Der letzte Tag im Jahre von Johann Karl Wilhelm Geisheim

Der letzte Tag im Jahre
Sei nicht mein letztes Glück;
Er kehre vor der Bahre
Noch oft mir froh zurück.
 
Sei freundlich, Herr Sylvester;
Laß alte Lust bestehn,
Und dich von mir, mein Bester,
Recht oft noch wiedersehn.
 
Hilf oft das Jahr mir schließen,
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Nur an Erfahrung alt;
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Laß vollends mich genießen
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Den ird’schen Aufenthalt.
 
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Werth ist wohl doch das Leben
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Der Bitte, daß es sei,
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Und daß bei Ros’ und Reben
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Man seiner Bahn sich freu’.
 
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Mag, wer da wolle, klagen
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Ob Erden-Unbestand;
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Die Welt mit ihren Plagen
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Ist doch ein schönes Land.
 
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Drauf tanzen und stets scherzen
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Kann freilich nur das Glück;
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Doch Lust und Lieb’ im Herzen,
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Macht gute Tanzmusik.
 
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Man muß nur darauf hören,
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Und tanzen, wenn sie tönt,
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Unbillig nicht begehren,
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Daß stets der Tanzsaal dröhnt.
 
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O, lehre mich, Sylvester,
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Heut an des Jahres Schluß,
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Wie fester, immer fester
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Die Zeit man halten muß.
 
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Das Glück, sich froh zu schicken
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In Zeit und Lust und Noth,
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Froh in die Welt zu blicken,
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Und wär’s auch in den Tod.
 
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Mein letzter Tag im Leben,
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Er komme, wenn er mag;
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Wer wollte vor ihm beben;
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Er komm’ als Freudentag.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.7 KB)

Details zum Gedicht „Der letzte Tag im Jahre“

Anzahl Strophen
10
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
194
Entstehungsjahr
1839
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das vorgelegte Gedicht trägt den Titel „Der letzte Tag im Jahre“ und wurde von Johann Karl Wilhelm Geisheim, einem deutschen Dichter aus dem 19. Jahrhundert, verfasst. Geisheim, der von 1784 bis 1847 lebte, zählt somit zur Epoche der Romantik.

Die erste Leseimpression vermittelt einen gefühlvollen und positiven Ton des Gedichtes. Der erste Eindruck des Gedichtes suggeriert den Abschied vom alten Jahr und die Hoffnung auf das neue.

Inhaltlich lässt sich das Gedicht folgendermaßen zusammenfassen: Das lyrische Ich bittet Gott darum, dass der letzte Tag des Jahres nicht den letzten Glückstag des lyrischen Ichs darstellt. Es wünscht sich, noch viele weitere Male Freude und Glück im neuen Jahr zu erleben. Das lyrische Ich stellt das Leben positiv dar und ersucht darum, seinen irdischen Aufenthalt vollkommen auszuschöpfen. Es betrachtet die Welt trotz ihrer Schwierigkeiten als schönes Land und sieht für sich Glück, Lust und Liebe als die Musik zum Tanz des Lebens. Weiterhin bittet es den Herrn Sylvester darum, ihm beizubringen, die Zeit bestmöglich zu nutzen und sich stets den Wandelungen von Zeit, Lust und Not fröhlich anzupassen. Des Weiteren äußert es keine Angst vor dem Tod und wünscht sich, dass sein letzter Tag auf Erden ein Tag der Freude sein möge.

Die Form des Gedichtes ist streng und regelmäßig aufgebaut, was eine gut organisierte und strukturierte Denkweise des lyrischen Ichs unterstreichen könnte. Es besteht aus zehn vierzeiligen Strophen, wobei jeweils der zweite und vierte Vers miteinander reimen.

In Bezug auf die Sprache des Gedichtes lässt sich sagen, dass diese einfach gehalten ist und eine klare Botschaft vermittelt. Die Wortwahl ist bildlich und es finden sich zahlreiche Metaphern, die auf die zentralen Themen des Lebens, des Glücks, der Zeit und des Todes hinweisen. Auch ist ein optimistischer Grundton in der Sprache des Gedichtes erkennbar, der die positive Einstellung des lyrischen Ichs gegenüber dem Leben widerspiegelt.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Geisheims Gedicht „Der letzte Tag im Jahre“ eine ermutigende und positiv gestimmte Ode ans Leben ist, die trotz der Unbeständigkeit des Lebens und des nahenden Todes, ein Bild des Lebens voller Freude und Lust zeichnet und dazu aufruft, jeden Moment voll und ganz auszukosten.

Weitere Informationen

Johann Karl Wilhelm Geisheim ist der Autor des Gedichtes „Der letzte Tag im Jahre“. Geisheim wurde im Jahr 1784 in Breslau geboren. 1839 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Breslau. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 10 Strophen und umfasst dabei 194 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Karl Wilhelm Geisheim sind „Dem Jahre“, „Der Faschingsmantel“ und „Der Wintergarten“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der letzte Tag im Jahre“ weitere 29 Gedichte vor.

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