Auf des Wolgebornen Fräuleins, Fräulein Agnesen von Schönburg u.s.w. Beisetzung von Paul Fleming
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Es ist ja zu beklagen: |
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auf eins in zweien Tagen |
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sind zwei Geschwister hin. |
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Zwei junge Stammessprossen |
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sind nun auf eins verschossen; |
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diß schmerzet unsren Sin. |
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Um was wir gestern weinten |
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und nicht zu trösten scheinten, |
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das machte Held August. |
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Heut' ursachst du, du Liebe, |
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das wir so sehen trübe |
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und schlagen an die Brust. |
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Er war der Helden Herze, |
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du aller Schönen Kerze, |
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so ie gewesen sein. |
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Dich preist man unter Deinen. |
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Ihn rühmt man unter Seinen, |
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weil keins nicht war gemein'. |
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O Nymphe, deine Blüte, |
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dein himmlisches Gemüte, |
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dein tugendvoller Geist |
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macht, daß wir duppelt müssen |
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auf Tränen sein beflissen |
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und was uns Trauren heißt. |
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Was man an dir nur sahe, |
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das war dem Himmel nahe, |
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daher du warest auch. |
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Nichts mochte dir belieben, |
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was dunkeln kan und trüben |
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der Eitelkeiten Rauch. |
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Dein Leben war ein Leben, |
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das stets dem Tod' ergeben |
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und willig kunte sein, |
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wenn einst der Schöpfer käme |
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und wieder zu sich näme |
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was er dir vor blies ein. |
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Nur uns deucht es zu schnelle, |
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daß du von deiner Stelle |
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und uns gewichen bist. |
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Doch war es selbst dein Wille, |
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daß du Gott hieltest stille, |
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wie tut ein wahrer Christ. |
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Du fromme Menschgöttinne, |
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nun hastu völlig inne, |
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wornach du hier gestrebt. |
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Worauf du bist gestorben, |
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das hastu nun erworben |
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und tot uns überlebt. |
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Itzt müssen deine Stralen |
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das Blaue schöner malen, |
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uns rauben des Gesichts. |
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Du fünkelst in den Sternen |
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und blickest her von Fernen |
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auf dieses große Nichts. |
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Die güldnen Cherubinnen |
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bemühn sich, was sie können, |
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und dienen stets dir auf. |
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Der Engel edle Scharen |
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zu hunderttausent Paren |
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begleiten deinen Lauf. |
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Wenn wird es doch geschehen, |
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daß wir auch können sehen, |
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was du schon siehest itzt, |
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wo jene drei Personen, |
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die doch nur Eins sind, wonen, |
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und wo Gott selber sitzt? |
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Sei, seelge Seele, seelig |
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und zeuch auch uns allmälig |
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dir nach und Himmel an! |
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Was uns von dir verbleibet, |
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mit dem du warst umleibet, |
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sei ehrlich beigetan! |
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Diß, was wir hier verscharren, |
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will deiner Ankunft harren |
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auf jenen großen Tag. |
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Die Erde sei ihm leichte, |
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so dar ein Ieder reichte, |
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der ihn zu lieben pflag! |
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Dein Grab, das müsse blühen, |
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mit Lilgen ganz verschnien |
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und aller Blumen Zier! |
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Kein Wind, kein Schnee, kein Regen |
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soll deiner Gruft entgegen |
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und sein beschwerlich dir. |
Details zum Gedicht „Auf des Wolgebornen Fräuleins, Fräulein Agnesen von Schönburg u.s.w. Beisetzung“
Paul Fleming
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379
1632
Barock
Gedicht-Analyse
Paul Fleming ist der Autor des Gedichtes „Auf des Wolgebornen Fräuleins, Fräulein Agnesen von Schönburg u.s.w. Beisetzung“. 1609 wurde Fleming in Hartenstein (Sachsen) geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1632. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Bei Fleming handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Literaturepoche des 17. und 18. Jahrhunderts, die wir heute als Barock bezeichnen, leitet sich von dem portugiesischen Wort „barocco“ ab. Das portugiesische Wort stammt ursprünglich aus dem Juwelierhandwerk und heißt auf Deutsch „unregelmäßige, schiefrunde Perle“. Die Bevölkerung Europas entwickelte sich nach dem Dreißigjährigen Krieg in verschiedene Richtungen. Der Krieg stellte dabei ein besonders prägendes Ereignis dar. Aber auch die Pest übte einen starken Einfluss auf die Verhältnisse der damaligen Zeit aus. Die Barockdichtung ist im Wesentlichen von drei Leitmotiven (Memento mori, Vanitas, Carpe diem) bestimmt, die die Lebenseinstellung der Bevölkerung beschreiben. Vor dem Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges war der Alltag der Bevölkerung von Gewalt und Zerstörung bestimmt. Alle genannten Motive setzen sich auf verschiedene Weise mit der verbreiteten Angst vor dem Tod und seinen Auswirkungen auseinander. Die Dichter der Renaissance schrieben noch auf Lateinisch, die Autoren der Literaturepoche des Barocks begannen, ihre Werke in Deutsch zu veröffentlichen. Schriftsteller und Werke dieser Zeit sind vielzählig. Martin Opitz, Andreas Gryphius oder Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen sind unverkennbare Vertreter der Zeit des Barocks.
Das vorliegende Gedicht umfasst 379 Wörter. Es baut sich aus 14 Strophen auf und besteht aus 84 Versen. Die Gedichte „Wie er wolle geküsset seyn“, „Tanzlied“ und „Ein getreues Herz zu wissen“ sind weitere Werke des Autors Paul Fleming. Zum Autor des Gedichtes „Auf des Wolgebornen Fräuleins, Fräulein Agnesen von Schönburg u.s.w. Beisetzung“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 366 Gedichte vor.
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- Wie er wolle geküsset seyn
- Tanzlied
- Ein getreues Herz zu wissen
- In allen meinen Thaten
- Tugend ist mein Leben
- Hier ist Nichts denn finstre Nacht
- Auf die Weise des 101. Psalms
- Auf des 8. Psalms Melodei
- Nach des 6. Psalmens Weise
Zum Autor Paul Fleming sind auf abi-pur.de 366 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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