Dauer der Scribenten von Friedrich von Hagedorn
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Mein Cleon, Jahr' und Zeiten fliehen; |
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Wie bald sind wir des Moders Raub! |
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Wie bald sind wir und alles Staub, |
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Was wir mit regem Kiel der Dunkelheit entziehen! |
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Vergebens schreiben wir für Welt und Afterwelt, |
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Vergebens werden wir, in Bänden, aufgestellt; |
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Der Motten zahlreich' Heer zernagt mit frechem Zahn |
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Den bestvergüldten Schnitt, den schönsten Saffian. |
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Ja, Cleon! nähmen deine Schriften, |
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Um jede Messe zu erfreun, |
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Auch täglich zwanzig Pressen ein, |
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Sie würden dir dennoch kein stetes Denkmal stiften. |
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Dein stärkster Foliant, der Fluch für den, der schreibt, |
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War Lumpe, ward Papier, wird Kehrig, wird zerstäubt. |
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Ja, der Vergessenheit und der Verwesung Reich |
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Macht Carl dem Großen dich, wie seiner Sprachkunst, gleich. |
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Kein Rang, kein Ruhm kömmt uns zu statten, |
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Der Tod sieht keinen Vorzug an, |
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Und stellt den allergrößten Mann |
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Zum Pöbel der gemeinen Schatten. |
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Er fället ungescheut, der Eitelkeit zum Spott, |
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Den König Galliens, wie den von Yvetot. |
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Doch was sind Könige? Selbst Helden vom Parnaß |
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Sind ihm so fürchterlich, als uns ein Hundibras. |
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Verwahre deiner Weisheit Spuren, |
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Das Werk, das deinen Witz bewährt, |
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Mit Buckeln, die kein Wurm verzehrt, |
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Mit ewigem Metall in Spangen und Clausuren: |
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Auch dieses schützt dich nicht: vielleicht zerstückt es doch |
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Der Schneider leichtes Volk, ein unbeles'ner Koch: |
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Und was entblättern nicht der Haare Kräuselei, |
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Tabak- und Käsekram, Confect und Specerei? |
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So hat Eumolp dies Lied vollendet, |
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Von schreiberischer Eitelkeit, |
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Wie er vermeinte, ganz befreit, |
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Und höhnisch auf den Stolz, der Schriftverfasser blendet. |
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Doch sein Verleger kömmt, sein Tryphon, der ihn rührt, |
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Ihm Lust und Feder schärft, ihn schmeichlerisch verführt. |
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Er wagt ein neues Werk, er grübelt Tag und Nacht, |
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Und schreibet um den Ruhm, den er zuvor belacht. |
Details zum Gedicht „Dauer der Scribenten“
Friedrich von Hagedorn
5
40
275
1708 - 1754
Aufklärung
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Dauer der Scribenten“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Friedrich von Hagedorn. Im Jahr 1708 wurde Hagedorn in Hamburg geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1724 und 1754. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Aufklärung zugeordnet werden. Hagedorn ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 275 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Friedrich von Hagedorn sind „An den Schlaf“, „Die Nacht“ und „Der Morgen“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Dauer der Scribenten“ weitere 252 Gedichte vor.
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Zum Autor Friedrich von Hagedorn sind auf abi-pur.de 252 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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