Der 130. Psalm von Paul Fleming

Der 130. Psalm
Ein Lied im höhern Chor
 
Aus diesem tiefen Schlund', aus dieser schwarzen Gruft,
hab' ich so oft und oft, o Herr, zu dir geruft:
Ach Vater, höre mich! ach laß dein' Ohren merken
auf meines Flehens Stimm'. Herr, so du nach den Werken
mit uns verfahren wilst, uns unsre Missetat
und Sünde rechnen zu, so man verübet hat,
Herr, Herr, wer wird vor dir in seinem Tun bestehen?
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Wir müssen allesampt auf eins zu scheitern gehen.
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Du aber, Gott, vergiebst, daß man dich fürchten sol,
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und so kan mancher noch vor dir bestehen wol,
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der nur frisch aus bekennt und Gnad' umb Recht begehret,
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das ihm denn, milder Herr, von dir stracks wird gewehret.
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So kan man selig sein. Ich harre meines Herrn,
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und meine Seele harrt. Der frische Saft und Kern,
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den sein Wort in sich hat, heißt so mich auf ihn hoffen.
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Diß Wohnhaus meiner Seel' halt' ich dem Herren offen
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nicht an dem Tage nur. Wenn noch die dicke Nacht
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umb mein Gemach ist her und eh die Sonn' erwacht,
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so denk ich schon an ihn und warte mit Verlangen
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auf ihn und seinen Trost. Ganz Israel sol hangen
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mit seinen Hoffnungen und Seufzen, Herr, an dir,
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denn blos bei dir allein ist Gnade für und für.
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Du bist die Gnade selbst. Wol! hoffet all' ihr Frommen,
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wir wollen doch durch ihn zur alten Freiheit kommen!
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Erlösung hat er gnung. Und er, der treue Gott,
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wird Jacob machen los von aller Schuld und Not.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.2 KB)

Details zum Gedicht „Der 130. Psalm“

Autor
Paul Fleming
Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
249
Entstehungsjahr
1609 - 1640
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Paul Fleming ist der Autor des Gedichtes „Der 130. Psalm“. 1609 wurde Fleming in Hartenstein (Sachsen) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1625 und 1640. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Barock zuordnen. Bei Fleming handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Als Literatur des Barocks wird in der deutschen Geschichte der Literatur seit dem Jahr 1800 die literarische Produktion in Europa im Zeitraum zwischen etwa 1600 und 1720 bezeichnet. Der Begriff „Barock“ stammt aus dem Portugiesischen („barocco“) und bedeutet so viel wie seltsam geformte, schiefrunde Perle. Die Literaturepoche des Barocks ist durch ein bedeutendes Ereignis geprägt, dem Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648. Durch die ungenügenden sanitären Bedingungen konnten sich Infektionskrankheiten rasend ausbreiten. Rund ein Drittel der Menschen kamen durch den Krieg und sich ausbreitenden Seuchen, wie etwa der Pest, ums Leben. Durch die immense Verminderung der Bevölkerung erlahmte das wirtschaftliche Leben zunehmend. Elend und Krieg lösten in der niederen Bevölkerung ein Bewusstsein der eigenen Vergänglichkeit aus. Im Gegensatz dazu lebten die absolutistischen, alleinigen Herrscher in protzigen Luxus und ließen sich Prunkschlösser errichten. Diese Gegensätze von Todesangst und Lebenslust bzw. Armut und Luxus ließen sich ebenfalls in der Literatur ausmachen. In der Lyrik wird der Einsatz solcher inhaltlichen Gegensätze als Antithetik bezeichnet. Der Barock war die erste Epoche, die in Deutschland bewirkte, dass Literatur von nun an nicht mehr auf Latein, sondern erstmals auch auf Deutsch publiziert wurde. Eine besondere zur Zeit des Barock präferierte Form der Lyrik stellte das sogenannte Sonett dar. Im Barock war der größte Teil der Literatur Gelegenheitsdichtung. Man schrieb zur gehobenen Unterhaltung oder bei Hofe zur Fürstenhuldigung. Für den wohlhabenden Bürger schrieben Lyriker für Taufen, Beerdigungen, Hochzeiten. Die Lyrik des Barocks wird deswegen auch als Gesellschaftsdichtung bezeichnet.

Das vorliegende Gedicht umfasst 249 Wörter. Es baut sich aus 2 Strophen auf und besteht aus 28 Versen. Die Gedichte „Wie er wolle geküsset seyn“, „Tanzlied“ und „Ein getreues Herz zu wissen“ sind weitere Werke des Autors Paul Fleming. Zum Autor des Gedichtes „Der 130. Psalm“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 366 Gedichte vor.

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