An la belle France. von Rudolf Lavant
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Wenn du vom Ausland mehr und Näh’res wüßtest, |
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Als leider, leider! du zu wissen pflegst |
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(Daß du für Völkerkunde Neigung hegst, |
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Ist wohl das Letzte, womit du dich brüstest?), |
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So wüßtest du, daß unsres Volkes Massen |
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Nicht ruhmsuchttoll, nicht kriegerisch, nicht blind |
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Für andrer Völker bestes Streben sind |
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Und daß sie Frankreich ganz gewiß nicht hassen. |
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Du wüßtest dann, daß zwischen Rhein und Oder |
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Es weite Kreise ernster Männer giebt, |
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In denen Frankreich man von Herzen liebt, |
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Das weggefegt so vielen Schutt und Moder, |
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Das auf der höchsten Warte der Gedanken, |
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Im Sonnenschein, im freien Lufthauch stand, |
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Und das den Weg zum Recht, zur Freiheit fand |
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Für Andre auch, nicht blos für seine Franken. |
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Du wüßtest dann, daß man sich grämt und trauert, |
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Wenn falsche Wege du verblendet gehst, |
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Wenn du im schlimmen Kreis dich schwindelnd drehst, |
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Und daß man nicht auf deine Fehler lauert; |
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Du wüßtest dann, daß man im deutschen Lande |
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Es als ein Unglück für die Welt beklagt, |
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Wenn Frankreich sich an Abenteuer wagt, |
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Die stets in Unheil enden und in Schande. |
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Auf dieser Freunde Lippen schwebt die Frage: |
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Wie lange dauert dieses Possenspiel? |
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Wann setzest einem Treiben du sein Ziel, |
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Das nur ein Abklatsch ist vergangner Tage? |
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Wie lange soll des Reiterstiefels Knarren |
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Für la belle France des Schicksals Stimme sein? |
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Wie lange glaubst du an sein „Ja“ und „Nein“? |
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Wie lange hält der Hanswurst dich zum Narren? |
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Stupid, verlogen, ohne Spur von Würde, |
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Im Grund ein Feigling, also auch brutal – |
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Was ist er mehr, dein „braver“ General? |
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Ist er berühmt? Sein Ruhm ist leichte Bürde. |
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Und wäre noch an ihm ein Zug von Größe, |
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Im Bösen selbst! Das imponirt der Welt, |
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Das bahnt den Weg zum Thron aus rauhem Zelt – |
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Doch er – wie fad, wie hohl in seiner Blöße! |
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Und er bewegt die Herzen und Gemüther |
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Und hoffen darf er, ohne toll zu sein, |
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Es setze einst das stolze Frankreich ein |
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Ihn zum Verwalter seiner höchsten Güter! |
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Das wird ein Fleck auf deinem Schilde bleiben, |
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Ein Riß, ein tiefer Riß durch dein Panier, |
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Und deinen Freunden wird es, da nicht dir, |
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Der Scham Erröthen in die Wange treiben. |
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Auf dieser Freunde Lippen schwebt die Frage: |
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Wie lange buhlst du um des Zaren Gunst? |
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Ist würdig es, daß der Kosacken-Brunst |
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Die Jungfrau Frankreich werbend an sich trage? |
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Frankreich und Rußland sind geborne Hasser, |
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Versöhnen wird kein Fürst, kein Schicksal sie. |
