Auf Jungfrau Magdalena Weinmans Ableben von Paul Fleming

So bist du dennoch hin,
du schöne Weinmannin,
von welcher man so ofte
den blassen Tod erfuhr,
bald die gewündschte Kur
und Leben hoffte?
 
Du Tugendsame, du,
tust du die Augen zu,
die mehr nicht wollen glimmen?
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Du wolberedter Mund,
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erstummen dir itzund
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die süßen Stimmen?
 
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Wo ist der Stirnen Schein,
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die klaren Äugelein?
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Die weißen Zähne blecken,
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der Wangen Milch und Blut
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verfärbt die schöne Flut
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mit toten Flecken.
 
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Du lustigs Miethaus, du,
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Leib, lege dich zur Ruh'!
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Dein hat man satt gepflogen.
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Dein Geist, dein werter Gast,
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den du bewirtet hast,
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ist ausgezogen.
 
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Er schiffte Himmel an;
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der Glaube war sein Kahn,
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die Wündsche Botsgesellen,
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die Ruder, Segel, Mast
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sein Beten, er die Last,
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die Tränen Wellen.
 
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Die Lieb' ist sein Kompaß,
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die Gegenliebe das,
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was Helene bei Nachte,
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die Seufzer guter Wind.
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So segelt' er geschwind,
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wohin er dachte.
 
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Des Ankers darf er nicht,
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der ihm zwar nicht gebricht.
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Nichts macht den Himmel trübe.
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Der Bräutgam geht zum Furt'
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und wartet an dem Port'
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auf seine Liebe.
 
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Steig aus, du herzer Gast,
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spricht er, und sei umfaßt
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von deines Buhlen Armen!
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Komm, Seele, keusche Braut!
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Dich hab ich mir vertraut
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durch mein Erbarmen.
 
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Dein Malschatz bin selbst ich,
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du meiner. Meine mich,
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wie ich dich herzlich meine!
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So solstu ewig sein
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was ich bin. Du bist mein',
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ich allzeit deine.
 
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Dein Zierrat und Geschmeid'
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ist Zucht und Ehrligkeit,
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die Keuschheit deine Krone,
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die Scham dein Ehrenkranz:
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so gehst du an den Tanz
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mit Gottes Sohne.
 
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Der Schauplatz ist ein Feld
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der güldnen Sternenwelt.
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Die lichten Cherubinen
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sind fertig zu den Rei'n;
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hingegenüber schrein
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die Seraphinen.
 
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Das Brautmal ist bereit:
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die Speis' ist Ewigkeit,
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die Trachten lauter Leben,
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der Trank ein stetes Nun.
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Mit solchem lieben Tun
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bist du umgeben.
 
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So laufen um den Saal
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die Engel ohne Zahl
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und rüsten auf ein Lager.
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Dein Vater nennt ihn schon,
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wie auch die Mutter, Sohn,
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die Schwester Schwager.
 
79 
Wol, keusche Seele, dir!
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Wo bleiben aber wir?
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Furcht wacht an allen Enden,
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dortnaus ist Krieg und Not,
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hierinnen Pest und Tod.
84 
Wer wird diß wenden?
 
85 
Sprich deinen Bräutgam an!
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Er ists, der retten kan,
87 
er wird sich noch erbarmen,
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er ists, der Hülfe hat.
89 
Uns mangelt Rat und Tat,
90 
uns armen Armen!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (30.6 KB)

Details zum Gedicht „Auf Jungfrau Magdalena Weinmans Ableben“

Autor
Paul Fleming
Anzahl Strophen
15
Anzahl Verse
90
Anzahl Wörter
372
Entstehungsjahr
1632
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichtes „Auf Jungfrau Magdalena Weinmans Ableben“ ist Paul Fleming. Der Autor Paul Fleming wurde 1609 in Hartenstein (Sachsen) geboren. Im Jahr 1632 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Barock kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Fleming ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Als Barockliteratur wird in der deutschen Geschichte der Literatur seit dem Jahr 1800 das schriftstellerische Schaffen in Europa im Zeitraum zwischen etwa 1600 und 1720 bezeichnet. Der Begriff „Barock“ stammt aus dem Portugiesischen und bedeutet so viel wie schiefrunde, seltsam geformte Perle. Die Bevölkerung Europas entwickelte sich nach dem Dreißigjährigen Krieg in unterschiedliche Richtungen. Der Krieg stellte ein prägendes Ereignis dar. Auch die Pest übte einen großen Einfluss auf die Verhältnisse der damaligen Zeit aus. Die Literaturepoche des Barocks zeichnet sich insbesondere durch die Antithetik, also einem von Widersprüchen und Gegensätzen geprägtem Bewusstsein, aus. Durch die Antithetik kommt es in der Epoche des Barocks vermehrt zur Verwendung von Gegensatzpaaren, wie zum Beispiel: Jenseits und Diesseits, Tugend und Wollust oder Weltzugewandtheit und Weltverneinung. Unter den Literaturgattungen genossen die Lyrik in Form von Sonetten, Liedern oder Oden, die Epik in Form des Romans und das Drama größere Bedeutung. Während die Schriftsteller der Renaissance vorwiegend auf Latein, der Sprache der Wissenschaft, ihre Werke verfassten, war man nun bestrebt, sich der deutschen Sprache zu widmen. Bedeutende Schriftsteller des Barocks waren etwa: Martin Opitz, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau, Christian Weise, Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen und Andreas Gryphius.

Das Gedicht besteht aus 90 Versen mit insgesamt 15 Strophen und umfasst dabei 372 Worte. Weitere Werke des Dichters Paul Fleming sind „O liebliche Wangen“, „Wie er wolle geküsset seyn“ und „Tanzlied“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Auf Jungfrau Magdalena Weinmans Ableben“ weitere 366 Gedichte vor.

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