Der Faschingsmantel von Johann Karl Wilhelm Geisheim

Die Mutter Fasching lob’ ich mir;
’s ist eine kluge Frau;
Sie steckt der Zeit ein Lärvchen für,
Daß man die Nacht nicht schau’,
Und hänget um den Klagenden
Ein buntes, frohes Mäntelchen.
 
Sie setzt ein Schellenkäppchen dir
Auf deinen Grillenkopf;
Das ist ein Deckel nach Gebühr
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Für deinen Klagentopf.
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Die Kappe sagt dir, wer du bist,
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Wenn dich die Welt zu sehr verdrießt.
 
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Sie ruft das große Narrenhaus,
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Die Welt, zur lauten Lust;
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Sie lockt den Narren schlau heraus
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Aus deiner engen Brust.
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Viel besser, daß die Welt ihn schmeckt,
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Als daß er ewig drinnen steckt.
 
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Da geht sie hin mit leichtem Sinn,
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Kennt heute nicht den Harm,
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Und dreht als flotte Tänzerin
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Sich in des Nächsten Arm;
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Und bei Trompet und Paukenschall
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Wird ihr die Erd’ ein Freudenball.
 
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Seht, was sie aufgeschroten hat
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An Schmauseglück und Wein.
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Trink, spricht sie, Welt, und iß dich satt,
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Heut sollst du fröhlich sein.
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Und macht den Diensttag ihr so fett,
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Als wenn sie was verdienet hätt’.
 
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Ihr macht die Welt euch fast zur Nacht,
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Und fastet an dem Quell,
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Doch unsre Mutter Fasching macht
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Die Nacht euch tageshell.
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Wohl dem, der so viel Licht behält,
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Daß auf dem Heimweg’ er nicht fällt.
 
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So lernt von ihr denn fröhlich sein,
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Daß es dem Leben frommt;
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Doch fastet froh auch hinterdrein,
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Wenn Aschermittwoch kommt.
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Und, dünkt die Welt euch schlecht und dumm,
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Hängt ihr den Faschingsmantel um.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.9 KB)

Details zum Gedicht „Der Faschingsmantel“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
42
Anzahl Wörter
234
Entstehungsjahr
1839
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das vorgelegte Gedicht wurde von Johann Karl Wilhelm Geisheim, einem deutsch-baltischen Lyriker, der von 1784 bis 1847 lebte, verfasst. Es dürfte daher zur Epoche der Romantik zählen.

Auf einen ersten Blick fällt das lebendige und fröhliche Bild auf, das der Dichter vom Fasching zeichnet. Das Gedicht hat einfache, klare Strukturen, jede der sieben Strophen besteht aus sechser Versen.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht um die Rolle, die der Fasching im Leben der Menschen spielt. Die Mutter Fasching, also das Faschingsfest, wird als eine kluge Frau gelobt, weil sie es schafft, den alltäglichen Verlauf und die Sorgen der Menschen zu verdecken und ihnen Freude zu geben, sie „steckt der Zeit ein Lärvchen für“. Der Faschingsmantel wird dabei als Symbol für das Ausblenden der Probleme und Ängste gesehen. Es gibt auch den Hinweis, dass die Welt zuweilen als „großes Narrenhaus“ wahrgenommen wird. Die vierte Strophe scheint das vergängliche Vergnügen des Faschingsfestes zu symbolisieren, während die fünfte Strophe auf den Schmaus und den Genuss während des Fests hinweist. Die sechste und siebte Strophe bieten dann eine nachdenkliche Reflexion: Man soll den Fasching nutzen, um das Leben zu genießen, aber auch bereit sein, zu fasten, wenn die Aschermittwoch, der Beginn der Fastenzeit, kommt.

Bei der Form des Gedichts handelt es sich um einen einfachen vierhebigen Trochäus.

Die Sprache des Gedichts ist einfach und direkt, die Wortwahl der Romantik entsprechend poetisch und reich an Metaphern und Bildern. Einige Elemente, wie das „Schellenkäppchen“ oder die Zeile „Viel besser, dass die Welt ihn schmeckt, | Als dass er ewig drinnen steckt“, erzeugen einen fröhlichen und leichten Ton und transportieren die ausgelassene Faschingsstimmung sehr gut. Es findet eine Personalisierung der abstrakten Idee des Faschings in Gestalt einer Mutter statt, was das Gedicht sehr anschaulich und nachvollziehbar gestaltet.

Zusammengefasst zeigt das Gedicht „Der Faschingsmantel“ von Geisheim auf poetische Weise das Potential des Faschings, den Menschen eine Auszeit vom Alltag und den Sorgen zu schenken und lädt zur Freude und zum Genuss ein, jedoch mit dem Bewusstsein der Vergänglichkeit dieses Vergnügens.

Weitere Informationen

Johann Karl Wilhelm Geisheim ist der Autor des Gedichtes „Der Faschingsmantel“. Der Autor Johann Karl Wilhelm Geisheim wurde 1784 in Breslau geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1839 zurück. Breslau ist der Erscheinungsort des Textes. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das 234 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 42 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Johann Karl Wilhelm Geisheim ist auch der Autor für Gedichte wie „Die Schlittenfahrt“, „Die Schlittschuhfahrer“ und „Die Sternbilder“. Zum Autor des Gedichtes „Der Faschingsmantel“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 29 Gedichte vor.

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