Als H. Görg Wilhelm Pöhmer von ihm aus Moskaw nach Deutschland verreisete von Paul Fleming
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Bis hieher war dein Ziel. Nun zeuchst du, süßer Freund, |
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mit Ehren wieder heim, wo deine Sonne scheint |
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und meine Hoffnung blüht. Zwar, wäre Wündschen Können, |
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und wäre Wollen Tun, du soltest nicht von hinnen |
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und so den Rückzug tun. Ich läge dir stets an, |
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damit mein langer Weg nicht würd' ohn' dich getan, |
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o du mein Pylades! Mein Phöbus würde brünstig, |
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säng' höher als zuvor, weil du ihm wärest günstig, |
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an dem es ihm sonst fehlt. Kein Ekel, kein Verdruß |
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des Reisens stieß' mich an, den ich sonst fürchten muß. |
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Zeuch aber, wie du tust, weil ja der Rat der Sternen |
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dich heißt zurücke gehn! Der muß mehr sehn und lernen, |
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der noch nicht gnugsam kan. Du, dieser Jahre Pracht, |
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hast die Vollkommenheit selbselbsten leer gemacht. |
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Dein weises Tun tut kund, worzu du bist geboren: |
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zu nichts, als was dir gleicht. Hast keine Zeit verloren |
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beim Spiel' und um ein Glas, nicht, wie wol mancher pflegt, |
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der mehr Herz' in dem Mund', als Mund im Herzen trägt, |
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der eh' nicht ist ein Man, als bis er kömmt zu Frauen. |
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Bist jung gegangen hin, um nicht nur anzuschauen, |
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was Feind mit Feinden tut, bist selbst gebrochen raus, |
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hast deinen Gegenteil voran gefordert aus, |
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das Kriegern rühmlich ist. Der neulich große König |
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war dir nach Würden hold. So zeugst du auch nicht wenig, |
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wie wol du deine Zeit bei dem hast angelegt, |
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der unsers Landes Last auf seinen Achseln trägt, |
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ein Atlas dieser Zeit. Die Blüte deiner Jugend |
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streut von sich weit und breit den Ruch von aller Tugend. |
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Kein schönes Buch geht aus, du weißt es, eh' es kömmt, |
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und kanst es, eh' es der kaum in die Hände nimmt. |
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Thuanus lebt in dir, des Grotii Gemüte, |
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des Heinsius sein Geist bewohnen dein Geblüte. |
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Und solle gleich durch Neid Barclaius untergehn, |
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so würd' er doch durch dich hinwieder ganz dastehn: |
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so fertig bist du sein. Du liebst, was wert zu lieben, |
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und setzest es in dich. Was Opitz hat geschrieben, |
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was unser Werder singt, das kanst du ohn' Gefähr |
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und sagst es ohne Buch auf einen Nagel her, |
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das Keiner von uns kan. Ich wunder' mich der Gaben. |
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Denn was wir Andern halb, ja kaum nur einzeln haben, |
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Gedächtnüß, Wissenschaft, Beredsamkeit, Verstand, |
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das hat der Himmel ganz allein auf dich gewandt. |
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Das tut ein Geist wie du: er adelt seinen Adel, |
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wie hoch er durch sich selbst, hält diß für einen Tadel, |
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zwar vom Geschlechte groß, doch klein am Wissen sein. |
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Den Stamm, das Rittergut, das erbt man ingemein, |
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Kunst will gelernet sein. Der Helm, das Feld, die Fahnen |
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sind der verdiente Lohn der ritterlichen Ahnen. |
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Wird ihre Tugend nicht den Kindern eingesenkt, |
