Elegie an das traurige Hartenstein von Paul Fleming

War es denn noch nicht gnug, daß Mamers seine Plagen,
du liebes Hartenstein, dir greulich schickte zu,
der, wie man sagen tut, bei Nachten und bei Tagen
mit seiner Grausamkeit dir lässet wenig Ruh'?
Es muste noch Fortun sich besser an dir rächen,
wiewol ohn' deine Schuld, und führen über dich
Den, welcher grimmer ist denn jenes Hauen, Stechen,
den Tod, den rauhen Tod. Mars lässet weisen sich,
wann man ihm, was er will, ohn Wegerung erleget,
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und gibt ihm seinen Sold: so bistu nicht, o Tod!
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Dich weder Geld, noch Gold, noch Ranzion beweget,
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sie wäre noch so groß, für Eines Sterbensnot.
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Mars ändert seinen Rat, - oft gibt er Gnad' umb Bitten,
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auch mitten in dem Zorn. O Tod, so bistu nicht!
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Du änderst keinen Rat, du bleibst bei deinen Sitten;
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erzürnestu dich denn, da hilfet keine Pflicht.
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Mars, ob er gleich will sein der stärkste Gott der Erden
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und solcher nur allein, oft werden ihrer mehr;
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der steckt ihn in den Sack, der jenes Herr kan werden:
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o Tod, o starker Tod! wes ist, wes ist das Heer,
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wer ist, wer ist der Herr, der dich mög' überwinden?
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Und wär' er noch so stark, so bistu stärker noch;
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und wolten Tausent dich und aber Tausent binden,
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du bindest alle sie, sie zwingstu unters Joch.
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Nun kom und frag' ich dich von dieser beider Wesen,
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o traurigs Hartenstein, du liebes Vaterland:
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wann du aus Mars und Tod den Einen solst erlesen,
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wen nämbstu dieser beid'? O streckstu deine Hand
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zu Mars? Ja freilich wol. Er war gar leicht zu wählen
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für jenem, welcher ist ein steter Menschenfraß;
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hingegen dieser fromm, er hört noch auf zu quälen,
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da jener garausmacht und würgt ohn Unterlaß.
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Es ist nicht ohne zwar, daß mancher oft begehret
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zu sein viel lieber tot, als wenn ihn Mamers zwingt,
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weil dieses Tyrannei endlos gar gerne währet,
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hingegen jener ihn zum guten Ende bringt.
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Diß aber, weiß ich wol, dir würde nicht gefallen,
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von Liebe, die du trägst zu deiner Obrigkeit;
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Mars wüte noch so sehr, hingäbstu was euch allen,
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wenn du dein und ihr Leid köntst wenden dieser Zeit.
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Mars nimmermehr so sehr die Tränen dir auszwunge,
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als diese Leiche tut, die man ietzt führt zur Gruft
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und setzt sie traurig bei. Ietzt weinen Alt' und Junge,
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daß dieses Klag-Geschrei erschallet in die Luft.
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Ich auch dein duppelt Leid muß überlaut beweinen,
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wiewol du weit von mir, doch aber nah dein Leid.
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Ach! ach! wenn wird einmal der Gnaden-Phöbus scheinen
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und einst abtauschen dir dein großes Leid mit Freud'?
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Elegie an das traurige Hartenstein“

Autor
Paul Fleming
Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
48
Anzahl Wörter
424
Entstehungsjahr
1609 - 1640
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Elegie an das traurige Hartenstein“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Paul Fleming. Geboren wurde Fleming im Jahr 1609 in Hartenstein (Sachsen). Im Zeitraum zwischen 1625 und 1640 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Barock zu. Bei dem Schriftsteller Fleming handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Die Epoche des Barocks dauerte von etwa 1600 bis 1720 an. Die Begrifflichkeit „Barock“ leitet sich vom portugiesischen Wort „barocco“ ab und bedeutet „schiefrunde, seltsam geformte Perle“. Der Dreißigjährige Krieg, der im Jahr 1618 begann und 30 Jahre später (also 1648) endete, hat die Literaturepoche des Barocks stark geprägt. Der Krieg war eine Katastrophe von unvorstellbarem Ausmaß. Die Bevölkerung litt unter den Kämpfen, Hungersnöten, aber insbesondere unter der Pest, an der viele Menschen starben. Die Bevölkerung Deutschlands ging um etwa 30 Prozent zurück. Der Barock in der Literaturgeschichte wurde von Gegensätzen geprägt. Dabei standen vorrangig das Jenseits und das Diesseits oder der Schein und das Sein im Mittelpunkt der Dichtung. Von Gegensätzen beeinflusst war auch das Leben der Bevölkerung. So lebte die Mehrheit der Bevölkerung in Armut, Adelige hingegen lebten einen luxuriösen Lebensstil. In der vorherigen Epoche der Renaissance waren noch viele Dichtungen in lateinischer Sprache veröffentlicht worden. Im Barock begann jedoch die Zeit der in deutscher Sprache verfassten Literatur. Die Autoren gehörten in der Regel dem Gelehrtenstand an: Theologen, Akademiker, Adelige und Beamte. Berühmte Lyriker des Barocks sind insbesondere Andreas Gryphius, Martin Opitz, Daniel Caspar von Lohenstein, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau oder Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen.

Das vorliegende Gedicht umfasst 424 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 48 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Paul Fleming sind „Tanzlied“, „Ein getreues Herz zu wissen“ und „In allen meinen Thaten“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Elegie an das traurige Hartenstein“ weitere 366 Gedichte vor.

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