Wein und Liebe von Friedrich von Hagedorn
1 |
Nein, Liebe, nein! dir gilt nicht dieses Lied; |
2 |
Es soll mit Bacchus Ruhme prangen, |
3 |
Was mich erweckt, und was man hier ersieht, |
4 |
Ist wichtiger als weiß' und rothe Wangen. |
5 |
Ein jedes Glas, das diese Tafel ziert, |
6 |
Verbannt das blinde Kind, und macht aus Freunden Brüder, |
7 |
Und wer bei dir oft Herz und Witz verliert, |
8 |
Dem gibt der Wein Verstand und Freiheit wieder. |
|
|
9 |
Was hat vordem die Deutschen groß gemacht, |
10 |
Von deren Muth auch Feinde melden? |
11 |
Sie flohen dich, und zechten vor der Schlacht: |
12 |
Und dieß allein, dieß machte sie zu Helden. |
13 |
Das Alter selbst verjünget sich durch Wein, |
14 |
Wann Eintracht, Lust und Durst mit vollen Stutzern winken; |
15 |
Und würden nicht auch Götter sterblich sein, |
16 |
Wenn Götter nicht stets ihren Nectar trünken? |
|
|
17 |
Was macht gelehrt? Was nutzet einem Staat? |
18 |
Was suchen alt' und neue Weisen? |
19 |
Was fehlt dem Hof, der so viel Edles hat? |
20 |
Was müßten auch die größten Dichter preisen? |
21 |
Die Wahrheit ist's. Man trifft sie selten an; |
22 |
Doch wird sie dir gewiß ein ächter Säufer sagen: |
23 |
Und wer sie nicht beim Trunk entdecken kann, |
24 |
Sucht sie umsonst den Schönen abzufragen. |
|
|
25 |
Die Schönheit ist der Falschheit stolzer Sitz, |
26 |
Und jedes Jahr schwächt ihre Stärke. |
27 |
Doch thut der Wein durch eingeflößten Witz, |
28 |
Im Alter erst die größten Wunderwerke. |
29 |
Wie oftmals täuscht das Schmeicheln die Vernunft? |
30 |
Wie sklavisch wird ein Mund, der lächelnd trügt, verehret? |
31 |
Doch dieser Wahn verschont die freie Zunft, |
32 |
Die stets ihr Glas in Einem Zuge leeret. |
|
|
33 |
So wollt' ich einst, bei jubelvoller Lust, |
34 |
Des Weines Lob der Welt erzählen; |
35 |
Doch rührte bald ein andrer Trieb die Brust, |
36 |
Doch mußten bald die besten Worte fehlen. |
37 |
Nein, Bacchus, nein! dir galt nicht mehr mein Lied; |
38 |
Die junge Phyllis kam gegangen; |
39 |
Und man erblickt, wo so viel Liebreiz blüht, |
40 |
Nichts Wichtigers, als ihre schöne Wangen. |
Details zum Gedicht „Wein und Liebe“
Friedrich von Hagedorn
5
40
294
1708 - 1754
Aufklärung
Gedicht-Analyse
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Wein und Liebe“ des Autors Friedrich von Hagedorn. Geboren wurde Hagedorn im Jahr 1708 in Hamburg. In der Zeit von 1724 bis 1754 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Aufklärung zugeordnet werden. Bei Hagedorn handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 294 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Friedrich von Hagedorn sind „Harvstehude“, „Die Alster“ und „Leichen-Carmen“. Zum Autor des Gedichtes „Wein und Liebe“ haben wir auf abi-pur.de weitere 252 Gedichte veröffentlicht.
+ Mehr Informationen zum Autor / Gedicht einblenden.
+ Wie analysiere ich ein Gedicht?
Weitere Gedichte des Autors Friedrich von Hagedorn (Infos zum Autor)
- An die Dichtkunst
- Zorn eines Verliebten
- Der Wunsch
- Harvstehude
- Die Alster
- Leichen-Carmen
- An den Schlaf
- Die Nacht
- Der Morgen
- Dauer der Scribenten
Zum Autor Friedrich von Hagedorn sind auf abi-pur.de 252 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt