Auf des Edlen Georg Seidels von Breßlau Leichbestattung von Paul Fleming

Diß ist es, werter Freund, wie wenig es auch ist,
das du nun, nicht wie vor mit irdnen Augen, siehst
aus einer höhern Burg; diß ist es, was ich schriebe
zum Zeichen deiner Treu' und Male deiner Liebe,
die nicht gemeine war. Du hast tot obgesiegt,
du lebest übermacht! Wer, wie du, unten liegt,
der steht frei aufgericht'. Die werte Heldenkrone
hast du vor dein Verdienst bekommen nun zu Lohne,
in ihr prangst du vor Gott. Wer ritterlich hier fällt,
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der hat in dieser Ruhm, und Preis in jener Welt.
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Kein dapfrer Kriegsman stirbt. Das Leben, das er setzet
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auf Eisen, Blei und Stahl, wird leichtlich zwar verletzet.
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Wer viel wagt, kömmt um viel. Doch auch gewinnt man viel,
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wer seine Schanze setzt auf ein berühmtes Spiel,
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als wie allhier geschieht. Was ist es, daß man lebet
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um eine Hand voll Blut und was darinnen webet,
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das hier gefühlet wird? Wie bald ist es geschehn,
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daß wir den schwachen Geist durch schwache Zähne sehn
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verhauchen in die Luft, wenn uns ein schlechtes Fieber
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befällt und opfert auf? Wer wolte nicht viel lieber
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an einen sichtbarn Feind, für dem er stehen kan,
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und auf gut ritterlich es mit ihm nehmen an,
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als einen matten Tod im faulen Bette leiden,
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den man zwar schelten kan, doch aber nicht vermeiden?
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Im Felde stirbt sichs baß. Nicht wie ein Feiger tut,
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der seine Tage nicht gesehn ein Tröpflein Blut,
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trutzt auf der Mutter Geld, des Vatern Rittergüter.
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Hat er sie so? weiß Gott, nein! nein! Nicht die Gemüter,
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so ohne Mute sind, doch ihnen bilden ein,
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als solten sie wol mehr als Hector selber sein,
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gehören in den Krieg. Er taug ja auch zu kriegen;
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er solte, mein' ich wol, doch auch nicht unten liegen,
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wo Frauenzimmer Feind', die Küsse Kugeln sein
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und was man sonsten da mit Sturme nimmet ein:
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da ist er wol versucht. Ich kenn' auch einen Bauer,
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der solte zu dem Tun nicht sehen allzusauer;
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wie selten er sonst lacht, wenn man ihm solchen Streit
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böt' an, er näm' nichts zu. Ein Solcher schmäht die Zeit,
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schont seiner zarten Haut, bläst in die weichen Finger,
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wenn er kaum nichts rührt an, hält sich doch nicht geringer,
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als der, so viel gesehn; hängt seine Fochtel an,
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die er zu tragen weiß, als wol kein Edelman;
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vom Brauchen weiß ich nicht. Ein Andrer muß sich schmiegen,
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den er für schlechter hält; weiß prächtig her zu lügen
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vom Reisen diß und das, da doch der gute Schweiß
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in seiner ganzen Kunst nicht anders meint und weiß,
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die Welt sei größer nicht, als seines Nachbarn Garten,
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der doch so groß nicht ist; verschleißt die Zeit mit Karten;
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dieweil ein Ander' sich des Vaterlandes wehrt,
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steht Not und Hunger aus, liegt er zu Haus' und zehrt:
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das mag ein Ritter sein! Du hast durch deine Tugend
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dich recht geadelt selbst, mehr in der ersten Jugend
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als Andre, die schon grau, mit deiner Faust verbracht:
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drum wird nun deiner auch mit Ruhme stets gedacht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Auf des Edlen Georg Seidels von Breßlau Leichbestattung“

Autor
Paul Fleming
Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
54
Anzahl Wörter
498
Entstehungsjahr
1632
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Auf des Edlen Georg Seidels von Breßlau Leichbestattung“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Paul Fleming. Im Jahr 1609 wurde Fleming in Hartenstein (Sachsen) geboren. 1632 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Der Schriftsteller Fleming ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Der die Jahre 1600 bis 1720 umfassende Zeitraum gilt als Literaturepoche des Barocks, die sich in Deutschland während und nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) entfaltete. Als Bezeichnung der Epoche wird das aus dem Portugiesischen stammende Wort „Barock“ erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts genutzt. Die Bevölkerung Europas entwickelte sich nach dem Dreißigjährigen Krieg in verschiedene Richtungen. Der Krieg stellte ein besonders prägendes Ereignis dar. Auch die Pest übte einen großen Einfluss auf die Verhältnisse der damaligen Zeit aus. Die Literatur im Barock ist stark beeinflusst von der Antithetik. Das heißt, die Menschen der damaligen Zeit nahmen ihre Welt als gegensätzlich und widersprüchlich war. Das Leben der einfachen Bevölkerung war von Armut, Krieg und Krankheit geprägt. An den Fürstenhöfen herrschten dennoch Luxus und Verschwendung. Die Zeit des Barocks stellte einen Wandel von lateinischer zu deutscher Literatur dar. Die bedeutsamste Literaturform der Epoche war dabei die Dichtkunst. Das Sonett war die häufigste Form eines Gedichts, die Verwendung fand. Die bedeutenden Vertreter der Lyrik im Barock sind Paul Fleming, Martin Opitz, Andreas Gryphius, Christian Hofmann von Hofmannswaldau, Simon Dach, Johann Christian Günther, Friedrich von Logau und Angelus Silesius.

Das Gedicht besteht aus 54 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 498 Worte. Die Gedichte „In allen meinen Thaten“, „Tugend ist mein Leben“ und „Hier ist Nichts denn finstre Nacht“ sind weitere Werke des Autors Paul Fleming. Zum Autor des Gedichtes „Auf des Edlen Georg Seidels von Breßlau Leichbestattung“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 366 Gedichte vor.

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