Auf H. Lyon Bernullis, Fürstl. Holstein. Gesandten Hofejunkern, Namenstag von Paul Fleming
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Was soll man anders tun an einem lieben Tage, |
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als daß man ganz entfreit von aller Not und Klage |
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von Herzen frölich sei? Setz' alles Leid seitab |
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und denke bei der Lust dem Himmel, der sie gab! |
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Guts kömmt vom Guten her, dem Einigen, dem Wahren, |
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von dem uns Keinem noch was Böses widerfahren. |
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Die Zeit, die fleugt vorbei, die Jahre warten nicht; |
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die Stunden schießen fort. Ein ieder Blick, der spricht: |
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Ergreif' mich, weil ich bin! Dich trifft nun deine Reihe, |
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Freund, und gebeut auch uns, daß man sich mit dir freue! |
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Bist du nur so bereit zur Frölichkeit als wir, |
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so wird den ganzen Tag getrunken ganz kein Bier. |
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Auf heut' ist diß zu schlecht. Wenn Pböbus uns läßt scheinen |
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den Tag, da uns zuerst die Mutter hörte weinen, |
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da wills nicht sein geweint. Wein will von Nöten sein, |
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der gibt dem Herzen Herz' und stärket Mark und Bein. |
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Das kan Lyäus tun, der Starke, der Bezwinger, |
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der Lustfreund, Herzenstrost, Geistreger, Sinnendringer. |
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Heut' ist sein und dein Fest. Es stünde Beiden kahl, |
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wenn du ihn lüdest nicht auf diß dein frölichs Mahl. |
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Wer wolte lustig sein? So schicke denn nach Weine! |
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Geh, Junger, hol uns her den wertesten vom Rheine |
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und besten Lautertrank! Bring Zucker und Kanel, |
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Succat und Ingwer auch, des schwachen Magens Seel'! |
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Eil, hole was du solst! Du andrer lauf zum Garten |
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und putz das Lusthaus auf, leg auf das Bret und Karten, |
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befiehl auch, daß straks wird der Schorstein angemacht, |
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daß uns geglühter Wein nicht fehle durch die Nacht, |
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und wenn man sein begehrt! Streu Blumen auf die Bänke |
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und ordne das Confect! Vor allen so gedenke |
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der kalten Schalen wol, daß sie also, wie du |
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sie selbsten gerne magst, uns wird gerichtet zu! |
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Wenn dann das Saitenspiel nun wird sein angekommen, |
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und du die meiste Zahl der Jungfern hast vernommen, |
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die uns gebeten sind, so komm und sags uns an! |
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Wer dann von uns nicht kömmt, der ist kein guter Man. |
Details zum Gedicht „Auf H. Lyon Bernullis, Fürstl. Holstein. Gesandten Hofejunkern, Namenstag“
Paul Fleming
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328
1635
Barock
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Auf H. Lyon Bernullis, Fürstl. Holstein. Gesandten Hofejunkern, Namenstag“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Paul Fleming. Im Jahr 1609 wurde Fleming in Hartenstein (Sachsen) geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1635. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Fleming ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Als Barockliteratur wird in der deutschen Literaturgeschichte seit etwa 1800 das schriftstellerische Schaffen in Europa im Zeitraum zwischen etwa 1600 und 1720 bezeichnet und folgt auf die Epoche der Renaissance und des Humanismus. Der Begriff „Barock“ stammt aus dem Portugiesischen („barocco“) und bedeutet so viel wie seltsam geformte, schiefrunde Perle. Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) hat die Epoche des Barocks stark geprägt. Der Krieg war eine Katastrophe von unvorstellbarem Ausmaß. Die Menschen litten unter den Kämpfen, Hungersnöten, aber vorwiegend unter der Pest, an der eine Vielzahl von Menschen verstarb. Die Bevölkerungszahl Deutschlands ging um etwa ein Drittel zurück. Die Epoche des Barocks in der Literaturgeschichte wurde von Gegensätzen geprägt. Dabei standen insbesondere das Diesseits und das Jenseits oder das Sein und der Schein im Mittelpunkt der Literatur. Von Gegensätzen gezeichnet war auch das Leben der Menschen. So lebte der überwiegende Teil der Bevölkerung in Armut, Adelige hingegen lebten einen luxuriösen Lebensstil. Unter den Literaturgattungen erlebten die Lyrik in Form von Sonetten, Liedern oder Oden, die Epik in Form des Romans und das Drama einen Aufschwung. Während die Dichter der Renaissance vorwiegend in lateinischer Sprache, der Sprache der Wissenschaft, ihre Werke schrieben, bemühte man sich nun, sich der deutschen Sprache zu widmen. Zu den bekanntesten Autoren des Barocks gehören: Grimmelshausen, Andreas Gryphius, Casper von Lohenstein, Martin Opitz, Paul Fleming und Caspar Ziegler.
Das Gedicht besteht aus 36 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 328 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Paul Fleming sind „Tanzlied“, „Ein getreues Herz zu wissen“ und „In allen meinen Thaten“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Auf H. Lyon Bernullis, Fürstl. Holstein. Gesandten Hofejunkern, Namenstag“ weitere 366 Gedichte vor.
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Weitere Gedichte des Autors Paul Fleming (Infos zum Autor)
- O liebliche Wangen
- Wie er wolle geküsset seyn
- Tanzlied
- Ein getreues Herz zu wissen
- In allen meinen Thaten
- Tugend ist mein Leben
- Hier ist Nichts denn finstre Nacht
- Auf die Weise des 101. Psalms
- Auf des 8. Psalms Melodei
- Nach des 6. Psalmens Weise
Zum Autor Paul Fleming sind auf abi-pur.de 366 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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