Der 32. Psalm von Paul Fleming

1	Der 32. Psalm
2	Eine Unterweisung Davids
3	Wie selig, selig ist ein Sterblicher zu schätzen,
4	dem Gott den Sündenrest fern aus den Augen setzen,
5	ja gänzlich schenken kan, dem seiner Gnaden Tuch
6	den Wust der Fehler deckt, der Segen kriegt für Fluch!
7	Ich sage noch einmal, daß selig der zu preisen,
8	dem Gott an Zorrens statt sich milde kan erweisen,
9	erläßt ihm Straf' und Schuld, der nur bekennet frei,
10	von allem Heucheln weit, daß er ein Sünder sei.
11	Denn als ich meine Not auch dachte zu verschweigen,
12	da wolte mir für Angst der Beine Mark verseigen.
13	Durch die Gewissensqual entgieng mir meine Kraft,
14	von deiner schweren Hand verlor ich allen Saft.
15	Wie wenn zu Sommerszeit die durstigen Gefilder
16	der grimme Hundsstern brennt, der Auen schöne Bilder,
17	die Blumen werden welk und hängen unter sich,
18	Herr, also stund es auch umb meinen Schmuck und mich.
19	Ich wil nur meine Schuld geradezu bekennen
20	und deinen Geisel mich ganz unverholen nennen.
21	Ich spreche: Sihe Herr, das ist der Sünden Knecht!
22	alsbald vergiebst du mir und machest mich gerecht,
23	streichst jene Handschrift durch. Umb dieses muß ein ieder,
24	ja auch die Heiligen vor dir sich bücken nieder
25	und einen Fußfall tun; drumb sind sie außer Not,
26	wenn eine große Flut sie gar wil haben tot
27	und taucht sie unter sich. Herr, du bist mein Erretter,
28	behüte mich für Angst, vertilge meine Spötter!
29	Ich pfände dir mich ein zu sagen werthen Dank,
30	zu rühmen deine Kraft durch einen Lobgesang.
31	Herr, sprich zu mir: Kom her, ich wil dich unterweisen!
32	hier ist der wahre Steg, hier kanstu zu mir reisen,
33	und meinen Himmel an. Kom, richte dich nach mir!
34	mein klares Augenliecht sol stets dir gehen für
35	und eine Fackel sein. - Seid nicht so unverständig,
36	wie Gäul' und Mäuler sein, die eh' nicht werden bändig,
37	als wenn ihr wildes Maul ein scharfer Zügel zwingt,
38	daß ihnen Blut und Schaum durch beide Lefzen dringt;
39	da werden sie erst zahm. Der Böse hat viel Plagen;
40	wer auf den Herren hofft, der kan von Gutem sagen.
41	Seid, ihr Gerechten, froh, und ihr, ihr Frommen, rühmt!
42	Diß ist der rechte Preis, der unserm Herren ziemt.

Details zum Gedicht „Der 32. Psalm“

Gedicht-Analyse

Paul Fleming ist der Autor des Gedichtes „Der 32. Psalm“. Geboren wurde Fleming im Jahr 1609 in Hartenstein (Sachsen). Im Zeitraum zwischen 1625 und 1640 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Barock zuordnen. Fleming ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Der Barock umfasst den Zeitraum von 1600 bis 1720. Die Übersetzung des portugiesischen Wortes „barocco“ lautet „unregelmäßig geformte Perle“. Während des Dreißigjährigen Krieges wurden weite Teile Deutschlands zerstört. Die Menschen der damaligen Zeit, damals durch ein starkes soziales Gefälle zwischen Hof und Provinz geprägt, litten folglich unter den immensen Auswirkungen des Krieges. Unzählige Menschen starben an den Folgen der Pest und des Krieges. Die Epoche des Barocks wurde davon stark beeinflusst. Die Literatur des Barocks ist stark geprägt von der Antithetik. Das heißt, die Menschen nahmen ihre Welt als gegensätzlich und widersprüchlich war. Das Leben der einfachen Bevölkerung war von Armut geprägt. Bei den Adeligen herrschten dennoch Luxus und Verschwendung. Im Barock wurde die lateinische Sprache von der deutschen abgelöst. Zu den namhaften Autoren der Literatur des Barocks zählen beispielsweise: Casper von Lohenstein, Martin Opitz, Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen, Andreas Gryphius, Caspar Ziegler, Paul Fleming, Angelus Silesius und Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau.

Das vorliegende Gedicht umfasst 354 Wörter. Es baut sich aus 2 Strophen auf und besteht aus 42 Versen. Der Dichter Paul Fleming ist auch der Autor für Gedichte wie „Wie er wolle geküsset seyn“, „Tanzlied“ und „Ein getreues Herz zu wissen“. Zum Autor des Gedichtes „Der 32. Psalm“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 366 Gedichte vor.

Weitere Gedichte des Autors Paul Fleming (Infos zum Autor)

• O liebliche Wangen
• Wie er wolle geküsset seyn
• Tanzlied
• Ein getreues Herz zu wissen
• In allen meinen Thaten
• Tugend ist mein Leben
• Hier ist Nichts denn finstre Nacht
• Auf die Weise des 101. Psalms
• Auf des 8. Psalms Melodei
• Nach des 6. Psalmens Weise

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