Zorn eines Verliebten von Friedrich von Hagedorn

Brief und Wink verhießen mir
schon um zwei die liebste Schöne;
doch der Zeiger ging auf vier,
und mir fehlte noch Climene.
 
So Geduld als Zeit verstrich,
und ich schwur, den Trug zu rächen;
endlich aber wies sie sich,
endlich hielt sie ihr Versprechen.
 
"Wie so schön", sagt' ich aus Hohn,
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"hast du alles wahrgenommen!
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Nur zwei Stunden wart' ich schon;
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konntest du nicht später kommen?"
 
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Da mein Eifer Raum gewann,
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wollt' ich sie noch schärfer lehren;
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doch: "was lärmst du", hub sie an,
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"wird man mich denn auch nicht hören?
 
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Ach! Was hab ich itzt vor Schmerz
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von der Rosenknosp' erlitten,
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die mir rechts bis an das Herz
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von der Brust hinabgeglitten!
 
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O wie drückt's mich! Himmel, wie!
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Hier, hier in der linken Seite!
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Sieh nur selbst, mir glaubst du nie;
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doch was glaubt ihr klugen Leute!"
 
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Sie entblößte Hals und Brust,
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mir der Knospe Druck zu zeigen:
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Plötzlich hieß der Thron der Lust
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mich und die Verweise schweigen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.9 KB)

Details zum Gedicht „Zorn eines Verliebten“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
160
Entstehungsjahr
1708 - 1754
Epoche
Aufklärung

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Friedrich von Hagedorn, ein bekannter deutscher Dichter des Barocks, der von 1708 bis 1754 lebte. Im Hinblick auf die zeitliche Einordnung kann das Gedicht der Literaturperiode der Aufklärung zugerechnet werden, die sich von etwa 1720 bis 1800 erstreckt.

Das Gedicht „Zorn eines Verliebten“ erzählt eine humorvolle und leicht ironische Liebesgeschichte. Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht eher spielerisch und nutzt eine alltägliche Situation, in der das lyrische Ich auf sein Liebesdate wartet.

Inhaltlich geht es darum, dass das lyrische Ich von seiner Geliebten, Climene, versetzt wird. Das Paar hatte sich auf zwei Uhr verabredet, doch sie erscheint erst um vier. Dieser Verzug lässt das lyrische Ich ungeduldig und ärgerlich werden, weshalb es ihr spöttische Vorwürfe macht. Doch die Geliebte kontert seine Vorwürfe geschickt mit einer Ablenkung: Sie klagt über Schmerzen, die ihr eine Rosenknospe bereitet haben soll, die von ihrer Brust gerutscht ist. Als sie den Schmerzort zeigt, ist das lyrische Ich besänftigt und der Streit wird beigelegt.

Das Gedicht ist in einen spielerischen und leicht ironischen Ton gehalten, der durch das lyrische Ich zum Ausdruck kommt. Es zeigt damit auf humorvolle Weise die Irrungen und Wirrungen der Liebe auf. Die Sprache ist einfach und alltäglich, wodurch sich das Gedicht leicht versteht und eine hohe Identifikation mit dem lyrischen Ich ermöglicht.

Formal betrachtet ist das Gedicht strukturiert in sieben vierzeiligen Strophen, wobei sich jeweils der zweite und vierte Vers reimen. Dieses Reimschema wird durchgehend beibehalten und gibt dem Gedicht einen rhythmischen Fluss. Außerdem wird die Wirkung der Versverschiebungen und des Wartens durch die Wiederholungen und den strukturierten Aufbau des Gedichts unterstrichen. Es entsteht eine Art Spiel zwischen Erwartung und Enttäuschung, das sowohl auf der Ebene der Handlung als auch auf der Ebene der formalen Gestaltung stattfindet.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass „Zorn eines Verliebten“ ein unterhaltsames und ironisches Liebesgedicht ist, das auf spielerische Weise alltägliche Liebesprobleme darstellt und durch seine klare Form und einfache Sprache besticht. Es zeigt, wie schnell negative Emotionen durch Liebe und Verlangen gemildert werden können.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Zorn eines Verliebten“ des Autors Friedrich von Hagedorn. Hagedorn wurde im Jahr 1708 in Hamburg geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1724 und 1754. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Aufklärung zuordnen. Hagedorn ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 160 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Friedrich von Hagedorn ist auch der Autor für Gedichte wie „Leichen-Carmen“, „An den Schlaf“ und „Die Nacht“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Zorn eines Verliebten“ weitere 252 Gedichte vor.

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