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Versöhnen Freiheit sich und Despotie? |
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Versöhnt das Feuer jemals sich dem Wasser? |
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Nicht ungestraft kannst du mit Rußland gehen, |
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Nicht ungestraft zum Newa-Ufer schau’n; |
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Die Neigung schwindet, ist es um’s Vertrau’n, |
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Das jeder Neigung Seele ist, geschehen. |
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Ihr speist am besten an getrennten Tischen, |
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Denn zwischen euch gähnt eine geist’ge Kluft; |
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Es thut nicht gut, Orangenblüthenduft |
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Mit dem des Juchtenleders zu vermischen. |
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Nicht furchtsam beugen sollst du deinen Nacken, |
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Doch hindert das, die Wahrheit einzusehn: |
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„Es macht nicht stark, es macht nur schwach, zu gehn |
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Am Arm des freiheitfeindlichen Kosacken?“ |
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Es bringt dir Schimpf, nach seinem Kuß zu schmachten; |
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Sei stolz und vornehm, halte dich allein, |
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Und sei gewiß, du wirst dann stärker sein |
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Und deine Feinde werden stumm dich achten!“ |
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Im Jubeljahr der großen Weltenwende |
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Soll Boulanger dir eine Ziffer sein? |
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Fahr’ mit dem Schwamme ungeduldig drein |
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Und mach’ der großen, hohlen Null ein Ende! |
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Im Jubeljahre des Bastillesturmes |
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Soll der Kosack an deiner Rechten stehn? |
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Laß einsam nur die Trikolore wehn |
80 |
Von allen Zinnen deines Eiffelthurmes! |
Details zum Gedicht „An la belle France.“
Rudolf Lavant
10
80
567
1893
Naturalismus,
Moderne
Gedicht-Analyse
Das vorgelegte Gedicht mit dem Titel „An 'la belle France'“ wurde von dem deutsch-österreichischen Autor Rudolf Lavant verfasst, der von 1844 bis 1915 lebte. Daher kann das Gedicht vermutlich der Epoche des Realismus oder Naturalismus zugeordnet werden.
Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht wie ein Brief oder eine Botschaft an Frankreich. Der Autor benutzt wiederholt direkte Sprache und spricht Frankreich direkt an, was darauf hindeutet, dass er ein starkes persönliches Interesse oder eine starke Emotion zu dem Thema hat.
Im Detail teilt Lavant verschiedene Kritikpunkte und Wünsche an das Land Frankreich mit. Er behauptet, dass Frankreich nicht genug über internationale Angelegenheiten weiß und dass das französische Volk nicht feindselig gegenüber anderen Ländern ist. Er geht davon aus, dass es viele ernsthafte Männer in Deutschland gibt, die Frankreich trotz seiner Fehler lieben und respektieren und dass sie sich wünschen, dass Frankreich bessere Entscheidungen trifft und seine einzigartige Stellung in der Welt respektiert. Der Dichter kritisiert außerdem den Zustand der französischen Politik und die Beziehungen Frankreichs zu anderen Ländern, insbesondere zu Russland.
Das Gedicht ist in Reimform geschrieben, wobei jede Strophe aus acht Versen besteht. Die Sprache des Gedichts ist direkt und eindringlich. Lavant verwendet bildhafte Metaphern, um seine Punkte zu untermauern, beispielsweise seine Verweise auf den Reiterstiefel und den Hanswurst, und den Kosack, um die Mängel der französischen Politik zu verdeutlichen.
Zusammengefasst handelt es sich bei Lavants Gedicht um eine eindringliche, emotionale und teils kritische Botschaft an Frankreich. Er drückt seine Sorgen und Befürchtungen aus und spricht sich für eine bessere Zukunft für Frankreich aus. Dabei nutzt er bildhafte und direkte Sprache, um sein Anliegen klar zum Ausdruck zu bringen und den Leser zum Nachdenken anzuregen.
Weitere Informationen
Rudolf Lavant ist der Autor des Gedichtes „An la belle France.“. 1844 wurde Lavant in Leipzig geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1893 entstanden. Der Erscheinungsort ist Stuttgart. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Naturalismus oder Moderne zuordnen. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das vorliegende Gedicht umfasst 567 Wörter. Es baut sich aus 10 Strophen auf und besteht aus 80 Versen. Rudolf Lavant ist auch der Autor für Gedichte wie „Bekenntnis“, „Das Jahr“ und „Das Jahr – ein Leben“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An la belle France.“ weitere 96 Gedichte vor.
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