Auf Herrn Christof Bierauens mit Jungfrau Elisabeth Stangens Hochzeit von Paul Fleming
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Die Sonne wolte gleich ietzt aus den Fischen schreiten, |
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der Himmel stund erstarrt, die weißen Wolken speiten |
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die dürre Flut, den Schnee; die Erde war ganz greis |
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und runzlicht an der Haut; die Fluten hatten Eis, |
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die Felder Flocken um; zur Zeit, wenn Mars nicht kriegen, |
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wie er gern wolte, kan, muß in Quartieren liegen, |
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da ihm denn auch ist wol. - Wiewol man itzt gewohnt, |
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daß man bei Winters auch des Feindes nicht verschont, |
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wie das mein Teutsches Land gelernet hat von Norden, |
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der kriegerischen Welt. Wir sind Soldaten worden |
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und gehn den Ahnen gleich. So lange kriegen wir |
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und kriegen minder doch als so viel nichts dafür, |
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verkriegen Gut und Geist. - Nun, eben dieser Tage |
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begab sichs, daß Gott Mars auch in der Ruhe lage, |
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sein Hauptquartier war hier. Frau Venus, wie man weiß, |
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pflegt nicht fern' ab zu sein. Es friere noch solch Eis, |
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es drehe wie es will, sie läßt sich nichts erhalten, |
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reist ihren Buhlen nach, versperrt den lahmen Alten |
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und läßt ihn hämmern wol. Wie denn der gute Man |
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itzt so viel hat zu tun, daß er nicht schlafen kan: |
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er soll, weiß nicht wie viel der Harnsche fertig haben |
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bald auf den ersten Mai. Indessen kan sich laben |
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die Venus, wie sie will. So viel Zeit hat er nicht, |
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daß er seh' eins darnach, ob sie noch brenne Liecht, |
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ob sie entschlummert sei, ob sie sei extra gangen. |
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Zu dem so hat er auch nicht so ein groß Verlangen |
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mit ihr verliebt zu tun. Sie hält ihn auch nicht groß, |
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im Fall' sie liegen kan in eines Andern Schoß, |
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und der es besser kan. Gleich als sie nun vernommen, |
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daß ihr geliebter Freund allhier sei angekommen, |
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der eben auch nach ihr ein solch Verlangen trug, |
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als wie sie wol nach ihm, sprach sie: Nun hab' ich Fug; |
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mein Sohn, du solst mit mir! Lauf, spanne vor die Tauben! |
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Ihr andern bringt mir Schmuck, Geschmeide, Röcke, Schauben |
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und was mein Schönstes ist! Die Göttin setzt sich auf |
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und fährt also davon: die helle Zunft folgt drauf. |
Details zum Gedicht „Auf Herrn Christof Bierauens mit Jungfrau Elisabeth Stangens Hochzeit“
Paul Fleming
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1609 - 1640
Barock
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Auf Herrn Christof Bierauens mit Jungfrau Elisabeth Stangens Hochzeit“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Paul Fleming. Fleming wurde im Jahr 1609 in Hartenstein (Sachsen) geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1625 bis 1640 entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Barock zuordnen. Der Schriftsteller Fleming ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Der die Jahre 1600 bis 1720 umfassende Zeitraum gilt als Epoche der Barockliteratur, die sich in Deutschland während und nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) entfaltete. Als Epochenbezeichnung wird das aus dem Portugiesischen stammende Wort „Barock“ erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts genutzt. Während des Dreißigjährigen Krieges wurden weite Teile Deutschlands zerstört. Die Bevölkerung, damals durch ein starkes soziales Gefälle zwischen Hof und Provinz geprägt, litt folglich unter den katastrophalen Kriegseinwirkungen. Viele Menschen starben an den Folgen der Pest und des Krieges. Die Epoche des Barocks wurde davon stark beeinflusst. Elend und Krieg lösten in der ärmeren Bevölkerung ein tiefes Bewusstsein der eigenen Vergänglichkeit aus. Im Gegensatz dazu lebten die absolutistischen, alleinigen Herrscher in pompösen Luxus und ließen sich Prunkschlösser bauen. Diese Gegensätze von Todesangst und Lebenslust bzw. Armut und Luxus ließen sich auch in der Barockliteratur ausmachen. In der Dichtung wird die Verwendung solcher inhaltlichen Gegensätze als Antithetik bezeichnet. Als Literaturgattungen erlebten die Lyrik in Form von Sonetten, Liedern oder Oden, die Epik in Form des Romans und das Drama einen Aufschwung. Während die Schriftsteller der Renaissance vorwiegend in lateinischer Sprache, der Sprache der Wissenschaft, ihre Werke schrieben, war man nun bestrebt, sich der deutschen Sprache zu widmen. Autoren und Werke dieser Zeit sind vielzählig. Andreas Gryphius, Martin Opitz oder Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen sind unverkennbare Vertreter des Barocks.
Das 343 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 36 Versen mit nur einer Strophe. Die Gedichte „Hier ist Nichts denn finstre Nacht“, „Auf die Weise des 101. Psalms“ und „Auf des 8. Psalms Melodei“ sind weitere Werke des Autors Paul Fleming. Zum Autor des Gedichtes „Auf Herrn Christof Bierauens mit Jungfrau Elisabeth Stangens Hochzeit“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 366 Gedichte vor.
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- Hier ist Nichts denn finstre Nacht
- Auf die Weise des 101. Psalms
- Auf des 8. Psalms Melodei
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Zum Autor Paul Fleming sind auf abi-pur.de 366 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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