An die Dichtkunst von Friedrich von Hagedorn

Gespielinn meiner Neben-Stunden,
Bey der ein Theil der Zeit verschwunden,
Die mir, nicht andern, zugehört:
O Dichtkunst, die das Leben lindert!
Wie manchen Gram hast Du verhindert,
Wie manche Fröhlichkeit vermehrt!
 
Die Kraft, der Helden Trefflichkeiten
Mit tapfern Worten auszubreiten,
Verdankt Homer und Maro dir.
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Die Fähigkeit, von hohen Dingen
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Den Ewigkeiten vorzusingen,
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Verliehst du ihnen und nicht mir.
 
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Die Lust, von Wahn mich zu entfernen
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Und Deinem Flaccus abzulernen,
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Wie man durch echten Witz gefällt;
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Die Lust, den Alten nachzustreben,
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Ist mir im Zorn von dir gegeben,
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Wenn nicht mein Wunsch das Ziel erhält.
 
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Zu eitel ist das Lob der Freunde:
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Und drohen in der Nachwelt Feinde,
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Die finden unsre Grösse klein.
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Den itzt an Liedern reichen Zeiten
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Empfehl ich diese Kleinigkeiten:
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Sie wollen nicht unsterblich seyn.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „An die Dichtkunst“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
128
Entstehungsjahr
1708 - 1754
Epoche
Aufklärung

Gedicht-Analyse

Friedrich von Hagedorn ist der Autor des Gedichts „An die Dichtkunst“. Hagedorn ist ein deutscher Dichter und seine Schaffenszeit liegt in der Epoche des Barocks, genauer gesagt im 18. Jahrhundert.

Auf den ersten Blick handelt es sich um eine Ehrung der Dichtkunst. Diese wird personalisiert und als Schutz und Trost in schwierigen Zeiten dargestellt. Im weiteren Verlaufe des Gedichts wird sich diese Einstellung differenzieren und kritisieren.

Inhaltlich spricht das lyrische Ich die Dichtkunst direkt an und reflektiert ihre Wirkung. Die Dichtkunst als Gespielin der Nebenstunden, hat die Fähigkeit, Leid zu lindern und Freude zu vermehren. Des Weiteren hebt das lyrische Ich hervor, dass berühmte Dichter wie Homer und Maro ihre Fähigkeiten von ihr erlernt haben. Dabei stellt das lyrische Ich fest, dass er selbst nicht diese Fähigkeiten besitzt. Außerdem entsteht der Wunsch, den alten Dichtmeistern nachzueifern. Schlussendlich kritisiert das lyrische Ich das Lob der Freunde als eitel und merkt an, dass zukünftige Generationen sein Werk nicht zwangsläufig anerkennen werden.

Die Form des Gedichts ist relativ schlicht: Es besteht aus vier Strophen mit jeweils sechs Versen. Das Reimschema ist durchgängig ein Kreuzreim und entspricht somit der klassischen Dichtform.

Die Sprache von Hagedorn ist gehoben, teils altertümlich - das „Theil“ für „Teil“ ist ein Beispiel dafür. Zudem verwendet er klassische antike Anspielungen wie auf Homer, Maro und Flaccus. Die Verwendung antiker Dichter deutet auf Hagedorns Bildung und literarische Ambitionen hin und verleiht dem Gedicht eine gelehrte Note. Zahlreiche Metaphern und die Personifikation der Dichtkunst zeichnen das Gedicht sprachlich aus.

Zusammengefasst befasst sich das Gedicht „An die Dichtkunst“ von Hagedorn mit der Rolle und Bedeutung der Dichtkunst, ihrer Fähigkeit, Freude und Leid zu beeinflussen, und der Unzulänglichkeit des lyrischen Ichs in dieser Kunstform. Es ist eine Mischung aus Lob und Kritik, aus Bewunderung und Sehnsucht nach größerem Können.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „An die Dichtkunst“ des Autors Friedrich von Hagedorn. 1708 wurde Hagedorn in Hamburg geboren. In der Zeit von 1724 bis 1754 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Aufklärung zuordnen. Bei dem Schriftsteller Hagedorn handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 128 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Der Dichter Friedrich von Hagedorn ist auch der Autor für Gedichte wie „Die Nacht“, „Der Morgen“ und „Dauer der Scribenten“. Zum Autor des Gedichtes „An die Dichtkunst“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 252 Gedichte vor.

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