Auf die seligmachende Geburt unsers Erlösers Jesu Christi von Paul Fleming
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Taue doch, o Himmel, taue! |
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Brecht, ihr Wolken, regnet her, |
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daß man den Gerechten schaue, |
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dessen nun nicht ohn' Beschwer |
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die betrübte Welt so lange |
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sich versieht und ihr macht bange! |
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Ja, es treufelt, ja, es tauet, |
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der gesunde Regen fällt. |
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Schauet hin, ihr Menschen, schauet: |
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dort, dort liegt das Heil der Welt. |
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Diß Kind ist der Tau, der Regen, |
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der die Erde soll bewegen. |
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Deucht michs oder ists im Wesen, |
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wie das Land schon weit und breit |
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von der Unart ist genesen |
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durch die fromme Feuchtigkeit, |
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wie daß Täler, Feld und Höhen |
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schon in schönerm Schmucke gehen? |
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Sei, gewündschte Nacht, gegrüßet, |
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da der keusche Jungfermund |
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einen jungen Sohn geküsset, |
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eh' sie ihn recht sehen kunt', |
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einen Sohn, den sie mit Rechte |
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doch wol Vater heißen möchte! |
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Unser Himmel ist im Stalle. |
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Recht so, Hirte Sybotus, |
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daß du mit der Pfeifen Schalle |
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ihm verehrest deinen Gruß! |
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Bei der Engel lauten Chören |
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lässest du dich billich hören. |
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Fleug, gemalter West, und streue |
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aus dem Blumen-Himmel Klee! |
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Daß die Luft Narzissen speie, |
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Lilgen für den weißen Schnee, |
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daß das Kind als in der Wiege |
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und in hellen Windeln liege! |
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Ihr, ihr eingestallten Tiere, |
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haucht ihm warmen Atem zu, |
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daß es keine Kälte rühre! |
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Stört es nicht aus seiner Ruh! |
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Jungfrau Mutter, denk indessen, |
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daß du Amme bist, und wessen! |
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O ihr hochgelobten Krippen, |
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unsers Heilands Schirm und Rast, |
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und o Stall, daß du nicht Lippen, |
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daß du doch nicht Zungen hast, |
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daß du selbsten köntest singen |
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von den wundersamen Dingen! |
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Kleiner Gast, doch auch zugleiche |
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großer Wirt der weiten Welt, |
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gib doch künftig unserm Reiche, |
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daß es sich zufrieden stelt, |
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daß doch mit dem alten Jahre |
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hin auch alle Plage fahre! |
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Segne künftig unsre Linden, |
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unsre halbgestorbne Stadt, |
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daß sich möge wieder finden |
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was der Krieg verderbet hat! |
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Reinige die faulen Lüfte, |
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die so schwanger sein mit Gifte! |
Details zum Gedicht „Auf die seligmachende Geburt unsers Erlösers Jesu Christi“
Paul Fleming
10
60
306
1632
Barock
Gedicht-Analyse
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Auf die seligmachende Geburt unsers Erlösers Jesu Christi“ des Autors Paul Fleming. Fleming wurde im Jahr 1609 in Hartenstein (Sachsen) geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1632 entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Barock zuordnen. Bei dem Schriftsteller Fleming handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Der Begriff Barock stammt vom portugiesischen Wort „barroco“ ab und bedeutet „schiefrunde Perle“. Die Bezeichnung für barock im Sinne eines Adjektivs wurde anfänglich abwertend gebraucht. Der Begriff Barock als Epochenbezeichnung setzte sich erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts durch und gibt der Literaturepoche im Zeitraum zwischen 1600 und 1720 den Namen. Die Literaturepoche des Barocks ist durch ein bedeutendes Ereignis geprägt, dem Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648. Durch die desaströsen sanitären Bedingungen konnten sich Seuchen ausbreiten. Rund dreißig Prozent der Bevölkerung kamen durch den Krieg und grassierenden Seuchen, wie etwa der Pest, ums Leben. Durch die immense Verminderung der Bevölkerung schwächte sich das wirtschaftliche Leben zunehmend ab. Elend und Krieg lösten in der Bevölkerung ein Bewusstsein der eigenen Vergänglichkeit aus. Im Gegensatz dazu lebten die alleinigen, absolutistischen Herrscher in verschwenderischem Luxus und ließen sich Schlösser voller Prunk errichten. Diese Gegensätze von Todesangst und Lebenslust bzw. Armut und Luxus ließen sich ebenfalls in der Literatur ausmachen. In der Lyrik wird die Verwendung solcher inhaltlichen Gegensätze als Antithetik bezeichnet. Unter den Literaturgattungen erfuhren die Lyrik in Form von Sonetten, Liedern oder Oden, die Epik in Form des Romans und das Drama einen Aufschwung. Während die Autoren der Renaissance vorwiegend auf Latein, der Sprache der Wissenschaft, verfassten, bemühte man sich nun, sich dem Deutschen zuzuwenden. Die Autoren gehörten in der Regel dem Gelehrtenstand an: Theologen, Akademiker, Beamte und Adelige. Berühmte Dichter des Barocks sind etwa Martin Opitz, Andreas Gryphius, Daniel Caspar von Lohenstein, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau und Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen.
Das Gedicht besteht aus 60 Versen mit insgesamt 10 Strophen und umfasst dabei 306 Worte. Paul Fleming ist auch der Autor für Gedichte wie „In allen meinen Thaten“, „Tugend ist mein Leben“ und „Hier ist Nichts denn finstre Nacht“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Auf die seligmachende Geburt unsers Erlösers Jesu Christi“ weitere 366 Gedichte vor.
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Weitere Gedichte des Autors Paul Fleming (Infos zum Autor)
- O liebliche Wangen
- Wie er wolle geküsset seyn
- Tanzlied
- Ein getreues Herz zu wissen
- In allen meinen Thaten
- Tugend ist mein Leben
- Hier ist Nichts denn finstre Nacht
- Auf die Weise des 101. Psalms
- Auf des 8. Psalms Melodei
- Nach des 6. Psalmens Weise
Zum Autor Paul Fleming sind auf abi-pur.de 366 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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