Die schöne Stadt von Georg Trakl

Alte Plätze sonnig schweigen.
Tief in Blau und Gold versponnen
Traumhaft hasten sanfte Nonnen
Unter schwüler Buchen Schweigen.
 
Aus den braun erhellten Kirchen
Schaun des Todes reine Bilder,
Großer Fürsten schöne Schilder.
Kronen schimmern in den Kirchen.
 
Rösser tauchen aus dem Brunnen.
10 
Blütenkrallen drohn aus Bäumen.
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Knaben spielen wirr von Träumen
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Abends leise dort am Brunnen.
 
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Mädchen stehen an den Toren,
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Schauen scheu ins farbige Leben.
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Ihre feuchten Lippen beben
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Und sie warten an den Toren.
 
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Zitternd flattern Glockenklänge,
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Marschtakt hallt und Wacherufen.
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Fremde lauschen auf den Stufen.
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Hoch im Blau sind Orgelklänge.
 
21 
Helle Instrumente singen.
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Durch der Gärten Blätterrahmen
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Schwirrt das Lachen schöner Damen.
24 
Leise junge Mütter singen.
 
25 
Heimlich haucht an blumigen Fenstern
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Duft von Weihrauch, Teer und Flieder.
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Silbern flimmern müde Lider
28 
Durch die Blumen an den Fenstern.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.9 KB)

Details zum Gedicht „Die schöne Stadt“

Autor
Georg Trakl
Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
130
Entstehungsjahr
1913
Epoche
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die schöne Stadt“ wurde von Georg Trakl verfasst, einem deutlich vertreter der Moderne zu Beginn des 20. Jahrhunderts, der seine Werke in Symbolen und Metaphern darstellt. Geprägt durch persönliche Krisen und den Weltkrieg, zeichnet sich seine Dichtung durch schwermütige und oft düstere Bilder aus.

Auf den ersten Blick vermittelt das Gedicht eine Atmosphäre der Ruhe und Beschaulichkeit. Der Titel suggeriert eine harmonische, ästhetisch ansprechende Stadt und das lyrische Ich unternimmt, betrachtet genauer, einen ausgedehnten Spaziergang durch diese Stadt.

Der Inhalt des Gedichts besteht im Wesentlichen aus einer Reihe malerischer Bilder des städtischen Lebens: sonnige Plätze, Nonnen, die durch schweigende Wälder eilen, Kirchen, in denen Bilder des Todes und Fürstenschilder zu sehen sind, Jungen, die am Brunnen spielen, Mädchen, die auf etwas warten, und verschiedene Geräusche und Gerüche, die das Leben in der Stadt prägen.

Die gezeichnete Stimmung ist einerseits idyllisch und friedvoll, auf der anderen Seite schwingt eine gewisse Melancholie mit, die sich in Bildern von Tod, Ruhe und Warten ausdrückt. Könnte es sein, dass das lyrische Ich durch die Idylle hindurch eine darunterliegende Schwere und Vergänglichkeit sieht? Dies deutet darauf hin, dass Trakl die „schöne Stadt“ vielleicht als Metapher für den Zustand der menschlichen Existenz betrachtet, die trotz ihrer äußeren Schönheit und Ruhe immer von Vergänglichkeit und Tod geprägt ist.

Das Gedicht ist in vier-Versen-Strophen aufgebaut, wobei jede Strophe ein unterschiedliches Motiv oder Element des Stadtgeschehens einfängt. Der Versbau ist stabil und regelmäßig, was die idyllische und gleichzeitig melancholische Stimmung des Gedichts unterstreicht.

Die Sprache ist bildreich und suggestiv. Trakl benutzt eingängige Metaphern, um die verschiedenen Aspekte des städtischen Lebens zu illustrieren und ihre symbolischen Bedeutungen zu enthüllen.

Die vielfältige Wiederholung und Variation von Schlüsselwörtern und Motiven in den einzelnen Strophen erzeugt ein Gefühl der Kontinuität und Bindung. Gleichzeitig erzeugen die gelegentlich unerwarteten Abweichungen und Überraschungen in den Beschreibungen und Schilderungen eine Spannung und Dynamik, die den Leser zum Nachdenken und zur tieferen Betrachtung anregt. Dabei verleiht der Einsatz von Klang- und Farbsymbolik dem Gedicht eine besondere musikalische und malerische Qualität.

Weitere Informationen

Georg Trakl ist der Autor des Gedichtes „Die schöne Stadt“. Im Jahr 1887 wurde Trakl in Salzburg geboren. 1913 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Expressionismus zuordnen. Bei Trakl handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 130 Worte. Georg Trakl ist auch der Autor für Gedichte wie „Die Bauern“, „Die Raben“ und „Die Ratten“. Zum Autor des Gedichtes „Die schöne Stadt“ haben wir auf abi-pur.de weitere 60 Gedichte veröffentlicht.

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