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so ist es wie ein Traum, an den man sehnlich denkt |
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und sich mit Schmerzen freut. Die Ehre wird zur Schande, |
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die ohne Würden ist. Der Hohn wächst mit dem Stande. |
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Der ist gedoppelt groß, wo Adel und Verstand |
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in gleicher Höhe stehn. Dein schönes Vaterland, |
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das große Nürnberg lacht ietzt mitten in dem Weinen |
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und blicket schon nach dir. Die hocherfreuten Deinen |
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sehn auf dich, wenn du kömst. Die schöne Pegnitz läuft, |
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sie weiß nicht, was für Zier sie in der Eil' ergreift, |
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reißt Pol und Aklei aus, bricht Rosen und Violen, |
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mit Näglein untermengt. Des Glückes Schwestern holen |
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die güldnen Fäden her, Apollo bricht ein Reis |
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von seinem Lorber ab; der Ehren Kind, der Preis, |
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versetzt dir einen Kranz, den trägt dir das Gerüchte |
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auch itzt entgegen schon. Diß sind der Tugend Früchte. |
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Der Ruhm, der wird dein Lohn. Nun weise deiner Stadt, |
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was dein geübter Sinn so viel erfahren hat! |
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Dein Lob, das stirbet nicht. Ich werde weiter müssen. |
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Mein Sinn ist unvergnügt an Moskau ihren Flüssen, |
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will stärker Wasser sehn, ist wie schon auf der Rha, |
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in Amphitritens Schoß, der Göttin von Sala, |
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und was er itzt nicht weiß. Gott gebe seinen Segen! |
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Ich ziehe förder hin, Matuta, dir entgegen. |
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Sei Titan mir geneigt! Ich beuge mich vor dir, |
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wann du aus Thetis Schoß zu Morgen tritst herfür. |
Details zum Gedicht „Als H. Görg Wilhelm Pöhmer von ihm aus Moskaw nach Deutschland verreisete“
Paul Fleming
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74
665
1634
Barock
Gedicht-Analyse
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Als H. Görg Wilhelm Pöhmer von ihm aus Moskaw nach Deutschland verreisete“ des Autors Paul Fleming. Fleming wurde im Jahr 1609 in Hartenstein (Sachsen) geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1634 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Barock zu. Bei Fleming handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Epoche des Barock folgt auf die Epoche des Humanismus und der Renaissance. Sie umfasst den Zeitraum von etwa 1600 bis 1720. Der Begriff leitet sich aus dem Portugiesischem ab. Der Begriff stammt aus der Juweliersprache und bedeutet so viel wie„schiefrunde, seltsam geformte Perle“. Der Dreißigjährige Krieg, der im Jahr 1618 begann und 30 Jahre später (also 1648) endete, hat die Literaturepoche des Barocks stark geprägt. Der Krieg war eine Katastrophe von einem Ausmaß, das kaum vorstellbar ist. Die Menschen litten unter den Kämpfen, Hungersnöten, aber vorwiegend unter der Pest, an der eine Vielzahl von Menschen verstarb. Die Bevölkerungszahl in Deutschland ging um etwa 30 Prozent zurück. Die Autoren betrachteten in ihren Werken die Gegensätze in nahezu allen Lebensbereichen. Dies bezeichnet man auch als Antithetik. Inhaltlich folgten die Autoren der Antithetik und stellten in ihren Werken Gegensätze in den Mittelpunkt – etwa Diesseits und Jenseits, Schein und Sein oder Verfall und Blüte. In Deutschland kam es durch den Barock zu einer Ablösung des Lateinischen in der Literatur - einschließlich der philosophischen und wissenschaftlichen Literatur - durch das Deutsche. Im Zeitalter des Barocks war der größte Teil der Literatur Gelegenheitsdichtung. Man dichtete zur gehobenen Unterhaltung oder bei Hofe zur Fürstenhuldigung. Für den wohlhabenden Bürger schrieben Dichter zum Anlass von Taufen, Beerdigungen, Hochzeiten. Die Lyrik des Barocks wird deswegen auch Gesellschaftsdichtung genannt.
Das Gedicht besteht aus 74 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 665 Worte. Weitere Werke des Dichters Paul Fleming sind „Ein getreues Herz zu wissen“, „In allen meinen Thaten“ und „Tugend ist mein Leben“. Zum Autor des Gedichtes „Als H. Görg Wilhelm Pöhmer von ihm aus Moskaw nach Deutschland verreisete“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 366 Gedichte vor.
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Zum Autor Paul Fleming sind auf abi-pur.de 366 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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