Auf Herrn Godfried Simmerlins seinen Geburtstag von Paul Fleming
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Werd' ich euch auch wieder grüßen, |
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ihr vor lieben Bücher ihr, |
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und auf euch so sein beflissen, |
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Aristotel und Porphyr, |
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als ich wol bevor gewesen, |
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da ich über eurem Lesen |
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manchen Tag und manche Nacht |
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lustig habe durchgebracht? |
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Und du zweier Kunst' Erfinder, |
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des Arznei und Saiten sind, |
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wo doch lass' ich deine Kinder, |
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meine Brüder, so geschwind'? |
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Hippokras, den ich so ehrte, |
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der mich schöne Sachen lehrte, |
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Sennert, meiner Seelen Freund, |
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flieh' ich itzt als meinen Feind. |
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Auch die deutschen Kastalinnen, |
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meine Zier und ander Preis, |
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sind ein Ekel meiner Sinnen. |
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Pegasis wird mir zu Eis. |
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Hippokrene ist versogen, |
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hat mir allen Saft entzogen. |
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Was mir sonsten Sehnen war, |
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ist mir itzt ein Grauen gar. |
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Nein! Ich kan nicht mehr so sitzen, |
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mich tun in den eiteln Bann |
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und mit dem den Leib abnützen, |
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das ihm doch nichts frommen kan. |
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Soll ich fort und fort studiren |
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und ein blasses Leben führen, |
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da ich sterbe wie der Man, |
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der wie ich stirbt und nichts kan? |
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Er indessen braucht der Freuden |
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und giebt seinen Wundsch darein. |
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Wir nur sind so unbescheiden, |
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die wir weise wollen sein, |
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daß wir da ein Ding erwählen, |
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das doch nur beschwert die Seelen, |
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das nur ist ein bloßer Wahn, |
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der uns so verzäubern kan. |
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Soll ich mir solch Elend machen, |
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mich ins Finstre sperren ein, |
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wenig schlafen, lange wachen, |
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halbsatt essen, durstig sein? |
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Hätt' ich Lust zu diesem Orden, |
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so wär' ich ein Mönch längst worden, |
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die, ob man sie gleich sperrt ein, |
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doch in ihrer Freiheit sein. |
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Weg, ihr Klugen! Ich bin klüger. |
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Liberei, gehab dich wol! |
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Plato, du bist ein Betrieger! |
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Ich weiß, was ich wissen soll. |
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Ich will in das Grüne gehen, |
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wo die dicksten Blumen stehen, |
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wo des Jahrs Apell, der Mai |
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Alles malet mancherlei. |
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Meine Lust ist bei den Bächen |
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um manch stummes Wasserkind, |
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wo die tollen Frösche zechen |
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und in stetem Jauchzen sind, |
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wo die freierischen Westen |
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bulen mit den schwanken Ästen |
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und weh'n einen Hall darein, |
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als es solten Küsse sein. |
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Hier sind Auen, hier sind Wälder, |
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hier sind Ströme, hier Fontein, |
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hier sind dickbewachsne Felder |
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und was tausent Freuden sein. |
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Hier sind Hirten, da sind Heerden, |
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so auf weicher, feuchter Erden |
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nach dem Tone der Schalmei |
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springen in gewündschter Rei'. |
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Und da werd' ich dich auch finden, |
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Freund, und eine dicke Schaar, |
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die dir bunte Kränze winden |
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in dein schwarzes, krauses Haar, |
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die mit Blumen auf dich streiten |
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und mit Grünem ganz bespreiten, |
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die in einem Schreien schrein: |
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Freund, du solst gebunden sein! |
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Ich, der Kleinest' unter Allen, |
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an Person, an Freundschaft nicht, |
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will dir auch tun zu Gefallen, |
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was allda ein Ieder spricht. |
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Sei gebunden! Ich muß sorgen, |
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daß, ie besser du dich morgen |
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lösen wirst, ie mehr wirstu |
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diese Schlingen ziehen zu! |
Details zum Gedicht „Auf Herrn Godfried Simmerlins seinen Geburtstag“
Paul Fleming
11
88
456
1632
Barock
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Auf Herrn Godfried Simmerlins seinen Geburtstag“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Paul Fleming. Im Jahr 1609 wurde Fleming in Hartenstein (Sachsen) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1632 zurück. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Barock zu. Der Schriftsteller Fleming ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Der Barock umfasst etwa die Zeit von 1600 bis 1720. Die Übersetzung des portugiesischen Wortes „barocco“ lautet „unregelmäßig geformte Perle“. Das Zeitalter des Barocks wurde durch den Dreißigjährigen Krieg stark beeinflusst – Hunger, Seuchen (insbesondere die Pest), Vergewaltigung und Tod sorgten für großes Elend bei der Bevölkerung in Europa. So dezimierte sich die Bevölkerung in Deutschland von etwa 28 Millionen im Jahr 1615 auf 11 Millionen Menschen am Ende des Krieges im Jahr 1648. Elend und Krieg lösten in der Bevölkerung ein Bewusstsein der eigenen Vergänglichkeit aus. Dagegen lebten die alleinigen, absolutistischen Herrscher in protzigen Luxus und ließen sich Prunkschlösser errichten. Diese Gegensätze von Lebenslust und Todesangst bzw. Luxus und Armut spiegelten sich ebenso in der Barockliteratur wider. In der Dichtung wird der Einsatz solcher inhaltlichen Gegensätze als Antithetik bezeichnet. In der vorhergehenden Epoche der Renaissance waren noch viele Dichtungen in lateinischer Sprache geschrieben worden. Mit dem Barock begann die Zeit der deutschsprachigen Literatur. Die meisten Autoren gehörten dem Gelehrtenstand an: Theologen, Akademiker, Beamte und Adelige. Berühmte Literaten des Barocks sind etwa Martin Opitz, Andreas Gryphius, Daniel Caspar von Lohenstein, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau und Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen.
Das Gedicht besteht aus 88 Versen mit insgesamt 11 Strophen und umfasst dabei 456 Worte. Der Dichter Paul Fleming ist auch der Autor für Gedichte wie „Tanzlied“, „Ein getreues Herz zu wissen“ und „In allen meinen Thaten“. Zum Autor des Gedichtes „Auf Herrn Godfried Simmerlins seinen Geburtstag“ haben wir auf abi-pur.de weitere 366 Gedichte veröffentlicht.
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Weitere Gedichte des Autors Paul Fleming (Infos zum Autor)
- O liebliche Wangen
- Wie er wolle geküsset seyn
- Tanzlied
- Ein getreues Herz zu wissen
- In allen meinen Thaten
- Tugend ist mein Leben
- Hier ist Nichts denn finstre Nacht
- Auf die Weise des 101. Psalms
- Auf des 8. Psalms Melodei
- Nach des 6. Psalmens Weise
Zum Autor Paul Fleming sind auf abi-pur.de 366 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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