Auf Herrn Peter Kuchens und Jungfrau Helenen Ilgens ihre Hochzeit von Paul Fleming
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Und was ist es fast von Nöten, |
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daß sich mühen die Poeten, |
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Bräutgam, um dein Hochzeitfest, |
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da das junge Jahr in Allen |
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dir und Deiner zu Gefallen |
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einen Brauttanz hören läßt? |
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Der gesunde Mai kommt gangen |
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in den ganz verblümten Wangen |
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und verjüngt euch seinen Schein. |
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Phöbus sendet seine Stralen, |
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läßt den Platz mit Farben malen |
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da der erste Reihn soll sein. |
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Zephyr fleugt mit offnem Munde |
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und haucht aus dem Blumenschlunde |
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mancher Blumen liebe Zier. |
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Aklei, Tulpen und Narzissen |
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sieht man aus dem Boden sprießen, |
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den ihr tretet, für und für. |
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Die gelehrten Nachtigallen |
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schrein euch zu mit lauten Schallen: |
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Glück, Glück, Glück, du trautes Paar! |
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Dir, dir, dir gilt unser Singen, |
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dem die Täler widerklingen! |
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ruft des Federpöfels Schaar. |
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Auf den Feldern, in den Auen |
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habt ihr eure Lust zu schauen; |
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Alles schicket sich in euch. |
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Die verbulten Heerden scherzen, |
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wenn sie euch sehn sehnlich herzen, |
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und umfangen sich zugleich. |
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Daß die Elster heller rauschet, |
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daß um Bulerinnen tauschet |
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manches liebes Wasservolk, |
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daß die Püscher sanfter brausen, |
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daß die Lüfte linder sausen |
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und uns trübet keine Wolk': |
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Alles diß und anders Alles, |
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was uns wol tut gleiches Falles, |
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wen wol trifft und geht es an? |
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Seid nicht ihr's, ihr Liebsten beide, |
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denen die und andre Freude |
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blos zur Lust wird angetan? |
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Ja, ihr seid's! So braucht der Ehren, |
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die euch Alles hilft vermehren, |
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was sich freuet weit und breit! |
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Eilt zur Lust, lauft zu den Tänzen, |
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weil ihr noch seid in den Lenzen, |
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euren und des Jahres Zeit. |
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Norden, Osten, Süd und Westen |
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blasen den berauschten Gästen |
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kühle, linde Lüfte zu. |
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Ihr indessen, weil sie trinken, |
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laßt die matten Augen sinken |
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in die angenäme Ruh'! |
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Wol! Wer will euch das verwehren, |
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was wir Alle doch begehren? |
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Geht das sanfte Rasten ein! |
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Was ihr schlafet, was ihr wachet, |
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was ihr lachet, was ihr machet, |
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werden lauter Scherze sein, |
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solche Scherze, so mit nichten |
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bloße Scherze sind zu richten, |
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daß hernach diß sage frei, |
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warum ihr euch itzt wollt herzen, |
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daß zugleich in euren Scherzen |
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Schimpf und Ernst gewesen sei. |
Details zum Gedicht „Auf Herrn Peter Kuchens und Jungfrau Helenen Ilgens ihre Hochzeit“
Paul Fleming
11
66
340
1632
Barock
Gedicht-Analyse
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Auf Herrn Peter Kuchens und Jungfrau Helenen Ilgens ihre Hochzeit“ des Autors Paul Fleming. Im Jahr 1609 wurde Fleming in Hartenstein (Sachsen) geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1632 entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Bei Fleming handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Der Barock umfasst etwa die Zeit von 1600 bis 1720. Die Übersetzung des portugiesischen Wortes „barocco“ lautet „unregelmäßig geformte Perle“. Das Leben der Menschen war geprägt von der Pest und dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). Die Menschen lebten in schwierigen Verhältnissen. Adelige erlaubten sich hingegen einen luxuriösen Lebensstil, wohingegen das Volk in bitterer Armut lebte. Die Fürsten wollten immer mehr Einfluss auf Lebensstil und Erziehung gewinnen. Bauernaufstände und Unruhen führten jedoch zu einem Umdenken der Menschen und zu einem zunehmenden Selbstbewusstsein. Es herrschte in der Epoche des Barocks ein antithetisches (also gegensätzliches) Weltbild. Luxus und Verschwendung der Adeligen standen Armut und Leid innerhalb der einfachen Bevölkerung gegenüber. Die Literatur im Barock war ebenso gekennzeichnet von inhaltlichen Widersprüchen. Diesseits und Jenseits standen sich ebenso gegenüber wie Spiel und Ernst oder Schein und Sein. In der Barockliteratur wurde die lateinische Sprache von der deutschen abgelöst. Autoren und Werke sind zahlreich in dieser Zeit. Martin Opitz, Andreas Gryphius oder Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen sind typische Vertreter der Literaturepoche des Barocks.
Das vorliegende Gedicht umfasst 340 Wörter. Es baut sich aus 11 Strophen auf und besteht aus 66 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Paul Fleming sind „In allen meinen Thaten“, „Tugend ist mein Leben“ und „Hier ist Nichts denn finstre Nacht“. Zum Autor des Gedichtes „Auf Herrn Peter Kuchens und Jungfrau Helenen Ilgens ihre Hochzeit“ haben wir auf abi-pur.de weitere 366 Gedichte veröffentlicht.
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Weitere Gedichte des Autors Paul Fleming (Infos zum Autor)
- O liebliche Wangen
- Wie er wolle geküsset seyn
- Tanzlied
- Ein getreues Herz zu wissen
- In allen meinen Thaten
- Tugend ist mein Leben
- Hier ist Nichts denn finstre Nacht
- Auf die Weise des 101. Psalms
- Auf des 8. Psalms Melodei
- Nach des 6. Psalmens Weise
Zum Autor Paul Fleming sind auf abi-pur.de 366 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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