Romanze zur Nacht von Georg Trakl
1 |
Einsamer unterm Sternenzelt |
2 |
Geht durch die stille Mitternacht. |
3 |
Der Knab aus Träumen wirr erwacht, |
4 |
Sein Antlitz grau im Mond verfällt. |
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Die Närrin weint mit offnem Haar |
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Am Fenster, das vergittert starrt. |
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Im Teich vorbei auf süßer Fahrt |
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Ziehn Liebende sehr wunderbar. |
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Der Mörder lächelt bleich im Wein, |
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Die Kranken Todesgrausen packt. |
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Die Nonne betet wund und nackt |
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Vor des Heilands Kreuzespein. |
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Die Mutter leis’ im Schlafe singt. |
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Sehr friedlich schaut zur Nacht das Kind |
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Mit Augen, die ganz wahrhaft sind. |
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Im Hurenhaus Gelächter klingt. |
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Beim Talglicht drunt’ im Kellerloch |
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Der Tote malt mit weißer Hand |
19 |
Ein grinsend Schweigen an die Wand. |
20 |
Der Schläfer flüstert immer noch. |
Details zum Gedicht „Romanze zur Nacht“
Georg Trakl
5
20
106
1913
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Romanze zur Nacht“ stammt von dem österreichischen Lyriker Georg Trakl, der im 19. Jahrhundert, genauer gesagt von 1887 bis 1914, lebte. Trakl gehört zur Epoche des Expressionismus, was in seiner poetischen Bildsprache und seinem Hang zum Morbiden und Melancholischen deutlich wird.
Beim ersten Lesen des Gedichts fällt besonders die düstere, geradezu unheimliche Atmosphäre auf, die durch die nächtliche Szenerie und die ungewöhnlichen Figuren erzeugt wird: einsame Wanderer, nächtliche Traumwandler, weinende Närrinnen, verliebte Paare, Mörder, Nonnen, Mütter und Kinder, Huren, Tote und Schläfer.
All diese Figuren bewegen sich durch die stille Mitternacht und sind doch auf seltsame Weise miteinander verbunden. Es scheint, als ob das lyrische Ich die Dunkelheit und Stille der Nacht nutzt, um eine Reihe von Momentaufnahmen oder stillen Szenen zu zeigen, die das Leben in all seinen Facetten - von der Liebe über die Geburt bis hin zum Tod - darstellen.
Inhaltlich geht es in dem Gedicht um die diversen Aspekte des Menschseins, vor allem jedoch um das Sterben und den Tod. Dies wird beispielsweise in den Versen „Sein Antlitz grau im Mond verfällt“ oder „Der Tote malt mit weißer Hand / Ein grinsend Schweigen an die Wand“ deutlich. Die Personifikationen und das anthropomorphe Bild des Todes weisen auf die expressionistische Stilrichtung des Gedichts hin.
Formal besteht das Gedicht aus fünf Strophen zu je vier Versen, was eine klassische Form ist. Unklar bleibt jedoch, ob es sich um Reimverse handelt, da kein Reimschema erkennbar ist. Vielmehr scheint Trakl durch die Wiederholung von bestimmten Bildern und Begriffen für Zusammenhalt zu sorgen. Auffallend ist auch die sprachliche Dichte des Gedichts, die durch den Einsatz von starken, zum Teil ungewöhnlichen Metaphern und Vergleichen erreicht wird („Einsamer unterm Sternenzelt“, „Der Knab aus Träumen wirr erwacht“, „Die Nonne betet wund und nackt“).
Insgesamt ist das Gedicht „Romanze zur Nacht“ von Georg Trakl ein atmosphärisch dichtes Werk, das durch seine unheimliche Nachtstimmung und seinen Blick auf die dunklen Seiten des Menschseins fasziniert.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Romanze zur Nacht“ ist Georg Trakl. Im Jahr 1887 wurde Trakl in Salzburg geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1913. In Leipzig ist der Text erschienen. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Trakl ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 106 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Georg Trakl sind „Der Spaziergang“, „Die Bauern“ und „Die Raben“. Zum Autor des Gedichtes „Romanze zur Nacht“ haben wir auf abi-pur.de weitere 60 Gedichte veröffentlicht.
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