Vber die Geburt deß Herrn von Andreas Gryphius
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Süsses Kind/ der Vätter hoffen: |
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Kind der Menschen Lösegeldt/ |
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Steht der Himmel nunmehr offen? |
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Liefert Gott dich jtzt der Welt? |
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Heyland wirst du nun gebohren |
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Zu erlösen was verlohren? |
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Den eh' ewig angebrochen |
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GOTT jhm ewig gleich gebahr: |
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Wortt das GOTT hat außgesprochen |
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Das im anfang war/ vnd wahr; |
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GOTT das Wort komm't auf die Erden, |
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Wunder! Gott soll Fleisch hier werden/ |
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Heiligkeit der höchsten Gütte! |
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Ach! verläst du deinen Thron! |
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Wie entsetzt sich mein Gemütte! |
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Wird Gott eines Menschen Sohn? |
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Den nichts was er schuff kan schlissen: |
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Kan die zarte Jungfer küssen. |
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Ach! Er komm't/ er wird gebohren |
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Weil der bleiche Monden wacht |
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Vor dem Liecht sein Liecht verlohren/ |
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Kommt verhüll't mit schwartzer Nacht. |
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Den viel tausend Jahr begehret: |
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Wird eh' als man meynt beschehret. |
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Doch er wird/ den alle kennen |
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Nicht von seinem Volck' erkannt. |
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Der die Welt sein Hauß kan nennen |
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Wird in einen Stall verbannt/ |
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Der der Erden grund beweget |
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Wird auff dürres Hew geleget. |
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Dem der Donner zu gebotte |
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Dem der Blitz zu dinste steht |
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Der an Macht dem höchsten Gotte |
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Alß an wesen gleiche geht |
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Der was ist vnd ward/ gebawet |
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Wird hier alß ein Kind geschawet. |
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Kan der Schöpffer ein Geschöpffe |
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Kan die Jungfraw Mutter seyn? |
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Tritt diß Kind der Drachen Köpffe? |
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Vnd deß Sathans scheytel eyn? |
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Wird die Weißheit selbst zum Kinde? |
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Trägt die Vnschuld meine Sünde? |
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Irr' ich? nein! ich schaw den Himmel |
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Selbst mit frewden schwanger gehn? |
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Vnd mit jauchtzendem getümmel |
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Tausend Engel vmb mich stehn! |
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Engel/ die zu Ehren singen |
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Dem der vnß wil Frieden bringen. |
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Alles frolock't! alles lachet! |
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Nur mein hochbetrübtes Hertz; |
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Das im jammer few're krachet: |
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Das der Marter-volle Schmertz/ |
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Mit stets newen Geisseln plaget/ |
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Schmacht bey dieser Frewd vnd zaget. |
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Augen/ die jhr alles sehet/ |
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Seht was meine Seele schätzt: |
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Schawt wie mich der Sathan schmähet |
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Schawt/ wie mich die Welt verletzt/ |
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Schaw't wie mich die Nacht erschrecket |
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Vnd mit trawrigkeit verdecket. |
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Arm/ verlassen/ vnd alleine |
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Fall ich für dir auff die Knie! |
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Vnd wen wunderts daß ich weyne? |
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Ist mein Leben nicht voll müh? |
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Könt ich wol die Thränen zwingen, |
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Wenn du selbst sie must vor dringen. |
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Wer die wollust trawrig schawet: |
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Wer die Frewde klagen hört. |
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Wenn für dem/ der Erden grawet |
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Der sich selbst der Welt verehrt? |
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Könnte man im Thal der zehren: |
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Sich den Herber Angst erwehren. |
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Doch dein weynen bringt zu wegen: |
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Was allein ich wündschen soll. |
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Daß sich meine Schmertzen legen; |
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Daß mir in vnd durch dich wol: |
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Daß ich frey von leid vnd rewen: |
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Mich mit dir werd' ewig frewen. |
Details zum Gedicht „Vber die Geburt deß Herrn“
Andreas Gryphius
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422
1616 - 1664
Barock
Gedicht-Analyse
Andreas Gryphius ist der Autor des Gedichtes „Vber die Geburt deß Herrn“. Geboren wurde Gryphius im Jahr 1616 in Glogau. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1632 und 1664. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Bei Gryphius handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Epoche des Barock begann circa 1600 und endete im Jahr 1720. Die wörtliche Übersetzung des aus dem Portugiesischen stammenden Begriffes „barocco“ lautet „schiefe Perle“. Die Literaturepoche des Barocks ist durch ein zentrales Ereignis geprägt, dem Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648. Durch die schlechten sanitären Bedingungen konnten sich Infektionskrankheiten rasend ausbreiten. Rund ein Drittel der Menschen kamen durch den Krieg und sich ausbreitenden Seuchen, wie etwa der Pest, ums Leben. Durch die immense Verminderung der Bevölkerung schwächte sich das wirtschaftliche Leben zunehmend ab. Die Dichter des Barocks betrachteten in ihren Werken die Gegensätze in nahezu allen Lebensbereichen. Das bezeichnet man auch als Antithetik. Inhaltlich folgten die Dichter der Antithetik und stellten in ihren Werken Gegensätze in den Mittelpunkt – etwa Jenseits und Diesseits, Schein und Sein oder Blüte und Verfall. Die Dichter der Renaissance nutzten noch die lateinische Sprache, die Autoren des Barock begannen, ihre Werke in Deutsch zu verfassen. Dichter und Werke dieser Zeit sind vielzählig. Andreas Gryphius, Martin Opitz oder Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen sind unverkennbare Vertreter der Literaturepoche des Barocks.
Das 422 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 91 Versen mit insgesamt 13 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Andreas Gryphius sind „An Eugenien“, „An Gott den Heiligen Geist“ und „An Gott den Heiligen Geist“. Zum Autor des Gedichtes „Vber die Geburt deß Herrn“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 461 Gedichte vor.
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