Das Gebet Manasse, des Königs Juda, da er zu Babel gefangen war von Paul Fleming
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O Herr, du starker Gott, du Vater unsrer Väter, |
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und ihres Samens auch, der ein gerechter Täter |
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in deinen Satzen ist, der du das Firmament, |
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der tiefen Erde Schoß und was sich drinnen wendt, |
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auch was steht unverwandt, aus Nichts doch hast erfunden! |
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Du hast das hohe Meer durch dein Gebot erfunden, |
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du, Gott, verschleußst die See, als siegeltst du sie zu, |
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sie bricht nicht dein Pitschier. Du Herr, allein Herr du |
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bist schrecklich und doch gut. Dein herrlich Loh zu mehren |
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erschufst du diesen Bau. Dich, dich muß alles ehren. |
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Diß Ganz' erschrickt für dir. Wir fürchten uns erblaßt |
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für deiner großen Macht, die du dir geben hast. |
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Unträglich ist dein Zorn, den du den Sündern dräuest. |
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Doch deine Mildigkeit, die du hierbei verleihest, |
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ist mäßig ohne Maß, und zu erforschen nicht, |
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wie deinen grimmen Ernst die linde Gnade bricht. |
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Der Allerhöheste bist du allein zu nennen, |
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so weit die Sonne kan mit ihren Gäulen rennen |
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umb die gecirkte Welt! Jedoch, wie groß du bist, |
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so lind' und gnädig auch dein Herz, o Vater, ist. |
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Die Strafe trübt dich selbst, mit der du uns belegen, |
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uns harte Sünder, must. Drumb hastu auch hingegen |
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ein Vorteil auserdacht, wie du der offnen Schuld |
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kanst einen Durchstrich tun und wieder werden huld. |
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Das ist die ernste Buß', in der du uns quittirest |
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von aller Missetat. Weil aber du, Herr, führest |
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den Namen, daß du bist der Frommen Gott allein, |
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so kan die Buße nicht den Frommen geben sein, |
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wie Abram, Isaak und Jacob für dir waren, |
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als denen wider dich kein Feil nie widerfahren. |
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Ich aber habe, Herr, vor dir gesündigt sehr, |
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mein Unrecht überwiegt den kleinen Sand am Meer. |
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Ich muß gekrümmet gehn in schweren eisern Banden |
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und habe keine Ruh, weil ich mit meinen Schanden |
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erwecket deinen Zorn, da ich vor dir getan |
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groß' übermachte Schuld, indem ich böser Mann, |
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viel schweres Ergernüß und solche Greuelsünden |
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vorhin hab' ausgeübt. Doch so noch Heil zu finden, |
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so sieh, ich beuge, Herr, die Knie des Gemüts, |
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mein Herze neigt sich dir. Erteil mich des Beschieds, |
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daß ich Gnad' haben sol! Ach Herr, ich bin gefallen! |
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Gefallen bin ich, Herr. Nun aber, wie dem Allen, |
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ich kan und wil und sol es leugnen nicht für dir, |
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ich beichte meine Schand'. Ich bitte, steh bei mir! |
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vergib mir, fleh' ich, Herr! Herr, wehre dem Verderben! |
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Laß mich doch trostlos nicht in meinen Sünden sterben! |
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Herr, mildre mir die Straf', und laß sie träglich sein! |
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Hilf mir Unwürdigen und brich zu mir herein |
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mit deinem Gnädigsein! So wil ich dein Erbarmen |
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beloben, weil ich bin. Dich rühmet, was umbarmen |
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der Himmel starke Heer'. Herr, preisen sol man dich, |
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dich Grundbarmherzigen, wie ietzt, so ewiglich. |
Details zum Gedicht „Das Gebet Manasse, des Königs Juda, da er zu Babel gefangen war“
Paul Fleming
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1609 - 1640
Barock
Gedicht-Analyse
Paul Fleming ist der Autor des Gedichtes „Das Gebet Manasse, des Königs Juda, da er zu Babel gefangen war“. Geboren wurde Fleming im Jahr 1609 in Hartenstein (Sachsen). Zwischen den Jahren 1625 und 1640 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Barock kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Fleming ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Der Barock umfasst den Zeitraum von 1600 bis 1720. Die wörtliche Übersetzung des portugiesischen Begriffes „barocco“ lautet „unregelmäßig geformte Perle“. Der Dreißigjährige Krieg, der in die Zeit von 1618 bis 1648 fiel, gilt als das maßgebende Bezugselement des Barocks. Der Dreißigjährige Krieg hinterließ ein politisch, wirtschaftlich und kulturell verfallenes Deutsches Reich. Aufgrund der Auseinandersetzungen wurden ganze Landstriche entvölkert. So wurden Zerstörung, Gewalt und Tod zum Teil des Alltags der Menschen der damaligen Zeit. Schwere Hungersnöte und Seuchen, wie die Pest, verschlimmerten die bedrohliche Situation der Bevölkerung weiter. Allein der Ausbruch der Pest dezimierte die Bevölkerung um ein Drittel. Die Literatur in der Epoche des Barock ist beeinflusst von der Antithetik. Das bedeutet, die Menschen nahmen ihre Welt als gegensätzlich und widersprüchlich war. Das Leben der einfachen Bevölkerung war von Armut, Krieg und Krankheit geprägt. Bei den Adeligen herrschten jedoch Luxus und Verschwendung. Die Dichter der Renaissance nutzten noch die lateinische Sprache, die Autoren des Barock begannen, ihre Werke in deutscher Sprache zu verfassen. Die wichtigen Vertreter der Dichtung der Barockzeit sind Paul Fleming, Martin Opitz, Andreas Gryphius, Christian Hofmann von Hofmannswaldau, Johann Christian Günther, Simon Dach, Angelus Silesius und Friedrich von Logau.
Das vorliegende Gedicht umfasst 449 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 52 Versen. Die Gedichte „Hier ist Nichts denn finstre Nacht“, „Auf die Weise des 101. Psalms“ und „Auf des 8. Psalms Melodei“ sind weitere Werke des Autors Paul Fleming. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Das Gebet Manasse, des Königs Juda, da er zu Babel gefangen war“ weitere 366 Gedichte vor.
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- Wie er wolle geküsset seyn
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- In allen meinen Thaten
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- Hier ist Nichts denn finstre Nacht
- Auf die Weise des 101. Psalms
- Auf des 8. Psalms Melodei
- Nach des 6. Psalmens Weise
Zum Autor Paul Fleming sind auf abi-pur.de 366 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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