Andacht von Paul Fleming

Ich lebe, doch nicht ich; derselbe lebt in mir,
der mir durch seinen Tod das Leben bringt herfür.
Mein Leben war sein Tod, sein Tod war mir mein Leben,
nur geh' ich wieder ihm, was er mir hat gegeben.
Er lebt durch meinen Tod, mir sterb' ich täglich ab.
Der Leib, mein irdnes Teil, der ist der Seelen Grab,
er lebt nur auf den Schein. Wer ewig nicht wil sterben,
der muß hier in der Zeit verwesen und verderben,
weil er noch sterben kan. Der Tod, der geistlich heißt,
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der ist alsdann zu spat, wann uns sein Freund hinreißt,
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der unsern Leib bringt um. Herr, gieb mir die Genade,
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daß dieses Leibes Brauch nicht meiner Seelen schade.
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Mein Alles und mein Nichts, mein Leben, meinen Tod,
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das hab' ich bei mir selbst. Hilfst du, so hats nicht Not.
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Ich wil, ich mag, ich sol, ich kan mir selbst nicht raten,
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dich wil ichs lassen tun, du hast bei dir die Taten.
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Die Wündsche tu ich nur, ich lasse mich ganz dir.
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Ich wil nicht meine sein. Nim mich nur, gieb dich mir!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Andacht“

Autor
Paul Fleming
Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
182
Entstehungsjahr
1609 - 1640
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichtes „Andacht“ ist Paul Fleming. Fleming wurde im Jahr 1609 in Hartenstein (Sachsen) geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1625 bis 1640 entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Barock zuordnen. Der Schriftsteller Fleming ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Literaturepoche des Barock begann circa 1600 und endete im Jahr 1720. Die wörtliche Übersetzung des aus dem Portugiesischen stammenden Begriffes „barocco“ lautet „schiefe Perle“. Der Dreißigjährige Krieg(1618–1648) gilt als das maßgebende Bezugselement des Barocks. Der Dreißigjährige Krieg hinterließ ein wirtschaftlich, politisch und kulturell verfallenes Deutsches Reich. Aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen wurden ganze Landstriche entvölkert. So wurden Tod, Gewalt und Zerstörung zum Teil des Alltags der Menschen der damaligen Zeit. Hungersnöte und Seuchen, wie die Pest, verschlimmerten die Situation der Bevölkerung weiter. Allein der Ausbruch der Pest dezimierte die Bevölkerung um ein Drittel. Die Dichtung des Barocks ist im Wesentlichen von drei Leitmotiven (Memento mori, Vanitas, Carpe diem) beeinflusst, die die Lebenseinstellung der Menschen beschreiben. Vor dem Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges war der Alltag der Menschen von Gewalt und Zerstörung beeinflusst. Alle genannten Motive setzen sich auf unterschiedliche Art mit der weitverbreiteten Angst vor dem Tod und seinen Auswirkungen auseinander. Die am meisten genutzten Formen in der Lyrik waren das Sonett, das Epigramm, die Elegie und die Ode. In der Literatur des Barocks begannen die Autoren ihre Werke in deutscher Sprache zu verfassen. Die Autoren der Renaissance schrieben noch in lateinischer Sprache. Dichter und Werke dieser Zeit sind vielzählig. Andreas Gryphius, Martin Opitz oder Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen sind unverkennbare Vertreter der Zeit des Barocks.

Das vorliegende Gedicht umfasst 182 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 18 Versen. Paul Fleming ist auch der Autor für Gedichte wie „Hier ist Nichts denn finstre Nacht“, „Auf die Weise des 101. Psalms“ und „Auf des 8. Psalms Melodei“. Zum Autor des Gedichtes „Andacht“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 366 Gedichte vor.

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