn/ der mich |
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Mit zähren rufft zu rücke |
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Denckt liebsten wo jhr vnd wo ich! |
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Mißgönt man mir mein Glücke: |
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Ich lach' jhr weynt! ich sieg jhr kriegt! |
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Ich herrsch jhr dient/ ich steh' jhr liegt |
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Ich leb' jhr müst verschmachten. |
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8. |
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Ihr seyd vmb die man trawren sol; |
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Ich den die Lust erquicket. |
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Ihr zagt/ vnd mir ist ewig wol |
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GOTT hat mich heim geschicket; |
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Der euch bald ruffen wird zu mir. |
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In dessen lernt die falsche zier |
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Der eiteln Welt verachten. |
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Ade jhr liebsten ich muß fort/ |
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Laßt ab von ewren thränen. |
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Denckt daß ich auß-steig in den Port |
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Nach dem sich alle sähnen. |
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Dort war der Kampff: hier ist der lohn. |
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Dort war der Kercker: hier der Thron. |
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Dort wündschen: hier erlangen. |
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Das reiche Schloß der Ewigkeit |
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Geht auff. Ich bin ankommen. |
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Ade Welt/ Hoffen/ Schmertz vnd Streit/ |
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GOTT hat mich eingenommen. |
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Hier wil ich ewig leben dir/ |
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Hier wil mit jauchzen für vnd für |
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Ich dich mein GOTT vmbfangen. |
Details zum Gedicht „Terra vale! Dominum vitæ stat adire Tonantem“
Andreas Gryphius
10
80
390
1616 - 1664
Barock
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Terra vale! Dominum vitæ stat adire Tonantem“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Andreas Gryphius. Gryphius wurde im Jahr 1616 in Glogau geboren. In der Zeit von 1632 bis 1664 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Bei Gryphius handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Literaturepoche des Barock folgt auf die Epoche des Humanismus und der Renaissance. Sie umfasst den Zeitraum von etwa 1600 bis 1720. Der Begriff leitet sich von dem portugiesischen Wort „barocco“ ab. Der Begriff stammt aus der Juweliersprache und bedeutet „schiefrunde, seltsam geformte Perle“. Durch die Pest starben um die 30 % der Bevölkerung. Auch der Dreißigjährige Krieg führte zu einem wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verfall im Deutschen Reich. Trotzdem lebten die Fürsten einen ausschweifenden und überaus luxuriösen Lebensstil vor. Sie nutzten das Durcheinander nach dem Dreißigjährigen Krieg, um eine Neuordnung der Gebiete vorzunehmen und ihre Macht auszubauen und zu festigen. Elend und Krieg lösten in der einfachen Bevölkerung ein tiefes Bewusstsein der eigenen Vergänglichkeit aus. Dagegen lebten die alleinigen, absolutistischen Herrscher in verschwenderischem Luxus und ließen sich Schlösser voller Prunk errichten. Diese Gegensätze von Todesangst und Lebenslust bzw. Armut und Luxus ließen sich ebenfalls in der Literatur ausmachen. In der Lyrik wird der Einsatz solcher inhaltlichen Gegensätze als Antithetik bezeichnet. Unter den Literaturgattungen erlebten die Lyrik in Form von Sonetten, Liedern oder Oden, die Epik in Form des Romans und das Drama größere Bedeutung. Während die Autoren der Renaissance vorwiegend auf Latein, der Sprache der Wissenschaft, verfassten, war man nun bestrebt, sich dem Deutschen zu widmen. Die Hauptvertreter der Dichtung im Barock sind Paul Fleming, Martin Opitz, Christian Hofmann von Hofmannswaldau, Andreas Gryphius, Johann Christian Günther, Simon Dach, Friedrich von Logau und Angelus Silesius.
Das 390 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 80 Versen mit insgesamt 10 Strophen. Weitere Werke des Dichters Andreas Gryphius sind „An die Welt“, „An sich Selbst“ und „Auff den Sontag deß ernehrenden Versorgers / oder VII. Sontag nach dem Fest der H. Dreyeinigkeit / Marc. 8.“. Zum Autor des Gedichtes „Terra vale! Dominum vitæ stat adire Tonantem“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 461 Gedichte vor.
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