Auf einem Kirchhof in der Fremde von Franz von Dingelstedt

Über fremde Gräber und Leichensteine
Schreit' ich allein im Abendscheine.
Hab' ich die Schläfer frunten gestört?
Haben sie mein fragend Wort gehört?
 
Mir ist, als könnt' ich in süßem Grauen
Durch Schollen und Särge hinunterschauen
Mitten hinein in die stille Stadt,
Wo alles Reisen ein Ende hat.
 
Wie vieles Leid, wie viele Trauer
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Innerhalb jener engen Mauer!
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Hinter der eisernen Gittertür'
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Wie manche Gebete, Gelübd' und Schwür'!
 
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Ach! der menschlichen Liebe ist nirgends so viele
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Als hier am letzten Wanderziele;
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Ihre Rosen und Dornen freuet sie mild
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Über das tränenreiche Gefild.
 
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Nur nicht ohne Liebe allein verderben,
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Nur nicht in der Fremde siechen und sterben,
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Von Mietlingshand gehegt und gepflegt!
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Mit offenem Aug' in den Sarg gelegt!
 
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Und sollt' ich sie lebend nicht wiedersehen,
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Die Heimat, so möcht' ich drin sterben gehen
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Und ruhen bei meinem Mütterlein
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Nur nicht in der Fremde, nur nicht allein!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25 KB)

Details zum Gedicht „Auf einem Kirchhof in der Fremde“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
145
Entstehungsjahr
1814 - 1881
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Auf einem Kirchhof in der Fremde“ wurde vom deutschen Dichter Franz von Dingelstedt verfasst, der von 1814 bis 1881 gelebt hat und sich der Epoche des Biedermeier und des Realismus zuordnen lässt.

Auf den ersten Eindruck handelt es sich um ein melancholisches Gedicht, das sich mit Themen wie Sterben, Tod und Einsamkeit beschäftigt, aber auch Aspekte des Heimatverlusts aufgreift.

Im Gedicht befindet sich das lyrische Ich auf einem Friedhof in der Fremde und fühlt sich von der Stimmung des Ortes stark berührt. Es stellt Fragen an die Toten, reflektiert über die Endgültigkeit des Todes und dessen Einsamkeit. Es spricht schließlich darüber, dass es lieber in der Heimat sterben möchte, umgeben von Menschen, die es kennt und liebt, und nicht in der Fremde, einsam und allein gelassen.

Das gesamte Gedicht spiegelt den Schmerz und die Sehnsucht des lyrischen Ichs wider, das sich offenbar weit weg von zu Hause befindet. Dabei scheint das lyrische Ich zwischen zwei Welten hin- und hergerissen: der fremden Welt, in der es sich jetzt befindet, und der vertrauten Heimat, nach der es sich sehnt.

Formal besteht das Gedicht aus sechs Strophen mit je vier Versen, die jeweils in Kreuzreimen angeordnet sind. Die Sprache ist einfühlsam und bildhaft, mit vielen Metaphern und Verweisen auf den Tod und das Sterben. Besonderen Ausdruck erhalten die Sehnsucht und die Ängste des lyrischen Ichs durch die Verwendung von rhetorischen Fragen, die die Selbstgespräche und Reflexionen verdeutlichen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gedicht „Auf einem Kirchhof in der Fremde“ ein tiefgründiges Werk ist, das sich intensiv mit Themen wie Tod, Heimweh und Einsamkeit auseinandersetzt. Es bietet einen Einblick in die emotionalen Konflikte und inneren Kämpfe des lyrischen Ichs und ist ein beeindruckendes Zeugnis der Sehnsucht nach Heimat und Zugehörigkeit.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Auf einem Kirchhof in der Fremde“ ist Franz von Dingelstedt. Der Autor Franz von Dingelstedt wurde 1814 in Halsdorf (Hessen) geboren. In der Zeit von 1830 bis 1881 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus oder Naturalismus zuordnen. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das 145 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Weitere Werke des Dichters Franz von Dingelstedt sind „Herbstlied“, „Unter Platens Büste“ und „Neues Leben“. Zum Autor des Gedichtes „Auf einem Kirchhof in der Fremde“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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